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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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weiter durch verlassene Gänge, vorbei an der unbesetzten Passkontrolle zur Gepäckausgabe. Sie musste über eine Stunde auf ihre Tasche warten.
    Es war dunkel, bis sie sich durch die Ankunftshalle gedrängelt hatte. Ruhelose Schneeflocken tanzten durch die Luft, unentschlossen, ob sie steigen oder fallen sollten. Taxifahrer verschiedener Privatunternehmen stürzten sich auf sie und wollten ihre Tasche an sich reißen, aber sie fauchte sie an und schleppte ihr Gepäck weiter zu einem Wagen von Taxi Stockholm. Im Laufe der Jahre war sie in dem Bemühen, freigeistig und liberal zu sein, mit allen möglichen obskuren Taxiunternehmen gefahren, aber irgendwann war sie einmal zu oft ausgeschimpft und rausgeworfen worden, nur weil sie mit Karte bezahlen wollte oder den Weg zum Fahrziel nicht erklären konnte. Da hatte sie es aufgegeben.
    Der Fahrer von Taxi Stockholm nahm ihr die Tasche ab, öffnete die Tür und sagte dann kein Wort mehr. Perfekt.
    Auf dem Rücksitz versuchte sie, die aktuelle Ausgabe des Abendblatts zu lesen, aber ihr wurde schlecht, und sie musste den Versuch einstellen.
    Um fünf Uhr am Nachmittag schloss sie die Tür zu ihrer Wohnung mit den unausgepackten Umzugskisten auf. Die Räume empfingen sie groß und schwarz, irgendwo säuselte leise eine Lüftung.
    Sie ließ Reisetasche und Umhängetasche auf den Boden fallen und machte schnell in der ganzen Wohnung Licht. In jedem Fenster begegnete sie ihrem Spiegelbild, einer hohläugigen Frau mit ungeschnittenem Haar und zu dünnen Armen.
    Sie wandte sich von ihren Ichs ab, warf sich aufs Bett und langte nach dem Telefon. Sie tippte die Durchwahl des Nachrichtenchefs und seufzte schwer, als sich Patrik meldete.
    »Ich dachte, Sjölander arbeitet heute«, sagte Annika. »Hast du nicht eigentlich frei?«
    »Ich mach hier nur ein bisschen Ordnung«, sagte Patrik. »Was hast du abzuliefern?«
    Sie schloss die Augen und stützte die Stirn in die Handfläche.
    »Ich habe den ganzen Tag im Flugzeug gesessen und bin vor drei Minuten nach Hause gekommen. Was habe ich da wohl abzuliefern?«
    »Die Suche nach Suzette, du kannst doch wohl checken, ob sich da was getan hat? Gibt es neue Erkenntnisse, woran die Einbrecher gestorben sind? Ein Bild von Mama, wie sie mit einem Kuscheltier im Arm auf dem Bett ihrer verschwundenen Tochter sitzt?«
    Ihre Müdigkeit wich der Wut. Sie stand auf und stellte sich neben ihr Bett, den Telefonapparat in der einen, den Hörer in der anderen Hand.
    »Heute Morgen um vier habe ich zur Festnahme eines schwedischen Bürgers bei einer Drogenrazzia in San Pedro, Kommune Marbella, Text und Fotos geschickt. Ich bin der Meinung, dass ich für heute meine Quote exklusiver Auslandsberichte erfüllt habe. Und wenn du glaubst, dass dein neuer Job dich dazu berechtigt, mit mir wie mit einer neunzehnjährigen Praktikantin umzuspringen, dann hast du dich geschnitten.«
    Es wurde still in der Leitung.
    »Hallo?«, sagte Annika.
    »Nur, dass du Bescheid weißt«, sagte Patrik mit triumphierender Stimme, »ich habe auf Lautsprecher umgestellt.«
    »Klasse«, sagte Annika, »dann können sich deine Kumpels auch gleich notieren, dass ich mir die nächste Woche freinehme. Ich habe fünf Tage am Stück rund um die Uhr gearbeitet. Ich komme am Montag vorbei, um meine Reisekostenabrechnung abzugeben.«
    »Was denn für eine Reisekostenabrechnung? Das Ticket war doch wohl bezahlt, oder?«
    »Leck mich«, sagte Annika und legte auf.
    Sie sank auf dem Bett zusammen, hob die Zeitungen vom Boden auf und lehnte sich in die Kissen, um zu lesen.
    Die Sache mit der Razzia war drin. Wahrscheinlich nicht in den Lokalausgaben, aber laut Niklas Linde spielte das keine Rolle.
    Sie betrachtete die Fotos. Richtig dramatisch.
    Die beiden uniformierten Polizisten liefen durch den Vordergrund, die Reflexstreifen an ihren Jacken leuchteten im Blitzlicht wie Laser. Der Schwede zappelte mit Armen und Beinen und verlieh seinem Protest deutlichen Ausdruck, sein Gesicht war einigermaßen unkenntlich. Niklas Linde hatte den Kopf abgewandt und war, wie gewünscht, nicht zu identifizieren.
    Der Text war kurz und knapp und hatte zum Inhalt, dass die spanische Polizei einen Kokainschmugglerring hochgenommen hatte, der von der Costa del Sol aus in ganz Nordeuropa operierte. Annika hatte die Fakten über die Beschlagnahmung in La Campana aufgelistet: siebenhundert Kilo Kokain, gefunden in einem Warenlager, Melonen aus Brasilien, die Festnahme in der vergangenen Nacht als die letzte von

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