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Kalte Stille - Kalte Stille

Titel: Kalte Stille - Kalte Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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beschäftigte ihn zu sehr.
    »Schön. Sagen wir so gegen sieben?«
    »Sieben würde mir passen.«
    Mit einem breiten Lächeln klopfte ihm Fleischer auf die Schulter. »Ich habe womöglich gute Neuigkeiten für Sie. Es geht um Ihren Arbeitsvertrag. Ich glaube, ich kann beim Personalrat Ihre unbefristete Anstellung durchdrücken.«
    Erstaunt klappte Jan der Mund auf. »Eine unbefristete … Aber ich dachte … die Probezeit …«
    »Ja, ja, ja«, sagte Fleischer und machte eine abwehrende Geste. »Es ist noch nicht hundertprozentig in trockenen Tüchern. Ich brauche noch das schriftliche Einverständnis des Verwaltungsleiters. Aber es sieht gut aus. Eigentlich nur noch eine Formalität. Wir brauchen ehrgeizige junge Mediziner wie Sie. Sind nicht leicht zu bekommen. Und, ganz unter uns, der Verwaltungsleiter und ich sind alte Freunde.«
    »Ich … nun ja, ich weiß nicht, was ich sagen soll«, stammelte Jan.

    »Sagen Sie vorläufig gar nichts«, winkte der Professor ab. »Kommen Sie einfach morgen Abend zu uns, alles Weitere besprechen wir dann.«
    Jan versicherte ihm, dass er kommen würde. Fleischer klopfte ihm nochmals zufrieden auf die Schulter und machte sich dann in Richtung Verwaltung davon.

37
    »Es war vielleicht doch keine gute Idee, herzukommen«, sagte Ralf und schloss eine kleine Box mit Fotos, die er in Nathalies Schreibtisch gefunden hatte. »Ich komme mir irgendwie schäbig vor, hier herumzuschnüffeln. Und das am Tag ihrer Beerdigung.«
    Carla, die neben ihm am Boden kniete und die Schubladen des Wohnzimmerschranks durchsah, schaute zu ihm auf. »Du wolltest doch, schon vergessen?«
    »Du doch auch«, sagte Ralf und klopfte nervös mit den Fingerspitzen auf die Plastiklehne des Bürostuhls.
    »Klar, sonst wäre ich jetzt nicht hier.« Carla schob die Schublade zu und stand auf. Ihre Knie gaben ein leises Knacken von sich. »Denk einfach daran, dass wir es für sie tun.«
    Ralf stieß einen tiefen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. »Ich bin mir gar nicht mehr so sicher, ob ich wirklich die Wahrheit herausfinden will.«
    »Dass sie etwas mit einem anderen gehabt hat?«
    Ralf senkte den Kopf. »Das hätte sie mir doch niemals angetan.« Seine großen blauen Augen schimmerten feucht.

    »Sieh es doch ein. So etwas geschieht nun mal, und wenn du sie wirklich geliebt hast, dann solltest du das respektieren.«
    Er nickte nur stumm.
    »Na also«, sagte Carla. »Komm, lass uns weitermachen.«
    Sie betrat das Schlafzimmer und sah sich um. Wo sollte sie hier noch suchen? Sie hatte bereits alles durchgesehen, aber nirgends einen Hinweis auf einen Verehrer gefunden. Falls Nathalie wirklich etwas vor Ralf verborgen haben sollte, hatte sie es sehr geschickt versteckt.
    Ralf folgte ihr ins Schlafzimmer. Er holte tief Luft. »Was ist, wenn sie doch vergewaltigt worden ist?«
    »Nein, Ralf.« Carla sagte es sanft, aber bestimmt. »Jan hat das ausgeschlossen, und ich glaube das auch nicht. Sie hätte sich sonst ganz anders verhalten. Erinnerst du dich an den Tag ihrer Entlassung aus der Klinik, als wir Pizza essen waren? Wie ausgelassen Nathalie an dem Abend war?«
    Ralf nickte und ließ den Kopf hängen.
    »Siehst du. So glücklich und unbeschwert hatte ich sie bis dahin noch nie erlebt. Sie hat gesagt, es sei ihr, als wäre alles nur ein böser Traum gewesen, erinnerst du dich?«
    »Ja, ich erinnere mich.« Ralf flüsterte nur.
    Für ein paar Sekunden blieb diese Erinnerung wie ein freundlicher Geist zwischen ihnen im Raum stehen. Sie dachten beide an Nathalie, die am Ecktisch neben dem Aquarium in Sergios Pizzeria gesessen und ihnen mit einer Proseccoflöte zugeprostet hatte.
    Auf die schönen Träume, hatte sie gesagt und gekichert, wie sie es immer getan hatte, wenn sie beschwipst gewesen war.

    Und auf die bösen Träume, dachte Carla, die du jetzt nicht mehr träumen musst .
    »Könnte es nicht sein …«, begann Ralf von neuem. Er zögerte. »Ja, könnte es nicht sein … dass sie gar nichts davon mitbekommen hat?«
    »Nichts mitbekommen?« Carla sah ihn verwundert an.
    »Ja. Dass es passiert ist, ohne dass sie etwas davon wusste.«
    »Wie meinst du das?«
    »Weiß nicht. Vielleicht die Medikamente?«
    »Ich wüsste nicht, dass man sie mit Medikamenten ruhiggestellt hat. Hat sie zu dir etwas gesagt?«
    Wieder ließ Ralf den Kopf sinken. »Nein, hat sie nicht. Kann ja eigentlich auch nicht sein. Ich hab ihre Medikamentenliste durchgesehen. Offiziell hat sie nichts bekommen, was sie dermaßen hätte ausknocken

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