Kalte Schulter - heisse Kuesse
dass er ausnahmsweise einmal recht haben könnte, drehte sie sich um und schwamm auf den Ponton zu, der am nördlichen Ende der Bucht verankert war.
Gabe schwamm neben ihr her.
Chastity beschleunigte ihre Züge. Es stimmte, dass sie eine gute Schwimmerin war. Gut genug, um mit einem Schwimm-Stipendium an eine amerikanische Universität zu gelangen. Gut genug, um viele Männer hinter sich zu lassen.
Aber offensichtlich nicht gut genug, um Gabe abzuhängen.
Sie schwamm noch schneller, doch er hielt mit. Schließlich schlugen sie gleichzeitig mit der Hand am hölzernen Ponton an. Der einzige Trost war, dass Gabe genauso außer Atem war wie sie. Einige Sekunden später schwang er sich aus dem Wasser und setzte sich mit einer einzigen geschmeidigen Drehung auf den Ponton, sodass seine Füße im Wasser baumelten und seine Schultern in der Sonne glitzerten. In diesem Moment erkannte Chastity, welchen Fehler sie begangen hatte. Sie würde sich neben Gabe setzen müssen – mit bloßen Oberschenkeln. Sie konnte nur hoffen, dass Gabe es nicht bemerkte.
„Komm, ich helfe dir.“ Gabe streckte ihr die Hand hin, sodass ihr keine andere Wahl blieb, als sich hochziehen zu lassen. Ehe sie sich’s versah, saß sie neben ihm und berührte ihn fast. Hastig rückte sie ein Stück weg, fort von diesem muskulösen Körper, und legte möglichst unauffällig eine Hand auf ihren rechten Oberschenkel.
„Du hattest recht, als du dich als gute Schwimmerin bezeichnet hast“, gestand er ein.
„Ich weiß“, meinte sie, noch immer schwer atmend.
„Warst du Leistungssportlerin?“
„Ein paar Jahre lang, ja.“ Das Schwimmen hatte ihr den Weg geebnet und die Verwandlung möglich gemacht. Die Verwandlung in eine andere, bessere Chastity.
„Die meisten Frauen, die ich kenne, schwimmen höchstens im Pool, und selbst dann achten sie sehr darauf, sich auch ja nicht die Haare nass zu machen.“
Chastity lächelte. „Ich weiß nicht, ob man es wirklich als Schwimmen bezeichnen kann, wenn man sich von einem im Pool eingelassenen Sitz abstößt und auf die andere Seite driftet, um den nächsten Cocktail zu bestellen.“
„Du kennst Amber?“
Sie lachte über sein gespieltes Erstaunen.
Gabe legte sich auf den Rücken und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Ihr Blick glitt über seinen Bizeps, die helle, weiche Haut seines Innenarms, die Konturen der ausgeprägten Muskeln. Wieder verspürte sie diesen Drang, ihn zu berühren. Er trug keine Badehose, sondern Boxershorts. War er wirklich so besorgt gewesen, dass er sich seine Sachen ausgezogen hatte und ihr nachgeschwommen war? Sie blickte suchend zum Ufer und entdeckte den kleinen dunklen Haufen, zu dem seine Sachen aufgetürmt waren.
„Danke“, sagte sie leise, „für deine unnötige Sorge.“
Sie legte sich neben ihn und ließ sich von der Sonne wärmen, während sie sich daran erinnerte, mit wem sie hier war. Mit Toms Bruder. Dem Mann, der ihr nicht vertraute und ihr ihr eigenes Kind nicht anvertrauen wollte. Beschützend legte sie die Hände über ihren Bauch.
Sie drehte den Kopf, um Gabe anzuschauen. Auch er hatte sich zu ihr gewandt, und als sie jetzt in seine dunkelbraunen Augen schaute, war die Gefahr zu ertrinken viel größer als eben im Wasser. Trotzdem konnte sie den Blick nicht abwenden, sich dem Sog nicht entziehen.
Daran mussten die herrliche Umgebung, zu viel nackte Haut und die Schwangerschaftshormone schuld sein. Wieso sollte sie sich sonst danach sehnen, ihn zu berühren? Sie wollte mit den Fingerspitzen über sein Kinn, über sein Haar und seine Lippen streichen. Es war fast wie ein Zwang. Ihr Verstand versuchte, sich dagegen zu wehren, doch das Gefühl, das wie eine Welle durch ihren Körper strömte, war eindeutig Verlangen. Das sich, wie sie überrascht feststellte, auch in Gabes Miene spiegelte.
Wann und wie hatte das begonnen? Und was konnte sie tun, um diesen Gefühlen Einhalt zu gebieten?
Gabe brach den Bann, indem er sich aufsetzte. Als er dabei auf ihren Oberschenkel sah, kniff er erstaunt die Augen zusammen.
Chastity folgte seinem Blick und betrachtete die blasse, vernarbte Stelle an der Außenseite ihres Oberschenkels. Rasch kam sie ebenfalls hoch und legte die Hand auf die Narbe.
„War dafür die Versicherungssumme bestimmt?“
Als Toms Ehefrau hatte sie den medizinischen Versicherungsschutz der Firma genossen. Und sicher hatte Gabe den Antrag für die Operation zu Gesicht bekommen. „Jedenfalls nicht für eine Brustvergrößerung,
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