Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
wir zum Abendessen zurück sind.«
    Nun wusste Marybeth, dass etwas im Busch war. Warum sonst sollte Sheridan Lucy zu den Logues begleiten? Zweifellos war eine Verschwörung im Gang. Und Sheridan war mit von der Partie, was an sich schon ungewöhnlich war. Marybeth versuchte, im Spiegel die Miene ihrer älteren Tochter zu lesen, doch die hatte den prüfenden Blick vorhergesehen, sah lässig aus dem Seitenfenster und tat, als interessierte sie sich mit einem Mal für die Häuser am Straßenrand.

    Marybeth spürte einen plötzlichen Schmerz: Ihre Mädchen wurden größer. Sie wollten nicht mehr alle Geheimnisse mit ihr teilen. Diese Erkenntnis tat weh. Womöglich wäre es anders, wenn ich weniger arbeiten würde, dachte sie. Vielleicht würden die Mädchen, gerade Sheridan, sich mir wieder anvertrauen, wenn ich bei Schulschluss zu Hause wäre wie früher. Sheridan hatte ihr noch vor einiger Zeit alles erzählt, all ihre Empfindungen und Sorgen offengelegt und sich die Dinge von der Seele geredet, während Marybeth das Abendessen kochte. Doch da sie inzwischen einen so straffen Zeitplan und in der neuen, prosperierenden Firma so viel Arbeit hatte, fehlte jetzt die Gelegenheit dazu.
    Das Essen wurde eilig zubereitet – meist briet Joe etwas in der Mikrowelle Aufgetautes – oder aus der Stadt mitgebracht. Zwar bestand Marybeth darauf, dass die Familie weiter gemeinsam zu Abend aß, doch es war nicht mehr wie früher. Alles geschah in Hektik. Es ging allein ums Essen, nicht mehr darum, sich zu sehen und sich über die Ereignisse des Tages auszutauschen. Das Abendbrot war nur noch ein Tankstopp vor den Hausaufgaben, der Dusche, dem Schlafengehen. Marybeth hatte ein schrecklich schlechtes Gewissen.
    Doch als Cam Logue am Vormittag in schwarzem Rollkragenpullover, dunklem Jackett, tiefblauer Jeans und Cowboystiefeln in ihr Büro gekommen war, sich mit in die Stirn fallendem Haar und Armesündermiene auf eine Ecke ihres Schreibtischs gesetzt und sie gefragt hatte, ob sie sich vorstellen könne, in seinem Maklerbüro gleichberechtigte Partnerin zu werden, hatte sie eine kurze, schwindelerregende Vision davon gehabt, wie es wäre, erfolgreich zu sein. Sie wusste, dass sie dazu in der Lage war und hatte sich vorgestellt, ein Haus in Saddlestring zu beziehen, in dem jeder ein eigenes
Zimmer besaß und in dessen Küche die vier Flammen des Gasherds auch tatsächlich funktionierten.
    »Ich glaube, das könnte für uns alle einträglich sein.« Cam hatte sie angesehen wie nie zuvor – als nehme er sie zum ersten Mal wirklich wahr.
    »Das denke ich auch«, hatte sie geantwortet. »Ich könnte eine Menge Geld für Sie verdienen.«
    »Daran zweifle ich keine Sekunde.« Er beugte sich so weit vor, dass sie sein dezentes Parfüm roch (Joe benutzte weder Rasier- noch Kölnischwasser). »Sie wären ein großer Gewinn für die Firma.«
    »Eins weiß ich«, hatte sie da geantwortet, und er war ihr noch näher gerückt. »Ich würde mir den Buckel für Sie krummschuften.«
    Er hatte fast schmerzlich gelächelt. »Tun Sie das bloß nicht – bei Ihrer tollen Figur.«
    Da wusste sie es.
    Eine Grenze war überschritten worden. Cam baggerte sie an, und sie hatte sich einen Moment lang geschmeichelt gefühlt. Dann war der Moment vorbei. Sie wollte in ihrem Beruf ernst genommen werden und fragte sich nun, ob das ganze Besorgen-Sie-sich-eine-Maklerlizenz-Gerede nur ein Trick war, um sie ins Bett zu kriegen.
    »Cam«, sagte sie, »Sie rücken mir viel zu nah auf die Pelle. Halten Sie etwas Abstand. Und falls ich meine Lizenz beantragen soll, damit etwas zwischen uns läuft, täuschen Sie sich gewaltig. Marie ist meine Freundin, und missverstehen Sie mich nicht: Ich halte Sie für einen großartigen Geschäftsmann, doch wenn der Grund, warum ich in Ihr Büro einsteigen soll, der ist, den Sie gerade haben durchblicken lassen, nun …«
    Er war bei ihren Worten zurückgewichen und drohte buchstäblich, vom Schreibtisch zu fallen.

    »… Joe ist mein Mann. Und fertig. Mehr gibt’s da nicht zu sagen. Er mag mitunter etwas verbocken, und viel Geld verdient er auch nicht, aber er ist mein Mann.«
    Sie war wütend auf sich, weil sie Tränen kommen spürte. Jetzt nur nicht heulen, ermahnte sie sich und fuhr mit zusammengekniffenen Augen fort: »Und sollten Sie noch ein mal auch nur andeuten, dass wir mehr als eine rein geschäftliche Beziehung haben, werde ich Joe davon erzählen. Und dann Nate Romanowski …«
    Bei diesem Namen zuckte Cam

Weitere Kostenlose Bücher