Kalte Schulter - heisse Kuesse
solltest du dich nicht immer mit so langweiligen Leuten umgeben.“ Er wusste, dass sie das als Beleidigung gemeint hatte, um sich von ihm zu distanzieren. Doch Gabe dachte an die endlosen Besprechungen mit den Architekten, Buchhaltern und Finanzplanern, die in letzter Zeit sein Leben bestimmten.
„Vielleicht hast du recht.“ Jetzt sah sie überrascht aus. Es wurde auch höchste Zeit.
„Hast du wirklich eine Freundin, die Juwelierin ist und so angefangen hat?“
„Ja. Ich bin nicht sicher, ob sie wirklich etwas für die königliche Familie entworfen hat, aber ich glaube, sie erwähnte mal so etwas.“
„Es ist gut für Sophie, wenn andere ihre Interessen erkennen und ihr Mut machen, statt nur darauf zu achten, wie sie aussieht.“
Das klang, als hätte sie ähnliche Erfahrungen gemacht. Gabe betrachtete sie neugierig, doch er wusste, dass sie nichts erzählen würde, wenn er nachbohrte.
Als sie aufsah, wirkte sie wieder vollkommen kühl und distanziert. Und sie war schön. Gern hätte Gabe diesen Ausdruck von Unnahbarkeit aus ihrem Gesicht vertrieben. Er wollte, dass sie ihn so herzlich anlächelte, wie sie Sophie angelächelt hatte. Genau genommen wollte er noch mehr. Viel mehr. Dieser unwillkommene Gedanke erschreckte ihn. Er ermahnte sich, dass es nicht das war, was er wollte. „Ich muss auch los.“ Er musste von hier verschwinden und seine Gedanken wieder in die richtige Richtung lenken. Vielleicht hatte sie sich Tom auf die gleiche Weise geangelt: indem sie ihn nämlich verhext und verwirrt hatte.
Chastity nickte zustimmend.
Zusammen gingen sie hinaus auf die Veranda. „Denk noch einmal über die Ferienanlage nach“, sagte er. Dabei bemühte er sich, nicht zu fordernd zu klingen. „Ich fahre morgen früh los, und wir würden eine Woche bleiben. Es wäre schön, wenn du mitkommen würdest. Auf jeden Fall wünsche ich dir noch einen schönen Geburtstag.“ Er nahm das kleine Päckchen, das er vorher auf den Gartentisch gelegt hatte, und reichte es ihr.
„Danke.“ Sie beäugte es misstrauisch. „Das wäre doch nicht nötig gewesen.“
Noch nie hatte er ein ehrlicheres Das wäre doch nicht nötig gewesen gehört. „Es ist nichts Besonderes.“ Plötzlich wollte er nicht dabei sein, wenn sie es öffnete. Er hatte zu lange überlegt, was er ihr schenken sollte. Statt diese Aufgabe – wie üblich – seiner Assistentin zu übertragen, war er selbst durch einige Schmuckgeschäfte gegangen und hatte vergeblich nach etwas Geschmackvollem, nicht allzu Persönlichem Ausschau gehalten. Es sollte nicht allzu sehr nach Bestechung aussehen – auch wenn es sich zweifellos um eine handelte. Schließlich hatte er auf einem Sonderpostenstand einer Buchhandlung etwas entdeckt. Jetzt schämte er sich, denn es war rührend, wenn eine Zehnjährige etwas Billiges schenkte. Wenn das Geschenk von einem Millionär kam, war es peinlich. Er hätte die Sache doch lieber seiner Assistentin überlassen sollen.
„Ich finde den Weg allein.“
Chastity nickte und beäugte das ungeöffnete Paket in ihrer Hand misstrauisch.
Gabe ging langsam und nachdenklich zu seinem Wagen. Hatte er sich richtig verhalten? Er hatte gerade die Wagentür geöffnet, als Chastity ums Haus gelaufen kam. Das Buch – eine Art Tagebuch, in dem sie ihre Gedanken während der Schwangerschaft notieren konnte – hielt sie noch immer in der Hand, doch jetzt presste sie es an die Brust.
„Danke“, sagte sie. „Das hast du gut ausgesucht. Ich hatte Angst, es wäre etwas völlig Unpassendes.“
„Unpassend?“
„Du weißt schon, was ich meine. Etwas, um mich zu bestechen. Etwas Teures, was deine Assistentin besorgen musste. Schmuck oder so. Ich habe mich getäuscht. Tut mir leid.“
Genau genommen hat sie mich genau richtig eingeschätzt, dachte Gabe, während er einstieg. Aber das brauchte sie ja nicht zu wissen.
„Wenn das Angebot noch steht, würde ich mitkommen.“
Geschafft! Er verbarg die Freude, die er verspürte, und ließ den Motor an. „Ich hole dich morgen früh ab.“
5. KAPITEL
Als der Hubschrauber wieder abhob und kurz darauf am Himmel verschwand, wurde Chastity klar, dass es nicht die Rotorenblätter waren, die so schnell und heftig pochten, sondern ihr Herz. Was hatte sie nur getan?
Jetzt befand sie sich auf Gabes Territorium, und das veränderte das Machtverhältnis zwischen ihnen.
„Was denkst du?“
Sie sah ihn an. Doch hinter seiner dunklen Sonnenbrille konnte sie seine Miene nicht deuten. Aber sie wusste, dass
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