Kalte Schulter - heisse Kuesse
stieß Gabe die Tür auf. „Die Schlösser sind noch nicht angebracht, doch hier auf der Insel ist es sicher.“ Er sah sich im Zimmer um. „Wie gesagt, es ist noch nicht ganz fertig, aber zumindest gibt es ein Bett.“
Als sie an Gabe vorbei ins Haus ging, fiel ihr Blick auf seinen breiten Oberkörper und das schwarze Hemd, das sich darüber spannte. Gleichzeitig atmete sie den Duft seines Aftershaves ein, das schon während des Fluges ihre Sinne leicht benebelt hatte. Es ärgerte sie, dass sie sich so von ihm beeindrucken ließ.
Aber es war eine Tatsache, die sie nicht leugnen konnte.
Entschlossen verscheuchte sie den Gedanken und sah sich in dem lichtdurchfluteten Zimmer um. In einer Ecke stand ein Korbsessel, zusammen mit dem Bett und einer Kommode die einzige Möblierung. Die Wände und der Holzfußboden waren kahl.
„Es gefällt mir“, sagte sie. „Es ist beruhigend.“
„Meinst du spartanisch?“, hakte er amüsiert nach.
„Ich mag das. Wenn ich von zu viel Dingen umgeben bin, empfinde ich das als bedrückend.“
Er zögerte. „Ehrlich?“
Chastity ahnte, dass er an die Wohnung dachte, in der sie mit Tom gelebt hatte. Eine Wohnung, die voller Teppiche, Möbel und Kunstobjekte gewesen war. Eine Wohnung, die sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge verlassen hatte.
Gabe stellte den Koffer auf den Boden. „Dann lasse ich dich jetzt erst einmal auspacken.“
Aber er ging nicht. Chastity wartete darauf, dass er noch etwas sagte, überzeugt davon, dass er noch irgendetwas loswerden wollte – vermutlich eine Warnung oder eine Kritik. Aber er schwieg. Endlich, als ihre Nerven schon zum Zerreißen gespannt waren, klingelte sein Handy, und er drehte sich um und ging nach draußen, um den Anruf entgegenzunehmen. Seine tiefe Stimme wurde immer leiser, je weiter er sich entfernte.
Chastity rannte durch das Wasser, bis es so tief war, dass sie untertauchen konnte. Das Meer schloss sich über ihr, und sie genoss das Gefühl der Freiheit. Nachdem sie kurz nach Luft geschnappt hatte, tauchte sie noch einmal unter. Was hätte sie dafür gegeben, ein Delfin oder eine Meerjungfrau zu sein! Wenn sie im Meer schwamm, konnte sie zumindest für einen Augenblick ihre Sorgen vergessen.
Als sie das nächste Mal auftauchte, schwamm sie mit kräftigen Zügen weiter hinaus in die Bucht. Hundert Meter vom Ufer entfernt hielt sie an und betrachtete den Strand. Worauf hatte sie sich nur eingelassen? Das war die Frage, die sie unablässig beschäftigte. Eine Woche lang würde sie hier mit Gabe eingesperrt sein. Mit Gabe, der, nach dem heutigen Tag zu schließen, entspannt und charmant sein würde. Sieben Tage, an denen sie sehr auf der Hut sein musste. Es war eine Schnapsidee gewesen. Sie drehte sich auf den Rücken und ließ sich treiben.
Plötzlich tauchte ein dunkelhaariger Kopf neben ihr auf, und Chastity erschrak so sehr, dass sie unter Wasser ging. Als sie wieder auftauchte, um nach Luft zu schnappen, fuhr sie herum. „Mach das nicht noch einmal“, fuhr sie Gabe an und strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht.
„ Ich soll das nicht noch mal machen?“, erwiderte er wütend.
„Du hast mich erschreckt.“
„Und was hast du gemacht? Schwimmst hier allein raus und verschwindest dann für fünf Minuten unter Wasser!“ Er war ganz nah bei ihr. Viel zu nah.
„Es waren keine fünf Minuten. Und ich wusste nicht, dass mich jemand beobachtet.“
„Jemand muss dich ja beobachten. Man soll nicht allein schwimmen gehen. Das ist eine Grundregel, die du kennen solltest.“ Wassertropfen hingen an seinen dunklen Wimpern. Chastity warf einen verstohlenen Blick auf seine breiten Schultern, deren Muskeln sich bewegten, als er, genau wie sie, Wasser trat. Am liebsten hätte sie die Hand danach ausgestreckt, doch das war definitiv tabu.
„Es ist ein sicherer Strand, und außerdem bin ich eine gute Schwimmerin.“ Als sie versehentlich mit dem Fuß seine Wade berührte, zuckte sie zurück.
„Es ist egal, wie gut du schwimmen kannst. Du solltest nicht allein schwimmen gehen.“ Er kam wieder näher.
Jetzt war der richtige Zeitpunkt, um ihn in seine Schranken zu weisen. „Ich bin zwar mit dir auf die Insel gekommen, aber das gibt dir noch lange nicht das Recht, mir vorzuschreiben, was ich tun und lassen darf“, erklärte sie bestimmt.
Gabe funkelte sie wütend an. „Es geht hier nicht mehr nur um dich.“
Das Baby. Das war das Einzige, was ihn interessierte.
Weil sie es nicht über sich brachte zuzugeben,
Weitere Kostenlose Bücher