Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund
sie sah die Wut in seinen Augen. Erwusste so gut wie sie, dass Gabler sich nur zu gern von ihr umstimmen lassen wollte.
»Es geht hier wohl kaum um persönliche Wünsche oder Abneigungen«, sagte Gabler giftig, aber Pia fühlte, dass sie einen Punkt gemacht hatte.
Unglücklicherweise unterbrach ein Telefonanruf die Debatte und Gabler meldete sich barsch. Unruh nutzte die Zeit, indem er versuchte, Pia umzustimmen.
»Das wird verdammt ungemütlich da draußen zugehen. Das Dorf liegt zu weit weg von Lübeck, um dauernd hin- und herzufahren. Wir brauchen dort eine mobile Einsatzzentrale. Das bedeutet Arbeit rund um die Uhr. Ich hab wirklich nichts gegen dich persönlich, aber für einen ersten Mordfall ist das ein bisschen heavy. Halt dein Pulver trocken und warte auf eine bessere Gelegenheit, dich zu beweisen.«
»Ich hab mich nicht für diesen Posten hier beworben, um nun für euch die Tippse zu spielen ....«
Gabler hatte den Anrufer kurz abgefertigt und beendete sein Telefonat gerade, sodass Unruh ihr nur noch zuflüstern konnte: »Das wird eine Nummer zu groß für dich, Korittki!«
Die Verachtung in seiner Stimme ähnelte der von Heinz Broders, eine halbe Stunde zuvor.
Als sie wieder draußen auf dem Flur standen, hatte Pia vorerst ihren Willen durchgesetzt. Wenigstens schien sich Marten Unruh schnell ins Unabänderliche zu fügen. Auf dem Weg zum Parkdeck besprach er die weitere Vorgehensweise mit ihr.
»Wir nehmen zusammen einen Dienstwagen«, bestimmte er und klimperte mit dem Schlüssel in der Hand. »Morgen werden wir sehen, ob wir noch ein zweites Auto brauchen.«
3. KAPITEL
G revendorf in Ostholstein präsentierte sich an diesem Januarvormittag öde und verlassen. Von den etwa tausend Einwohnern des Ortes war kein einziger zu sehen. Nur ein paar schwarze Saatkrähen hockten in den Wipfeln der kahlen Bäume; sie schienen das stille Dorf zu beobachten.
Kurz vor dem Ortsausgang störte das zuckende Blaulicht eines Streifenwagens die dörfliche Stille. Die Polizisten hatten sich an der Durchfahrt zum Grevendorfer Redder postiert, dem Feldweg, der zum Gehöft der Benneckes führte. Wenn man so Schaulustige vom Tatort fern halten wollte, war dies ein überflüssiges Unterfangen. Grevendorfs Einwohner zeigten sich desinteressiert.
Marten Unruh und Pia Korittki wurden, nachdem sie sich ausgewiesen hatten, von den Uniformierten sofort durchgelassen. Sie fuhren noch etwa einen Kilometer einen asphaltierten Weg entlang, bevor sie den in einer kleinen Senke gelegenen Hof ›Grund‹ erreichten, den Fundort der drei Toten.
Der Hofplatz bot ein chaotisches Bild. Zwei Streifenwagen mit Blaulicht, drei Zivilfahrzeuge, ebenso viele Leichenwagen und ein Traktor standen dicht gedrängt auf der unebenen Fläche. Der verbliebene Platz war mit flatterndem Absperrband abgegrenzt.
Pias Blick aus dem Beifahrerfenster wurde von den drei Leichen auf dem Boden wie magnetisiert angezogen. Die anwesenden Polizisten standen unschlüssig herum, nur einer von ihnen reagierte, als sich der dunkelblaue Passat seinen Weg durch die Menge bahnte. Ein korpulenter Mittvierziger mit Halbglatze winkte hektisch und dirigierte sie zu einem Parkplatz unterhalb einer alten Kastanie.
»He, Sie da! Gehen Sie gefälligst anders herum. Und fahren Sie auch Ihren Leichenwagen ein Stück nach rechts, die Herren von der Mordkommission treffen jetzt ein!«, hörte Pia ihn durch die Wagenscheibe brüllen.
Der so Angesprochene, ein junger Mann mit einem dünnen Zopf, beachtete ihn gar nicht. Er schlenderte zu seinem Kollegen hinüber, der gerade eine Thermoskanne Kaffee hervorgeholt hatte. Die Männer lehnten sich stehend an die Seite des grauen Leichenwagens. Jeder von ihnen hatte kurz darauf einen Becher Kaffee in der Hand.
»Sieh mal, die Herren von der Mordkommission«, sagte der mit dem Zopf grinsend und deutete auf Pia Korittki, die gerade ausgestiegen war und ihre Daunenjacke überzog. »Das wird dem alten Kommissar Weber aber gar nicht gefallen ...«
»Was meinst du, eine Frau als Kommissarin?«, fragte der andere.
»Genau, sie wird ihn ganz schön aus dem Konzept bringen.«
Pia verdrehte entnervt die Augen über die Bemerkungen, die sie unfreiwillig mitanhörte. Dann wandte sie sich den noch unbekannten Kollegen zu, die schon länger am Tatort waren. Die Gesprächsfetzen der jungen Männer drangen jedoch immer noch an ihr Ohr.
»Ihr blondes Haar sieht irgendwie frivol aus, an einem tristen Ort wie diesem ...«
»Mein Geschmack ist
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