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Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Titel: Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Toporski
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geschlafen haben wie ein Murmeltier. Zwischendurch bin ich manchmal ganz kurz aufgewacht und sofort hat mich dann, im Halbschlaf, ein Gefühl tiefer Zufriedenheit durchströmt: Wie schön ist es doch, daheim zu sein, irgendwohin zu gehören, jemanden zu haben, der für einen sorgt, wenn man es braucht. Wie schön ist es vor allem, dass Mama da ist.
    Sie hat mit Huppe und Wolfi in der Küche Quartier bezogen und mich in ihr eigenes Bett gesteckt. Ab und zu merke ich, wie sie auf Zehenspitzen vorbeikommen und nach mir schauen.
    Am dritten Tag aber kommt die Bäuerin von meinem Hof und will mich zurückholen. Sie hat sich natürlich denken können, wo ich bin. Nun meint sie, länger als drei Tage brauche man nicht krank zu sein. Und sofort ist die Angst wieder da. Die Keiferin plustert sich auf, und ich höre sie zu Mama sagen, was mir denn eingefallen wäre, mich einfach vor der Arbeit zu drücken und wegzulaufen. Was ich mir wohl dabei dächte, sie im Stich zu lassen, und so weiter und so weiter … Das Weib trieft nur so von Selbstgerechtigkeit. Sie führt sich auf, als ob ich ihr Eigentum wäre, ihr Besitz, über den nur sie allein verfügen darf. Eine Sache, die einem gehört, hat einem nicht wegzulaufen – wo kämen wir denn da hin?
    Vielleicht wäre sie zurückhaltender gewesen, wenn sie Mamas Entgegnung vorausgeahnt hätte.
    Denn Mama nimmt den Kampf an. Nimmt ihn an, obwohl die Bäuerin alle Trümpfe in der Hand zu haben scheint.
    Wie sie denn dazu käme, bricht es aus Mama heraus, ein Kind sich derart kaputtarbeiten zu lassen. Was sie sich überhaupt dabei dächte, ein krankes Mädchen aus dem Bett an die Arbeit zu holen. Und wie ich denn aussähe, so verlumpt und verdreckt. Ob das vielleicht die Fürsorge wäre, die sie mir schuldig sei. Und ob sie überhaupt ein Gewissen hätte oder ob bei ihr an dessen Stelle nur ein tiefes finsteres Loch wäre. »Die Hölle, das sage ich dir«, ruft Mama, »die Hölle selber ist nicht schwärzer als deine Seele!«
    Ich bin zum Zerreißen gespannt. Angst durchtränkt mich, Angst, wieder der Bäuerin und ihrem Mann ausgeliefert zu sein, wieder nichts zu haben als meinen Stall, abgeschoben zu sein und ausgestoßen, weniger wert als Vieh. Ich will hier bleiben, hier, bei Mama! Hier bin ich aufgehoben, habe ich Familie, bin ich unter Menschen. Ich will hier nicht weg, will um alles in der Welt nicht wieder dorthin!
    Tief verkrieche ich mich unter meiner Decke, verstecke mich und mache die Augen zu. Aber ich höre alles, was die beiden miteinander sprechen, höre, wie Mama dem widerwärtigen Weib die Leviten liest, wie sie ihr die Wahrheit in die Ohren stopft. Mama kämpft um mich, und wie! Und wenn sie redet, wächst wieder meine Zuversicht. Aber dann höre ich wieder das Gezeter der anderen, und sofort kehrt die Angst zurück, die Angst, dass Mama unterliegen könnte, dass sie mich nicht schützen kann, dass wieder jemand anders bestimmen wird, was mit mir geschieht. Mama, das weiß ich längst, Mama ist schwach, sie hat hier nichts zu sagen, kann mich nicht beschützen! Ich ziehe die Knie an und mache mich unter meiner Decke ganz klein.
    Irgendwann ist es still, keiner redet mehr. Und da weiß ich, dass die Bäuerin gegangen ist. Ohne mich! Und Mama kommt und schlägt den Zipfel meiner Decke zurück, lächelt mich an und streicht mir über die Wange. – Ich bin so glücklich!
    Aber das Glücklichsein liegt nur ganz an der Oberfläche. Darunter hockt die Furcht! Ich weiß, dass der kleinste Anlass genügt, um alle Zuversicht beiseite zu fegen und mich wieder in die schwarze Höhle meiner Angst zu jagen.
     
    Manches habe ich Mama nicht erzählt. Nicht das mit den Schlägen vom Bauern und nicht das mit den Peitschen. Auch das Schlafen bei den Kühen habe ich weggelassen. Es reicht, dass Mama von allein herausgefunden hat, wie schwer ich arbeiten musste, und dass sie gesehen hat, wie sie mich haben herumlaufen lassen, und einen Teil wird sie sich noch selber dazureimen. Wenn ich mehr erzählt hätte, wäre nur das passiert, was ich auf keinen Fall will: Mama hätte geweint. Und das hätte ich nicht ertragen.
     
    Ich bin wieder gesund genug, um heute in den Holzbottich gesteckt zu werden.
    »Mein Gott, man sieht ja die Haut vor lauter Dreck nicht mehr!«
    Ist das schön in dem warmen Wasser! Rundherum nichts als Wohlgefühl! Ich genieße sogar das Haarewaschen, das ich sonst immer so gehasst habe. Endlich einmal wieder sauber sein, endlich einmal wieder anders riechen als nach

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