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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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raffiniert vorgegangen sein«, vermutete Gesing.
    Der Psychologe schüttelte zweifelnd den Kopf. »Unwahrscheinlich. Die Art der Verletzungen deutet nicht auf Raffinesse hin.«
    Der Hubschrauber – helle Positionslichter am dunklen Himmel – donnerte über sie hinweg. Als das Rattern verklungen war, herrschte zwei oder drei Sekunden lang atemlose Stille. Als wäre die Zeit in diesem Augenblick stehen geblieben. Sera genoss den Moment.
    Dann hüstelte Dr. Wittpfuhl, und gleich darauf bretterte eine S-Bahn durch die Nacht. Pkws rauschten über die Stadtautobahn. Am Flughafen setzte in diesem Moment bestimmt ein Flieger zum Start an. Das Vibrieren war bis nach Moabit zu spüren. Oder war es nur Seras Magen, der rumorte?
    »Was sagt das Umfeld von Frank Lahnstein?« Sie wandte sich an Blundermann. »Ist jemandem in letzter Zeit etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
    »Die Vernehmungen seiner Freunde laufen zur Stunde noch. Aber nach derzeitigem Stand scheint niemand etwas bemerkt zu haben.« Blundermann schlug einen Notizblock auf und überflog die hingekritzelten Sätze. »Ansonsten bestätigen sie das, was die Freundin von Frank Lahnstein erzählt hat: Um sechs Uhr haben sie sich vor dem Ostkreuz verabschiedet. Frank ist noch einmal zum Lovelite gelaufen, um seinen Plattenkoffer zu holen. Ich habe vorhin zwei Beamte zur Befragung des Diskothekenbetreibers geschickt. Dieser hat bestätigt, dass Frank Lahnstein die Platten um etwa halb sieben morgens bei ihm in Empfang genommen hat. Die beiden stießen noch mit zwei Jägermeister an, anschließend verließ Frank den Club. Angeblich wollte er direkt nach Hause –knapp anderthalb Kilometer Fußweg.«
    »Gegenwärtig durchkämmt eine Einsatzhundertschaft der Bereitschaftspolizei die Straßen, die vom Lovelite zur Wohnung Frank Lahnsteins führen, nach Spuren«, sagte Gesing. »Sie befragen die Gäste der Bars und die Anwohner, aber bislang gibt es niemanden, der heute Morgen den jungen Lahnstein oder einen verdächtigen Vorfall gesehen hat.«
    »Wenn überhaupt, dann hat sich die Entführung vor acht Uhr vollzogen«, erklärte Dr. Wittpfuhl. »Der Todeszeitpunkt liegt zwischen neun und zehn.«
    »Und wieso acht Uhr?«, fragte Gesing.
    Der Psychologe unternahm einen zum Scheitern verurteilten Versuch, seine Hose zu glätten, dann lehnte er sich neben Sera an den Wagen. Er rieb sich die Schläfe und runzelte die Stirn, als fiele es ihm schwer, die Augen offen zu halten. »Weil das Ausmaß der Verstümmelungen mindestens eine Stunde Zeit erforderte«, antwortete er Gesing.
    »Also hat man Frank Lahnstein schon kurz nach der Entführung getötet?«, bemerkte Blundermann.
    »Ja, zu dieser Erkenntnis sind wir schon bei der Leichenschau gekommen.« Babicz gähnte.
    »Daraus ergibt sich eine neue Frage«, sagte Sera. »Warum schicken die Entführer um ein Uhr mittags noch ein Video an die Presse? Da war Frank Lahnstein doch schon fast vier Stunden tot. Was sollte dieses vermeintliche Lebenszeichen dann noch?«
    »Eine berechtigte Frage.« Der Psychologe nickte. »Bei klassischen Entführungen wollen die Täter ihren Forderungen mit einem solchen Lebenszeichen Nachdruck verleihen. Das gelingt ihnen am besten, wenn sie es über die Medien veröffentlichen. Das garantiert höchstmögliche Aufmerksamkeit.«
    »Es gibt da nur ein Problem«, unterbrach Sera. »Es handelt sich um keine Entführung im klassischen Sinne. Denn es gab überhaupt keine Forderung. Und schon eine Stunde nach dem Auftauchen des Videos, um kurz vor zwei Uhr nachmittags, wurde eine Journalistin des Berliner Kurier zu dem Lagerhaus in Friedrichshain gelockt, wo sie, wie von dem Mörder oder den Mördern beabsichtigt, die Leiche fand.«
    »Hm«, machte der Psychologe. Sonst sagte er nichts.
    Sera atmete durch. »Wenn ich also all das miteinander in Verbindung bringe: der frühe, gezielt herbeigeführte Tod des Opfers, das spektakuläre Video an den Kurier , das zügige Auffinden der Leiche, erneut durch die Presse«, schaudernd hielt sie kurz inne, »dann ging es wohl einzig darum sicherzustellen, dass das Sterben und der Tod des jungen Lahnstein größtmögliche Aufmerksamkeit erfahren.«
    »Und wozu?«, fragte Gesing.
    Sera hatte eine Ahnung, schwieg aber.
    Der Psychologe stieß sich von der Autokarosse ab. »Schauen Sie sich den Zustand des Toten genau an. Aus seinen Verstümmelungen spricht Wut. Bedenken Sie dann den naheliegenden Hintergrund seiner Entführung. Die Politik seines Vaters.« Babicz breitete

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