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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
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ist, kann es dabei ohne weiteres zweitausend pro Woche verdienen. Sally hatte sich vorgenommen: zehn Monate, und keinen Tag länger. Zum erstenmal in ihrem Leben hat sie das Geld zusammengehalten wie ein Geizhals. Am Ende der zehn Monate hatte sie ein schönes Bündel auf die Bank gebracht. Sie kaufte sich das Haus in der Pinewold Street wegen der ruhigen, abgeschirmten Lage und der guten Adresse.«
    »Aber sie hat sicher nicht so viel verdient, daß sie das Haus kaufen und sich gleichzeitig zurückziehen konnte. Was hat sie noch gemacht?«
    »Wenn man mit Anzeigen arbeitet, bringt das neben dem Geld eine Menge Kontakte.« Mooney unterdrückte ein Rülpsen. »Als Sally zurückkam nach Houston und sich dieses Haus kaufte, ließ sie das Hurenleben hinter sich. Jetzt war sie eine gutaussehende Frau mit einer guten Adresse und vielen Männern, die ihr gern Gesellschaft leisteten. Wenn ihre alten Freier nach Houston kamen, was so oft der Fall war, daß sie ihren Terminkalender voll hatte, dann empfing sie sie als Gäste. Genau wie jede andere alleinstehende Frau, die einen Freund bei sich hat, der sie bumst. Nur daß diese Freunde ein paar Scheinchen auf ihrer Hausbar liegenließen, wenn sie gingen. Es war alles Spaß und Vergnügen.«
    Mooney trank die Milch aus und zuckte dann zusammen, während er die Hand auf seinen Magen preßte. »Nein, wenn ich darüber nachdenke, ist es eigentlich sehr gut gelaufen für die alte Sally. Ich glaube nicht, daß sie vorhatte, ihr Leben in dieser stinkenden Bayou zu beenden.«
    »Mit wem hat sie gearbeitet, wenn sie eine Wochenendparty gab?«
    »Nur mit einem Mädchen. Judith Croft. Judith, nicht Judy. Sally hat sie oft geholt, wenn was Größeres anlag. Sie arbeiteten prima zusammen, waren gute Freundinnen.«
    Das Mädchen mit der fortgeschrittenen Akne kam herüber und schenkte Haydon Kaffee nach. Er hätte gar keinen mehr gewollt, dankte ihr aber trotzdem. Dann schüttete er aus zwei Päckchen Zucker hinein und rührte den Kaffee um.
    Ein junges vietnamesisches Mädchen, das einen kleinen Jungen fest an der Hand hielt, kam herein und näherte sich schüchtern der Eßtheke. Die beiden standen schweigend hinter den Hockern und studierten die Speisekarte über dem Grillrost. Die Kellnerin musterte sie, ohne ein Wort zu sagen. Nach einer kurzen, leisen Beratung mit dem kleinen Jungen bestellte das Mädchen: »Einen Speck-Sandwich.«
    »Zum Mitnehmen oder Hieressen?« fragte die Kellnerin.
    Das vietnamesische Mädchen nickte.
    Die Bedienung zögerte einen Moment, wollte etwas sagen, zuckte dann mit den Schultern und ging weg, um das Sandwich zuzubereiten.
    Als der Speck auf dem Grill zischte und der Geruch von gesalzenem Schweinefleisch die beiden Kriminalbeamten erreichte, schaute Mooney Haydon an und sagte: »Ich habe gehört, du hast deine Beförderung zum Lieutenant abgelehnt.«
    Haydon wußte nicht, was er antworten sollte. Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her.
    »Ein anderer Takt, eine andere Melodie…« sagte Mooney. In seiner Stimme lag mehr als die Andeutung von Bitterkeit. Seine dickliche Hand zerknüllte eine Papierserviette.
    Haydon trank einen Schluck des schrecklichen Kaffees. Das war noch besser, als etwas sagen zu müssen.
    »Sechs Jahre sind eine lange Zeit«, bemerkte Mooney.
    Sie waren gemeinsam von der Kriminalpolizei übernommen worden. Mooney war stets hitzköpfig gewesen, schlau und aggressiv. Er wurde rasch befördert und ließ Haydon zunächst einmal hinter sich. Dann stieß Mooneys Karriere plötzlich gegen eine Mauer. Junge Männer, die in einer hierarchischen Organisation zu rasch nach oben kommen, machen sich Feinde, die sie für den Rest ihrer Karriere scharf beobachten, und die Polizei bildet da keine Ausnahme. Jemand hatte offenbar die Bremse gezogen bei Mooneys schnellem Nachobendrängen auf der Leiter.
    Zurückblickend erkannten beide die Unausweichlichkeit dessen, was da geschehen war. Mooney war schlau, aber er hatte keine Beziehungen, keine persönlichen Freunde in höheren Positionen, die sich um ihn kümmerten, wenn er mit seiner Aggressivität die falschen Leute verärgerte. Er war zu sehr mit dem beschäftigt, was er am besten konnte, als daß er sich zudem noch um interne Politik hätte kümmern können, und plötzlich war er ganz allein. Man schob ihn von einer Abteilung in die andere, bis er mehr oder weniger auf Dauer bei der Sitte landete.
    »Diese Arschlöcher«, sagte Mooney. »Ich glaube, wenn ich nicht so ein Trottel gewesen wäre,

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