Kalt wie ein Brilliant
Aussichten, daß ich ihn von
meiner Ahnungslosigkeit, was den Schmuck betraf, überzeugen konnte, waren
gleich Null. Ich versuchte, Zeit zu gewinnen. »Was schaut für mich dabei
heraus, wenn ich euch verrate, wo das Ding steckt?« erkundigte ich mich.
Vielleicht ließ sich in seiner Sprache besser mit ihm reden.
»Du sparst dir eine Menge
Unannehmlichkeiten, Kumpel«, antwortete Marty. »Keine Sorge, du wirst schon
früh genug singen. Keiner hält Petes sachkundige Behandlung lange aus, ohne uns
zu sagen, was wir wissen wollen. Ob du allerdings dann deine Knochen noch
zusammenfindest, wenn du sie nicht numeriert hast,
kann ich nicht garantieren.«
»Das glaub’ ich gern. Und wie
hast du dir die Fortsetzung gedacht?«
»Ich hab’ dir noch einiges
heimzuzahlen, du Stümper«, zischte er. In seinem Gesicht arbeitete es. »Meine
Mieze hast du kaltgemacht, den Schmuck hast du mir geklaut... Du weißt genau,
wie hoch dein Schuldkonto schon ist. Ganz ungeschoren kann ich dich dafür nicht
wegkommen lassen. Wenn wir mit dir fertig sind, nehme ich das Schießeisen von
da drin«, er nickte zum Schlafzimmer hinüber, »wische die Fingerabdrücke ab,
stecke dir das Ding in die Hand, und wir verschwinden.«
»Und du denkst, das kaufen dir
die Polizisten ab?« höhnte ich. »Die werden sich dieselbe Frage stellen, die
dir zu schaffen macht, Marty: Wo steckt der echte Schmuck?«
»Ob die Polente das kauft oder
nicht, ist mir ziemlich egal«, gab er ausdruckslos zurück. »Aber ich glaube,
den feinen Herren wird nichts anderes übrigbleiben. Ich wette, du hast mit der
gleichen Kanone auch Louise umgelegt. Die Geschosse lassen sich leicht
vergleichen. Und das Diadem hast du vielleicht irgendwo ins Meer geworfen. Wer
weiß...«
Meine Lage war taktisch nicht
günstig. Marty stand dicht vor mir und hielt den Revolver auf meine Brust
gerichtet. Pete stand nur etwa zwei Meter entfernt seitlich neben mir.
»Okay«, sagte ich mit gemachter
Nervosität, »du hast gewonnen, Marty. Wenn ich jetzt auspacke, kann ich mir
aber wohl wenigstens eine Zigarette anzünden?«
»Meinetwegen. Aber keine
Mätzchen, Kumpel!« Zum erstenmal hob sich seine Stimme etwas.
»Ich werde mich hüten«,
versicherte ich nachdrücklich. Vorsichtig schob ich meine rechte Hand in die
Jackentasche.
»Halt!« brüllte Pete.
»Vielleicht hat er ein Schießeisen, Boß!«
»Wenn Dummheit weh täte,
müßtest du immerzu schreien vor Schmerz!« knurrte Marty. »Was war das erste,
was du getan hast, als dieser Schnüffler in der Wohnung von der Heulboje Patty
aufkreuzte?«
»Ich hab’ ihm ein Ding
verpaßt!« erklärte Pete selbstzufrieden.
»Weiß ich! Und dann?«
»Dann hab’ ich ihn natürlich
gefilzt!« erklärte Pete gekränkt. »Er hätte ja ein Schießeisen — ach so! Jetzt
kapiere ich!«
Ich legte liebevoll meine Hand
um den Griff der .38er. »Hast du dir das tolle Bild von Louise hinter dir schon
mal genauer angesehen, Marty?« fragte ich.
»Für Pinseleien ist mir meine
Zeit zu schade!«
»Hinter dem Bild ist ein
Wandsafe«, log ich. »Und darin steckt das Diadem!«
»Hier? In der Wohnung von
Byers?« Argwohn stand in seinen Augen, aber die Versuchung war unwiderstehlich.
»Sieh mal nach, Pete!«
Der Riese ging mit schweren
Schritten zu dem Bild hinüber, legte die massigen Hände unter den breiten
Goldrahmen und zog ihn nach vorn. Das Bild bewegte sich nur wenig. Er versuchte
es noch einmal. Dicke Adern erschienen auf seiner Stirn. Dann hörte man ein
Knirschen, Putz fiel herab, als die großen, in die Wand eingelassenen Haken
sich lockerten. Plötzlich stürzte das schwere Gemälde mit ohrenbetäubendem
Gepolter zu Boden. Überrascht wandte Marty den Kopf.
»Der Kerl lügt ja!« Pete
starrte auf die glatte Wand, die hinter dem Bild zum Vorschein kam. Er wandte
sich eine Sekunde zu früh wieder nach mir um und bemerkte, wie ich den Revolver
zog. »Aufpassen!« brüllte er warnend.
Marty Estell sprang mit affenartiger Geschwindigkeit zur Seite. Die beiden Kugeln, die ihm
von mir zugedacht waren, bohrten sich in die Wand. Große Putzbrocken lösten
sich. Dann hatte ich keine Zeit mehr, mich um Marty zu kümmern. Denn Pete
rollte erbarmungslos heran wie ein Tank, der sich durch kein Hindernis
aufhalten läßt. Seine mörderischen breiten Finger waren ausgestreckt. Ich wußte
genau: Wenn diese Pranken mich einmal gepackt hatten, würden sie erst wieder
von mir ablassen, wenn auch der letzte Funken Leben in mir erloschen war.
Pete war bis auf
Weitere Kostenlose Bücher