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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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antwortete Annika nicht.
    Polly schien gerne zu schreiben, wie ihre sieben Nachrichten zeigten. Annika fand Gedichte, Gedanken und Überlegungen über Suzette, die Schule und Jungs sowie das Leben im Großen und Ganzen. Sie las alles durch, dann schrieb sie eine Antwort.
    »Hallo Polly, was für schöne Gedichte und Aphorismen Du geschrieben hast. Danke, dass ich sie lesen durfte. Wenn Du Lust hast, etwas Längeres zu schreiben, kann ich Dir den Kurzgeschichtenwettbewerb für Jugendliche bis 18 empfehlen, den meine Zeitung im Moment veranstaltet. Wie ich sehe, hast Du nichts von Suzette gehört. Sollte sie sich melden, kannst Du mir gerne Bescheid geben.«
    Sie unterschrieb mit vollem Namen, um den professionellen Touch beizubehalten, hütete sich aber, ihre Handynummer anzugeben. Sie hatte keinen Bedarf an weiteren Beschimpfungen für ihren Mangel an Berufsethos oder Fragen nach Pop Idol -Karten.
    Gerade wollte sie den Computer ausschalten, als ihr Handy klingelte.
    Die Nummer des Anrufers war unterdrückt.
    »Annika? Hallo, hier ist Nina Hoffman.«
    Annika stand hastig auf und stieß sich den Kopf an der Küchenlampe.
    »Hallo«, sagte sie und rieb sich die beginnende Beule. »Hallo, Nina.«
    »Sie haben vor ein paar Tagen eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen. Es klang wichtig. Ist etwas passiert?«
    Mit einer Hand stoppte Annika die schwingende Deckenlampe. Ihr fiel die metallische Telefónica-Stimme wieder ein.
    »Ja, ich habe versucht, Sie anzurufen. Sind Sie kürzlich in Spanien gewesen?«
    »Äh, ja, ich war eine Woche auf Teneriffa im Urlaub, wieso?«
    »Ich habe Julia und Alexander besucht«, sagte Annika und ging in den Flur und hinüber in ihr Schlafzimmer. »Wir haben von Ihnen gesprochen, und Julia erzählte mir etwas, was ich noch nicht wusste.«
    Nina wartete ab.
    »Ach ja?«, sagte sie schließlich.
    Annika setzte sich aufs Bett.
    »Filip Andersson ist Ihr Bruder«, sagte sie und merkte, dass ihr Herz schneller schlug. »Warum haben Sie mir nichts gesagt?«
    »Was gesagt?«
    »Und Yvonne Nordin war Ihre Schwester. Warum haben Sie nichts gesagt?«
    »Finden Sie, dass ich Ihnen gegenüber auskunftspflichtig bin, was meine Familienverhältnisse angeht?«
    Annika versuchte, sich zu konzentrieren. Sie sah Nina in ihrer Uniform vor sich, das braune Haar in einem Pferdeschwanz zusammengefasst, gerade Schultern, gerade Bügelfalten, der Eindruck unterdrückter Explosivität, ihre effiziente Ruhe in der Nacht, als sie an den Tatort des Mordes in der Sankt Paulsgatan gestolpert waren.
    Annika, raus hier. 1617 an 70 , wir haben hier ein 23 alternativ 24 und brauchen Verstärkung, ich sehe zwei, korrigiere drei verletzte, möglicherweise tote Personen …
    »Wir haben doch so oft über diese Nacht gesprochen«, sagte Annika. »Ich habe über Filip Andersson geplappert, über den Mord und dass ich mir vorstellte, er könnte vielleicht unschuldig sein. Außerdem habe ich erzählt, wie er über David Lindholm dachte. Sie haben sich meine Überlegungen über Davids Frauen, unter anderem auch Yvonne Nordin, angehört, Sie haben mir sogar geholfen, ein Foto von ihr aufzutreiben – und die ganze Zeit erwähnen Sie mit keinem Wort, dass diese beiden Menschen Ihre Geschwister sind. Verstehen Sie nicht, wie seltsam das auf mich wirkt?«
    Nina schwieg eine Weile.
    »Hätten Sie es gesagt, wenn es um Ihre Geschwister gegangen wäre?«
    »Natürlich!«
    »Wenn Sie in Ihrem privaten Umfeld jemand hätten, der kriminell ist, oder wenn Sie selbst straffällig geworden wären, dann hätten Sie mir das sofort gesagt?«
    »Ganz sicher.«
    »Sie haben doch selbst einen Menschen getötet. Warum haben Sie das nicht gesagt?«
    Nun verstummte Annika.
    »Das gehört jetzt wohl nicht hierher«, sagte sie schließlich.
    »Doch, genauso wie es hierhergehört, dass meine Geschwister Kriminelle sind.«
    Eine Weile blieb es still.
    »Aber das verändert alles«, wandte Annika ein. »Es fühlt sich so an, als hätten Sie mich die ganze Zeit belogen.«
    »Das habe ich nicht«, sagte Nina. »Ich habe Sie nie angelogen.«
    »Sie müssen doch zum Beispiel gewusst haben, dass David und Filip sich kannten. Wie lange denn schon?«
    Nina stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus.
    »Sie sind zusammen aufgewachsen«, sagte sie. »David, Filip, Yvonne und die kleine Veronica waren füreinander wie Geschwister, viel mehr, als mein Bruder und meine Schwester es jemals für mich waren.«
    Annika kniff die Augen zu und versuchte, die

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