Kalt wie ein Brilliant
zur
Schönheitskönigin krönen würde. Sie hat, seit sie unsere Firma verließ, nicht
einen Tag gearbeitet. Merkwürdigerweise war sie nie knapp bei Kasse. Können Sie
sich das erklären, Mr. Boyd?«
Das konnte ich allerdings,
hütete mich aber, Patty über meine Vermutungen aufzuklären. »Vielleicht hat sie
sich was gespart«, meinte ich ziemlich unbestimmt.
»Louise? Da kennen Sie meine
Schwester aber schlecht«, fuhr sie mir über den Mund. »Louise hatte kein Talent
zum Sparen. Übrigens ist da noch etwas.« Ihre Augen funkelten. Ich war auf das
Schlimmste gefaßt. Vielleicht gab es in dieser seltsamen Familie noch eine
dritte Schwester, ein Mädchen mit drei Köpfen? Möglich war alles!
»An jenem Tag, als sie die
Firma verließ, hatte Louise einen schrecklichen Krach mit Mr. Rutter«,
vertraute sie mir im Flüsterton an. »Ich weiß nicht, worum es ging, aber ich
habe gehört, wie sie einander anschrien, und mein Büro ist drei Zimmer von Mr.
Rutters Räumen entfernt. Danach ist sie Knall und Fall entlassen worden, und er
hat ihr Hausverbot erteilt. Zwei Monate später aber hat er sich dann damit
einverstanden erklärt, daß sie an dem Schönheitswettbewerb teilnimmt. Da stimmt
doch etwas nicht.«
»Unser Herr Direktor ist
vielleicht ein Menschenfreund«, sagte ich mit einem mißlungenen Versuch, zu scherzen.
Sie fuhr unbeirrt fort.
»Außerdem gefallen mir die Männer nicht, mit denen sich Louise in letzter Zeit
abgegeben hat. Dieser schreckliche Marty Estell zum
Beispiel, Mr. Boyd. Sicher hat er einen dunklen Punkt in seiner Vergangenheit.«
»Ich kenne den Herrn noch
nicht, nur seinen Busenfreund Pete«, erklärte ich.
Sie hörte gar nicht hin. »Dann
ist da dieser Willie Byers. Ich weiß nicht, was ich von dem Mann halten soll,
Mr. Boyd. Manchmal habe ich das Gefühl, er ist nicht ganz normal. Jedenfalls
hat er etwas zu verbergen.« Ich leerte mein Martini-Glas in einem Zug und sah
mich hilfesuchend nach einem Kellner um. Wie konnte ich nur von dieser
verklemmten, von Geburt an scheinbar zur alten Jungfer bestimmten Sekretärin
loskommen, die jeden Mann, der ihre Schwestermehr als einmal ansah, für einen
halben Verbrecher hielt? Endlich war es mir gelungen, einem der Kellner ein Notsignal
zuzufunken. Erst als ich mich dieser schweren Aufgabe entledigt hatte, wurde
mir die Bedeutung ihrer letzten Worte bewußt.
»Byers?« Ich schrie es fast.
»Der Mann, der in Elmos Juweliergeschäft arbeitet?«
Patty zuckte verächtlich die
Achseln. »Wo er arbeitet, weiß ich nicht — wenn er überhaupt arbeitet. Ich habe
ihn nur einmal gesehen, Mr. Boyd, und zwar in Louises Wohnung. Erstens ist er
viel zu alt für sie, und zweitens...«
»Ich will Ihnen etwas sagen,
Miss Lamont«, unterbrach ich sie hastig. »Sie haben mich davon überzeugt, daß
Ihre Schwester sich in Gefahr befindet.«
»Wirklich?« Ihre Augen wurden
ganz rund vor Begeisterung.
Ich schluckte mühsam. »Ganz
bestimmt! Sie haben recht: die Männer, mit denen sie sich abgibt, scheinen
wirklich recht verdächtige Typen zu sein. Ich werde sie mir gleich einmal näher
ansehen.«
»Vielen, vielen Dank«,
flüsterte sie atemlos. In ihren Augen glänzte es feucht. »Sie wissen ja gar
nicht, was für eine Erleichterung das für mich ist, Mr. Boyd. Ich werde Ihnen
ewig dankbar sein.«
»Keine Ursache, Schatz«, sagte
ich schnell. »Gehen Sie jetzt, und ich werde mit meinen Ermittlungen beginnen.
Sobald ich unseren Verdacht bestätigt finde, sage ich Ihnen Bescheid.«
»Herzlichen Dank!« Sie
umklammerte meine Hand und schüttelte sie viele Male. »Das werde ich Ihnen nie
vergessen, Mr. Boyd.« Sie kramte in ihrer Handtasche und schob mir einen
Notizzettel zu. »Ich habe Ihnen meine Adresse und meine Telefonnummer
aufgeschrieben.«
»Danke schön«, sagte ich, schon
nicht mehr ganz bei der Sache. An Patty Lamont hatte
ich jedes Interesse verloren. Ich wartete ungeduldig darauf, daß sie endlich
den Rückzug antrat, so daß ich schnell einen Happen essen und dann dem
Diamanten-Experten Willie Byers, der zufällig auch einer von Louises Verehrern
war, einen Besuch abstatten konnte. Seine Adresse würde ich wohl auf der Liste
der schönen Tamara O’Keefe finden, fiel mir ein.
Patty aber rührte sich nicht
vom Fleck. Sie hatte also noch etwas auf dem Herzen. »Ist es nicht seltsam, Mr.
Boyd: Ich habe gleich gewußt, daß Sie mir helfen würden«, sagte sie sanft. Ihre
Augen schimmerten feucht wie schwarze Oliven. Sie lächelte mich an, und
Weitere Kostenlose Bücher