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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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Laden war Stockman’s Bar ein vornehmes Etablissement. Joe war einmal in der Bärenfalle gewesen, als er einem Anruf nachging, der ihn unter der Nummer für anonyme Wilderer-Anzeigen erreichte. Diesem Anruf zufolge war ein »Mitglied« des Clubs dabei beobachtet
worden, ein Pronghorn außerhalb der Jagdsaison geschossen und waidgerecht zerlegt zu haben, um sich alsdann zur Erholung in die Bärenfalle zu begeben.
    Den Wilderer aufzuspüren und festzunehmen war leicht gewesen, da die noch warme Antilope unter einer Plane auf der Ladefläche seines Pick-ups lag, ihr Blut in Rinnsalen unter der Heckklappe raus in den Matsch rann und der Schütze in einem mit Blut und Pronghornhaaren verschmierten Hemd an der Theke saß. Er ergab sich ohne Gegenwehr und schien sich auf eine ruhige Nacht im Gefängnis zu freuen. Die Bärenfalle gehöre zu den Lokalen, wo ein blutiges Hemd nicht weiter auffalle, hatte der Barmann ihm später gesagt. Sein Name war Terry Montegue: Tuffs Bruder.
    Bevor er eintrat, prüfte Joe seine Pistole und das Pfefferspray am Gürtel. Seine Augen brauchten einen Moment, um sich an die Dunkelheit im Inneren zu gewöhnen. Die vergitterten Fenster waren mit Läden verriegelt, die einzigen Lichtquellen waren die Bierreklamen von Coors, Bud und Fat Tire, die schwache Neonröhre über der Theke und eine alte Jukebox, aus der Songs von Johnny Horton tönten. Joe mochte diesen Sänger, auch wenn er nicht genau wusste, warum.
    Vier Trinker hockten in der Thekenmitte beieinander, überragt von Terry Montegue hinterm Tresen. Joe hörte, wie Würfel in einen Becher gestrichen wurden, und sah, dass die Trinker sich hastig und unbeholfen das Geld in die Jackentaschen stopften, um das sie gespielt hatten.
    »Keine Sorge«, sagte Terry mit Blick auf Joe. »Das ist nur der Jagdaufseher.«
    Joe lächelte in sich hinein und ließ sich am Ende des Tresens nieder.
    Montegue war groß und glatzköpfig, sein Bierbauch hing
über die Gürtelschnalle. Sein aufgeschwemmtes, brutales Trinkergesicht wirkte durch eine Narbe, die sich wie ein weißer Wurm die Wange hinauf und übers Lid zur Braue zog, noch übler. Sein enges, kurzärmliges Hemd sollte seine Muskeln und die Klapperschlangen-Tattoos an den Unterarmen zur Geltung bringen.
    »Was darf’s sein?«
    Joe blickte zu den Trinkern, die ihn unauffällig zu mustern suchten. Sie sahen aus wie arbeitslose Rancharbeiter oder raubeinige Gasbohrer nach der Frühschicht. Joe vermutete Letzteres, da sie jede Menge Geld in den Taschen hatten. Er fragte sich, was sich ergäbe, wenn er ihre Nummernschilder überprüfen ließe.
    »Ich dachte, man muss hier Mitglied sein, um was zu trinken.«
    Montegue verzog die Oberlippe – zu einem Lächeln vermutlich  –, griff unter die Theke und warf einen dicken Block mit leeren Mitgliedsausweisen auf den Tresen.
    »Kostet fünfzehn Dollar im Jahr. Oder zehn zusammen mit dem ersten Drink. Sind Sie dabei?«
    »Nein.«
    »Was wollen Sie dann?«
    »Es geht um Ihren Bruder Tuff. Ich gehöre zu der Arbeitsgruppe, die …«
    Einer der Trinker am Tresen schnaubte verächtlich und wandte sich ab. Die anderen starrten weiter vor sich hin und sahen sich nicht an. Um nicht loslachen zu müssen, wie Joe vermutete.
    Er setzte neu an. »Ich untersuche den Tod Ihres Bruders und möchte Ihnen einige Fragen stellen.«
    Montegue seufzte, beugte sich vor, stützte die Hände auf den Tresen und ließ die Arme kreisen, um Joe die Pracht seiner
Muskeln zu zeigen. »Der Sheriff war schon da und ein Trottel vom FBI. Lauft ihr Kerle euch bloß nach?«
    »Irgendwie schon.«
    »Wer Tuff das Blut ausgesaugt hat, war hinterher garantiert eine Woche lang breit«, sagte Montegue. »Suchen Sie nach einem betrunkenen Alien – das ist mein Rat.«
    Darüber lachten die Trinker schallend.
    »Mich interessiert, was Tuff in den letzten Jahren beruflich gemacht hat. Ich weiß, dass er bei seinem Tod für Bud Longbrake arbeitete, aber womit hat er sich sonst beschäftigt?«
    Montegue ging die Liste durch: Rancharbeiter, Schulbusfahrer, Dachdecker, Kundendienstler, Landvermesser und Darsteller in einer Wildwestshow, bei der er sich den Rücken verletzt hatte.
    »Wann hat er als Landvermesser gearbeitet?«
    »Eigentlich nie. Er war eher ein von Tag zu Tag bezahlter Vermessungsgehilfe.«
    »Er ist von hier nach da gelaufen und hat die Messlatte gehalten«, sagte einer der aufmerksam lauschenden Trinker. »Damit der Landvermesser die Daten peilen kann.«
    »Für wen hat er

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