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Kalter Schlaf - Roman

Kalter Schlaf - Roman

Titel: Kalter Schlaf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A J Cross
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wahrscheinlich in guter Position. Kann einen Sexualpartner haben, aber darauf dürfen Sie nicht zählen. Die meisten, aber keineswegs alle, sind vorbestraft. Ein gewisser Prozentsatz dieser Stalker beginnt seine Verbrecherlaufbahn als Vergewaltiger, aber auch weniger schwere Straftaten kommen infrage.«
    »Irgendwas, worauf wir uns verlassen können? Und warum heißt es immer nur ›er‹?« Das kam aus einem anderen Teil des Raums.
    Kate nickte. »Es gibt Fälle von weiblichen Stalkern. Aber der beutegierige Typ? Niemals. Darauf können Sie sich verlassen. Bis ein Ausnahmefall eintritt.«
    Sie betrachtete ihre Zuhörer. »Was ich Ihnen erzähle, könnte helfen, unseren Täter zu identifizieren. Ohne solche Hinweise wären Sie auf bloße Vermutungen angewiesen.«
    Sie trat an die Tafel, schrieb rasch etwas auf und drehte sich wieder um.
    »Wir suchen jemanden mit durchschnittlicher bis guter Intelligenz. Emotional cool, verschlossen. Sozial entfremdet. Jemand mit wenig Mitgefühl für die Schmerzen anderer, aber durchaus imstande, sie wahrzunehmen und zu genießen. Jemand, dem Intimität nicht leichtfällt. Ein Mann, der locker, sogar passiv wirken kann. Er hat ein üppiges Fantasieleben. Manchmal wirkt er vielleicht geistesabwesend, weil er irgendeinem Tagtraum nachhängt.«
    Wieder wurde auf Kosten eines der anwesenden Beamten gegrinst und leise gelacht.
    Kate wartete einige Sekunden lang. »Ich glaube, dass unser Täter alle diese Eigenschaften aufweist. Bei seiner Vernehmung dürfte sich herausstellen, wo der Grund für seine sadistische Wut liegt – in seiner Kindheit.« Aus dem Publikum kamen Gemurmel und einzelne Seufzer. »Ja, ich weiß. Immer zurück in die Kindheit. Aber so ist es tatsächlich oft. Was er getan hat und noch tut, hat nichts mit diesen jungen Frauen zu tun. Hier geht’s um eine lange zurückliegende Beziehung, die er als verwirrend oder lieblos empfunden hat, möglicherweise um eine Beziehung, die unstet oder manchmal für längere Zeit unterbrochen war.«
    Sie wartete erneut ein paar Sekunden, bis alle das Gesagte aufgenommen hatten.
    »Vermutlich würde es sich lohnen, ihm subtile Fragen zu seiner Kindheit zu stellen.« Sie sah sich in dem Raum um und entdeckte in den hinteren Reihen einige vertraute Gesichter: Al, Gus, »Sticky« Hemmings, Harry. Matt Prentiss. Was sie ausgeführt hatte, genügte vermutlich. »So, das war’s«, sagte sie ruhig.
    Kate blieb noch an der Tafel, während die meisten ihrer Zuhörer den Raum verließen. Sie nickte einigen Bekannten zu. Plötzlich tauchte Julian neben Harry Creed auf.
    »Hi, Julian, hab Sie gar nicht gesehen. Hi, Harry.«
    Harry gab keine Antwort. Er wirkte gedankenverloren, als er an ihr vorbei hinausging. Julian merkte, dass Kate ihm nachsah.
    »Furman will ihn sprechen.«
    Kate nickte, während sie sich fragte, ob das Objekt dieser Besprechung vielleicht neben ihr stand. »Gehen Sie zur KUF runter?«
    Als er nickte, gingen sie nebeneinander her.
    »Was Sie vorhin über eine Kindheitsbeziehung gesagt haben, die unstet und lieblos war … nun, das sind genau mein Dad und ich.«
    Sie sah zu ihm auf, als sie weitergingen, und machte sich bewusst, dass er trotz seiner wachen Intelligenz jung war und noch zu sich selbst finden musste. »Ja, Julian, das stimmt vielleicht. Aber ich bemerke an Ihnen keine der übrigen Eigenschaften, die ich erwähnt habe.« Kate lächelte ihn an. »Denken Sie daran, dass immer eine Kombination aus Faktoren vorliegen muss.« Sie sah nochmals in sein junges Gesicht auf und war davon überzeugt, dass Gander und Furman sich täuschten oder falsch informiert waren, wenn sie ihn irgendwie verdächtigten. Furman. Kates Misstrauen wurde erneut wach.
    Dann herrschte Schweigen zwischen ihnen, bis Julian kurz vor der Tür des KUF -Büros wieder sprach. »Ich kenne hier jemanden, dessen Vater abgehauen ist, bevor er eine Chance hatte, eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Dann ist seine Mutter gestorben.«
    »Schlimm. Wer ist das?«
    »Das sage ich lieber nicht. Er hat es mir im Vertrauen erzählt.«

62
    Früh am Freitagmorgen öffnete Maisie die Haustür, bevor der letzte Klingelton verhallt war. Sie hatte ihr üppiges Haar in der Mitte gescheitelt und trug die vorgeschriebene grüne Schuluniform, deren hochgerollter Rock von einem schmalen roten Ledergürtel gehalten wurde.
    »Hi, Joe! Komm rein«, sagte sie. »Mom? Joe ist da!«
    »Guten Morgen, Madeleine«, sagte er gespielt förmlich.
    »So darf mich keiner nennen«,

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