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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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endlich mal einen gescheiten Termin zu bekommen, ein Aufmacherfoto, was für die Titelseite oder so. Als Azubi darf ich sonst ja nur den allerletzten Müll fotografieren.«
    »So, wie’s ausschaut, wird’s heute auch nicht besser.« Tania passierte ein aufgeschlitztes Sofa, aus dem die Federn herausgesprungen waren und das halb von Unkraut überwuchert wurde.
    Jens stolperte über eine ausrangierte Autobatterie. »Danke, darauf wäre ich allein nie gekommen.«
    Hinter einem mit dichten Sträuchern und Unkraut bewachsenen Zaun, wo der Bahndamm verlief, ratterte in dieser Sekunde eine überfüllte S-Bahn Richtung Ostbahnhof.
    »Ist aber noch nicht lange her, dass jemand hier war«, sagte Jens und deutete auf die frischen Reifenspuren im Schlamm.
    Tania trat auf das windschiefe Tor zu, das in das Gebäude führte.
    »Hallo?«, rief sie.
    Ihre Stimme hallte von den hohen Wänden wider. Ansonsten war nichts zu hören.
    »Ist da jemand?«
    Stille im Innern.
    Auf dem Fußboden bemerkte Tania Schuhabdrücke, die in das Gebäude führten. Sie gab sich einen Ruck. »Gehen wir rein.«

33
    Kalkbrenners Lächeln erlosch. Als er zu dem Hocker ging, der gegenüber von Seras Schreibtisch stand, fiel ihr auf, dass er humpelte.
    Vor anderthalb Jahren waren in fast regelmäßigen Abständen tote Prostituierte in Mitte gefunden worden. Bis auf die Tatsache, dass sie Huren waren, hatte es keinerlei Verbindung zwischen den Opfern gegeben. Eines Abends hatten Sera und Kalkbrenner noch einen Zeugen befragen wollen. Dummerweise war bei diesem ausgerechnet zu jener Zeit ein Drogendealer zu Besuch gewesen, mit dem er sich zuvor Unmengen Koks und Speed in den Schädel gepfiffen hatte. Die beiden Typen waren derart im Vollrausch gewesen, dass sie durchdrehten, als die Polizei an ihrer Tür klingelte.
    Sera hatte es rechtzeitig hinter einen Verschlag geschafft, doch Kalkbrenner war zu langsam gewesen. Drei Kugeln hatten ihn niedergestreckt – zwei trafen ihn in den Arm, eine ins Bein. Letztere hatte nur knapp die Hauptarterie verfehlt. Zwei oder drei Millimeter weiter rechts, und jede Hilfe wäre zu spät gekommen.
    Kalkbrenner sank auf den Hocker und streckte sein lädiertes Bein. »Es geht mir besser.«
    »Das war nicht meine Frage.«
    »Aber meine Antwort.«
    Sera wollte ihren Kollegen nicht bedrängen. Weil ihr nichts weiter einfiel, nahm sie ihr Mobiltelefon zur Hand. Gerrys SMS wartete noch darauf, beantwortet zu werden. Ihr Blick fiel auf den Teller. Jetzt ist sogar Ritas Kuchen die angenehmere Alternative. Sie legte das Handy beiseite und probierte ein Stück.
    Kalkbrenner lächelte. »Und? Schmeckt’s?«
    »Schmeckt gewöhnungsbedürftig. Wenn auch nicht gerade nach Schuheinlage.«
    »Was schmeckt nicht nach Schuheinlage?« Rita stand plötzlich im Raum.
    Kalkbrenner unterdrückte ein Kichern. Sera errötete. Wortlos ließ die Sekretärin einen Stapel Ausdrucke auf ihren Schreibtisch fallen.
    »Was ist das?«
    »Die Passagierlisten der Flughäfen Tegel und Schönefeld von gestern«, klärte Rita auf. »Ich habe mir heute Morgen gedacht, dass es nicht schaden könnte, sie anzufordern. Vor einer halben Stunde sind die Daten eingetroffen. Ach so, und ganz unten findest du außerdem sämtliche Buchungen, die gestern bei der Deutschen Bahn an den Berliner Bahnhöfen getätigt wurden.«
    Bei allem zweifelhaften Enthusiasmus für Kuchen, den sie ihren Kollegen aufdrängte, wurde oft vergessen, dass die Sekretärin auch eine vortreffliche Mitarbeiterin war.
    »Rita, hast du die Unterlagen überprüft?«
    »Habe ich Kuchen aus Schuheinlagen gebacken?«
    Kalkbrenner lachte.
    »Rita, bitte, das hast du falsch verstanden. Im Gegenteil: Mir schmeckt dein Kuchen.« Sera zwang sich zu einem weiteren Stück. »Siehst du?«
    »Und wem schmeckt er nicht?«
    »Allen schmeckt er, das hast du doch mit eigenen Ohren gehört. Sogar dem Chef.«
    Die Sekretärin zeigte sich besänftigt. Sie nahm den Papierberg wieder an sich. »Ja, ich habe die Daten durchgesehen. Tatsächlich hat Amiel Gökcan gestern Morgen gegen zehn Uhr einen Last-Minute-Flug in die Türkei gebucht.«
    »Das war kurz bevor er sich mit seinem Bruder gestritten hat. Und wann ging der Flug?«
    Rita blätterte zügig durch die Ausdrucke, bis sie eine markierte Stelle fand. »Um elf nach eins. Mit Ryanair . Ab Tegel. Allerdings hat er nicht eingecheckt. Er könnte also nach wie vor noch in Berlin untergetaucht sein.«
    »Oder er ist mit dem Auto aus der Stadt geflohen«, warf Kalkbrenner

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