Kalter Schlaf - Roman
Leuten. Hat ihnen ein paar Denkanstöße gegeben. Vermute ich richtig, dass Sie wegen Malins’ Vernehmung anrufen?«
Sie nahm das Telefon in ihr Arbeitszimmer mit. »Ja. Lieutenant Corrigan hat mir eben davon erzählt.« Sie zögerte. »Ich bezweifle, dass Malins etwas mit Jodys Entführung und Ermordung zu tun hatte. Ich sehe ihn auch nicht als Mollys Entführer. Er entspricht einfach nicht dem Typ, nach dem wir fahnden.«
»Ich weiß, was Sie denken, Kate. Das lese ich in den Arbeitsberichten Ihrer beiden Kollegen.«
Kate wartete.
»Sie sehen bestimmt, wo die Schwierigkeit liegt«, fuhr Gander fort. »Darüber haben Sie in Ihrem Fernsehinterview gesprochen. Wir wissen, dass dieser Mann dort draußen unterwegs ist, und dürfen kein Risiko eingehen. Das Interview hat mir übrigens gefallen.«
Das war’s also, dachte Kate, als sie das Gespräch beendete. Sie ging wieder in die Diele, stellte das Telefon in die Ladestation und kehrte in die Küche zurück.
Sie stieß die Fenstertür in der Küche weit auf und trat in die Morgensonne hinaus. Wurde Malins wegen des Mordes an Jody verhaftet, war es nur eine Frage der Zeit, wann er auch für die früheren Entführungen verantwortlich gemacht wurde. Tunnelblick. Davor hatte sie sich von Anfang an gefürchtet.
Mit einer offenen Dose Katzenfutter in der Hand ging sie in den Garten und horchte auf den Klang einer winzigen Glocke. Während sie sich überlegte, dass der KUF jetzt wohl die Kontrolle über die Ermittlungen entglitten war, erreichte sie den rückwärtigen Zaun und drehte sich zu dem alten Haus um, das von der Morgensonne angestrahlt wurde. Das Erdgeschoss war mit Glyzinien überwuchert, deren zweite Blütezeit fast beendet war. Ein hübsches Bild, aber jetzt musste sie zusehen, dass sie in die Universität kam.
Kate ging zum Haus zurück und rief dabei Muggers Namen. Wo steckte er bloß? Als sie die Terrasse erreichte, blieb sie ruckartig stehen und starrte einen kleinen feuchten Fleck auf einer Fliese an. Ihr Herz jagte, als sie in die Hocke ging, um ihn genauer zu betrachten. Blut. Frisches Blut. Sie richtete sich auf und suchte die nähere Umgebung ab. Nichts. Sie stellte die Dose ab und machte sich daran, die Blumenbeete und Ziersträucher in der Nähe des Blutflecks abzusuchen. Als sie einen dicht mit dunkelroten Blüten besetzten Zweig eines alten Rosenstrauchs hochhob, schien darunter etwas zu liegen.
Dort liegt etwas. Irgendwas …
Als Kate eine Hand nach dem kleinen Gegenstand ausstreckte, glitt ihr der schwere Zweig aus der anderen Hand, sodass spitze Dornen ihr den Unterarm zerkratzten. Sie zog den Arm zurück, ohne darauf zu achten, dass aus zwei Kratzern Blut quoll. Sie starrte den Gegenstand in ihrer Hand an. Blauer Samt. Mit roten Flecken. Sie schüttelte ihn leicht. Ein leises Klimpern.
Kate steckte ihn in eine Tasche ihrer Jeans und hastete zum Wasserbottich. Sie schnappte sich die Gießkanne, füllte sie und spritzte damit die Fliesen ab. Sie wollte nicht, dass Maisie nach Hause kam und Blutspuren sah, die nur von Mugger stammen konnten.
Sie biss sich auf die Unterlippe, während sie sich fragte, was sie ihrer Tochter erzählen sollte.
»Ihre nächste Aufgabe besteht darin, die gesammelten Informationen zu ordnen und einen ersten Entwurf zu schreiben. Sie lassen sich damit, sagen wir mal, zehn Tage Zeit und legen ihn mir dann vor«, entschied Kate und trug das Datum in ihren Terminplaner ein, als das Tutorium zu Ende ging.
Sie sah zu Julian auf, der in ihrem Büro in der Uni stand: in ausgebeulter Jeans und einem weiteren T-Shirt der Grateful Dead, das seine Vorliebe für eine Band bekundete, die Jahre vor seiner Geburt aktiv gewesen war. Er stellte seinen Rucksack auf den Schreibtisch und packte einige von Kates Büchern ein.
»Wohin sind Sie jetzt unterwegs?«, fragte Kate, als er seine Baseballmütze aufsetzte, den Schirm nach hinten gedreht.
»Kadavercamp, dritter Tag«, antwortete er kurz, bevor er den Saft austrank, den Kate ihm hingestellt hatte.
Kate lief ein kalter Schauder über den Rücken, obwohl sie schon mehrmals gehört hatte, dass diese Einrichtung so genannt wurde. Zugang erhielten dort nur Studenten, die sich als besonders lerneifrig und geschickt erwiesen hatten und als emotional robust galten. Ihr fiel etwas ein. Konnte Gander beschließen, Julian den Zugang zu verweigern, weil er glaubte, er sei in Drogengeschichten verwickelt? Sie beobachtete, wie Julian den Rucksack über seine Schulter hängte, heute ohne
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