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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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quälte ein schlechtes Gewissen, weil er Hagen noch immer nicht angerufen hatte.
    Robert steckte den Anhänger zurück in die Hosentasche und ging zum Telefon in der Praxis. Nachdem er Hagens Nummer gewählt hatte, wartete er auf das Freizeichen, aber der Anrufbeantworter sprang sofort an.
    »Ich bin es, Robert«, sagte er. »Ich wollte mich schon gestern bei dir melden, bin aber nicht dazu gekommen. Hatte viel zu tun, du weißt schon, mein Job. Aber vielleicht finden wir ja bald etwas Zeit, um zu reden? Heute Abend? Wie wäre es? Melde dich einfach!«
    Dann eilte er zum Kiosk um die Ecke und kaufte abgepackten Käse, Konfitüre und ein Glas Honig. Wieder daheim setzte er Kaffee auf. Das Gurgeln der Maschine übertönte das Fernsehplärren aus der Nachbarwohnung. Die Flippers sangen vergnügt von der Sonne auf Barbados.
    Robert fühlte sich zwar nicht ausgeruht, auch in der vergangenen Nacht war sein Schlaf unruhig gewesen, aber als um zehn die Klingel ging, hob sich seine Laune. Selbst in weiter Jogginghose, einem Boxershirt und Flip-Flops sah Nadine großartig aus. Mit strahlendem Lächeln schwenkte sie eine Tüte frischer Brötchen in der Hand.
    »Man riecht den Wasserschaden kaum noch.«
    »Stimmt«, stellte er fest. Das war ihm gestern Abend nach seiner Heimkehr gar nicht aufgefallen. Da hattest du auch andere Sorgen.
    »Hat sich der Gutachter meiner Versicherung noch nicht gemeldet?«
    »Heute ist Sonntag!«
    »Und gestern?«
    »Gestern war Samstag.« Der gedeckte Küchentisch leuchtete einladend im Licht der Sonnenstrahlen, die durchs Fenster fielen. »Ich weiß nicht. Ich war gestern den ganzen Tag unterwegs.«
    »Nicht dass du mich falsch verstehst. Ich möchte nicht drängeln, aber Kornfeld stand gestern Abend noch einmal bei mir auf der Matte.«
    »Gestern Abend?«
    »Ja, als ich von unserem Essen heimkam. Er will den Schaden so schnell wie möglich behoben haben. Bevor die Substanz des Hauses angegriffen wird, sagt er.«
    »Hast du deshalb gestern Abend bei mir geklopft?«
    »Nein, deswegen nicht.« Sie ließ sich auf einem der Küchenstühle nieder. Dabei fielen ihr einige Haarsträhnen ins Gesicht. Sie trug das Haar erneut offen, was ihr, wie Robert fand, eindeutig besser stand als zu einem Zopf gebunden.
    »Vielleicht meldet sich der Gutachter morgen.«
    »Ja, hoffentlich.« Sie legte die Tüte mit den Schrippen auf den Tisch. »Frühstücken wir? Ich habe einen Bärenhunger.«
    »Geht mir nicht anders.« Nadines Anwesenheit wirkte belebend auf ihn.
    »Fein!« Sie riss die Tüte entzwei, und ein Berg Brötchen quoll auf den Tisch. »Ich habe Schrippen für ein ganzes Bärenrudel gekauft.«
    Robert nahm die Kaffeekanne aus der Maschine. »Mit Milch und Zucker?«
    »Danke, ich bin keine Kaffeetrinkerin.« Nadine schirmte ihre Tasse mit der Hand ab.
    »Etwas anderes?«
    »Wenn du hast.«
    »Orangensaft.« Er entnahm dem Kühlschrank den Tetrapak, in dem aber nur noch ein kleiner Rest schwappte. »Oh, tut mir leid.«
    »Dann eben etwas Wasser.«
    Er blickte noch einmal in den Kühlschrank. »Oder Sekt?«
    »Klar, warum nicht.« Sie lächelte.
    »Ich habe nur gescherzt«, sagte er.
    »Ich nicht.« Sie grinste frech. »Also, ein Sektfrühstück?«
    Robert wiegte die Flasche in der Hand. Den Tag mit Alkohol zu beginnen, war bestimmt nicht das, was sich für einen Psychologen geziemte, nicht nach dem gestrigen Abend. Siehst du! Das meine ich! Andererseits: Es war ja nur ein Schluck.
    Er klaubte zwei saubere Gläser aus dem Schrank und schenkte ein, danach stießen sie miteinander an. Während sie die Brötchen belegten, sagte Nadine: »Also, das gestern Abend … Du hältst mich jetzt bestimmt für verrückt.«
    »Verrückt?«
    »Na ja, oder schüchtern.«
    Das mit Sicherheit nicht. »Warum?«
    »Es geht um deinen Bruder.«
    Jetzt hob er doch überrascht die Augenbrauen.
    »Ich hatte dir doch gestern Abend von der Situation für Künstler, Maler, Musiker in Berlin erzählt. Und, na ja, eine Freundin von mir spielt Cello. Sie hatte bereits einige Engagements, aber seit einem Jahr läuft es nicht mehr so gut. Und da dachte ich, vielleicht könntest du deinen Bruder mal fragen, ob …« Sie verstummte, weil das Telefon in der Praxis klingelte.
    Robert beachtete das Läuten nicht. »Warum hast du ihn gestern nicht selbst gefragt? Er war doch da!«
    Sie knabberte an ihrem Brötchen. »Ich weiß nicht. Es war mir unangenehm, peinlich. Wir kennen uns noch nicht so lange und …«
    Der Anrufbeantworter war

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