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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
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Wodka oder Gin in die Hand nahm. Er schätzte sie auf Anfang Zwanzig. Sie war reizend anzusehen; ihr glänzendes Haar umrahmte ihr schönes Gesicht. Ihre Bewegungen waren elegant, und sie strömte das Selbstbewußtsein einer Frau aus, die schon lange über die Macht ihrer Schönheit Bescheid weiß. Sie war kultiviert, très chic. Es gab vermutlich keinen Kriminalbeamten außer ihm selbst, der es sich hätte leisten können, eine Nacht mit ihr zu verbringen.
    Sie zog ein Bein hoch und schaute Haydon über den Rand ihres beschlagenen Glases hinweg an, den sie an ihre weichen, blassen Lippen drückte.
    »Sie arbeiten, soviel ich weiß, mit Sally Steen«, sagte Haydon.
    Sie antwortete nichts und trank einen Schluck.
    Haydon fand es wenig sinnvoll, um den Brei herumzureden. Er kam direkt zur Sache.
    »Sie wurde heute morgen tot aufgefunden. Sie trieb in der Buffalo Bayou, nicht einmal hundert Meter von ihrem Haus entfernt.«
    Das Eis im Glas klimperte, und der passive Ausdruck, hinter dem sich Judith Croft verbergen wollte, erfror zu betäubter Ausdruckslosigkeit.
    »Wir wissen bis jetzt noch nicht, woran sie gestorben ist. Wir hoffen, der Gerichtsmediziner kann uns die Todesursache nennen. Aber das kann noch eine Weile dauern. Inzwischen versuchen wir, soviel wie möglich über ihr Leben in den letzten paar Tagen zu erfahren.«
    Judith Croft stellte ihr Glas auf einen kupfernen Abstelltisch, der mit Jade eingelegt war. »Sind Sie sicher, daß es Sally ist?« Sie mußte sich erst räuspern, ehe sie die Frage stellen konnte.
    Haydon nickte. Merkwürdig, wie oft die Leute diese Frage stellten.
    Sie warf den Kopf nach hinten, um sich die Locken aus der Stirn zu schütteln. »Das ist nicht zu fassen.« Sie schluckte. »Großer Gott!«
    »Haben Sie sie in letzter Zeit gesehen?«
    Haydon wartete, während die Gedanken des Mädchens versuchten, den Begriff Tod zu verarbeiten. Sie hörte seine Frage wie ein verzögertes Echo von jenseits des langen Schweigens.
    »Nein.« Jetzt richteten sich ihre Augen wieder auf ihn. »Nein, ich habe sie seit drei oder vier Tagen nicht gesehen.«
    »Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
    »Wann – mein Gott, ich muß überlegen.« Sie strich sich mit der Hand über das glatte pechschwarze Haar. »Vor drei Tagen.«
    »Ein – Arbeitsbesuch?«
    »Welche Rolle spielt das?« fragte sie kalt. »Oder sind Sie von der Sittenpolizei?«
    »Nein.«
    »Dachte ich’s doch. Mordkommission?«
    »Stimmt.«
    »Dann haben Sie mit Ed Mooney gesprochen.«
    »Ja.«
    »Mooney ist nett. Er ist kein Spießer.«
    Haydon fragte sich, was das aus Mooneys Perspektive bedeutete.
    »Warum waren Sie dort?«
    »Sie hat mich angerufen. Hatte Magenschmerzen und leichtes Fieber; sie brütete irgend etwas aus. Wir tranken etwas und sahen uns einen Redford-Film im Fernsehen an. Als er vorbei war, hatte sie Kopfschmerzen, also bin ich nach Hause gefahren.«
    »Und bei diesem Besuch haben Sie sie zuletzt gesehen?«
    »Richtig. Das war das letztemal, daß ich sie gesehen habe. Aber ich hab’ am nächsten Tag mit ihr telefoniert. Das war vorgestern.«
    »Um welche Zeit?«
    »Vormittags, gegen zehn. Sie fühlte sich noch immer nicht wohl und bat mich, einen ihrer Leute zu empfangen.«
    »Und das haben Sie getan?«
    »Ja. Ich habe sie gestern nicht angerufen; es – es paßte nicht.« Ihr Blick wandte sich von ihm ab und wurde wieder nachdenklich. »Aber heute habe ich sie angerufen, um mich zu erkundigen, wie es ihr geht. Als sie nicht an den Apparat ging, dachte ich, es geht ihr besser und sie ist ausgegangen.«
    »Wissen Sie von irgend jemandem, der sie nach Ihnen besucht haben könnte? Jemand, der vielleicht gestern bei ihr gewesen ist?«
    »Nein. Ich kenne nicht ihren – Terminkalender.«
    »Wissen Sie, ob sie mit irgendeinem ihrer Bekannten Schwierigkeiten hatte? Ob sie von jemandem belästigt wurde?«
    »Sally hat in solchen Fällen nicht lange gefackelt. Wenn einer ihr auch nur ein bißchen grob kam, war sie für ihn einfach nicht mehr zu sprechen. Das hat sie denen überlassen, die mehr für S und M übrig haben.«
    »Und wie lange kennen Sie sie?«
    »Zwei, das heißt, fast drei Jahre.«
    »Haben Sie all diese Zeit mit ihr zusammengearbeitet?«
    »So ungefähr.«
    »Und Sie können sich niemanden denken, der ihr etwas Böses antun wollte? Vielleicht jemand mit – sagen wir – unstetem Charakter?«
    »Unstet, mein Gott… Ist sie – ist sie erschossen worden oder so? Ich dachte, Sie wissen nicht, woran sie gestorben

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