Kalt wie ein Brilliant
von mir
scheiden lassen. Und denken Sie, die verdammte Stadt ist mir dankbar für meine
Mühe? Ich gehe jetzt nach Hause und leg’ mich drei Tage ins Bett.«
»Das ist eine vorzügliche Idee!
Darf ich mitkommen?«
»In mein Haus? Nur über meine
Leiche!«
»So habe ich es ja nicht gemeint«,
beruhigte ich ihn hastig. »Ich wollte nur wissen, ob ich auch gehen kann, wenn
Sie hier Schluß machen.«
»Meinetwegen«, räumte er
ungnädig ein. »Fahren Sie übrigens noch den Schlitten, den Sie sich hier
gemietet haben?«
»Natürlich!«
»Dann kann man ja immerhin
hoffen, daß Sie gegen einen Baum prallen und sich den Schädel einrennen.« Diese
Aussicht schien ihn zu trösten. »Sie möchten wohl nicht ein unterschriebenes
Geständnis bei mir hinterlassen für den Fall, daß Ihnen etwas passiert?«
erkundigte er sich angelegentlich.
»Nein, das möchte ich nicht«,
versicherte ich mit Nachdruck!
»Dann scheren Sie sich ’raus.
Mir kommt auch ohne Ihren Anblick der Kaffee hoch!«
»Sie sind ein lieber Mensch,
Leutnant«, sagte ich im Hinausgehen. »Wenn Sie sich vielleicht auf dem Heimweg
ein Bein brechen, rufen Sie mich bitte an. Ich möchte mal wieder von Herzen
lachen.«
Es war beinahe zwei Uhr
morgens, als ich zum Hotel zurückkam. Der Nachtportier stand, mühsam ein Gähnen
unterdrückend, auf, um mir meinen Schlüssel herauszusuchen. Ich warf inzwischen
einen Blick in sein Gästebuch. Ja, eine Miss Patty Lamont war dort eingetragen. Sie hatte Zimmer Nr. 704. Als der schläfrige Portier mir
den Schlüssel übergeben hatte, ging ich sofort zu ihr hinauf und klopfte leise.
»Wer ist da?« fragte sie
ängstlich.
»Ich bin’s — Danny Boyd!« Sie
öffnete die Tür weit und zog mich beinahe mit Gewalt über die Schwelle.
»Danny!« Sie sah mich mit feuchten Augen an. »Ich bin beinahe wahnsinnig
geworden vor Angst. Was ist denn nur geschehen?«
Sie trug einen Baby-Doll-Pyjama
aus weißer, mit dunkelroten Rosen bedruckter Nylonspitze, der knapp bis über
ihre glatten runden Hüften reichte. Das dunkle Haar fiel ihr in weichen Wellen
bis auf die Schultern. Ein zartes, süßes Parfüm wehte um sie, das ihren schlanken,
unter den weißen Spitzen sichtbaren Körper noch aufregender wirken ließ. Ich
erinnerte mich, daß ich vor langer, langer Zeit — noch gestern
abend ! — gedacht hatte, daß Patty gegen ihre Schwester wie ein
Aschenputtel wirkte. Wo hatte ich nur meine Augen gehabt!
Ihre Finger krampften sich um
meine Schulter. »Ich habe schon gedacht, daß irgend etwas Schreckliches
passiert ist. Wie gut, daß du da bist, Danny! Wo hast du so lange gesteckt? Du
bist doch schon vor Stunden aus meiner Wohnung weggegangen!«
»Setz dich, Baby! Das ist eine
lange Geschichte!« Behutsam löste ich ihre Hände von meinen Schultern.
Sie setzte sich auf die
Bettkante, stützte die Ellbogen auf die Knie und das Kinn in die Hände und
hörte aufmerksam zu. Ich erzählte ihr alles, was sich in Willie Byers’ Wohnung
zugetragen hatte von dem Augenblick an, als Marty Estell mir die Tür öffnete, bis zu dem Moment, als Leutnant Schell und ich endlich
nach Hause gehen konnten.
Als ich geendet hatte, sah sie
mich mit erschrocken geweiteten Augen an. »Ich kann es noch gar nicht fassen«,
sagte sie langsam. »Byers tot... Und du mußtest diesen schrecklichen Pete
erschießen! Marty Estell ist also entwischt!«
»Ich war nicht gerade böse, daß
er nicht noch einmal aufgetaucht ist«, erklärte ich unumwunden.
»Glaubst du, daß er Byers
ermordet hat?« fragte sie nachdenklich. »Vielleicht war er so wütend, als er
das Diadem nicht bei ihm fand, daß er alle Vorsicht außer acht ließ?«
»Möglich. Aber ich kann mir
eigentlich nicht vorstellen, daß Marty Estell sich
die Mühe gemacht haben soll, einen Selbstmord vorzutäuschen.«
»Warum eigentlich nicht?«
fragte Patty ganz vernünftig.
»Tja, warum eigentlich nicht?«
wiederholte ich. »Ich bin so durcheinander, daß ich im Augenblick überhaupt
nicht mehr weiß, woran ich bin.«
»Hast du vorhin in meiner
Wohnung Estell die Wahrheit gesagt? Daß Louise und
Byers den Diebstahl zusammen ausgeheckt haben und er sie dann umbrachte, als er
erfuhr, daß Louise die Freundin von Marty war?«
»Ja. Ich war felsenfest von
dieser Theorie überzeugt, bis ich vor Willies Leiche stand.«
»Aber wer anders als Marty Estell hätte ihn umbringen können?« fragte sie beharrlich.
Ich zuckte entmutigt die
Achseln. »Ich passe. Das beste wird wohl sein, wenn ich mich
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