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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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eine Insel im Stress. Den Leo hatte er im Büro zurückgelassen, eingedeckt mit sämtlichen Daten und möglichen Verknüpfungen, die sich rund um die tote Suse plötzlich aufgetan hatten. Der recherchierte gerade mittels Mausklick in einer Minute mehr als er, Pestallozzi, früher an einem ganzen Tag zuwege gebracht hatte durch mühsames Nachfragen, Telefonieren, von Tür zu Tür gehen, die alten Methoden halt. Die überholten Methoden, mit denen man im vergangenen Jahrhundert vielleicht bei der Fahndung nach einem Hühnerdieb Erfolg gehabt hatte! So hatte sich der Woratschek doch über ihn lustig gemacht. Dieser Woratschek, der ihm wie eine Laus im Nacken saß. Und plötzlich hatte er es in seinem Büro nicht mehr ausgehalten, er fiel dem Leo sowieso nur lästig mit seiner Ungeduld. Mit seinem ewigen »Na, hast schon was gefunden?« Dabei gab der Kerl wirklich sein Bestes und war ein so loyaler und feiner Kollege, wie man ihn sich nur wünschen konnte. Also hatte er sich ins Auto gesetzt und war hinaus zum Krinzinger gefahren, um ihm vom Ermittlungsstand im Fall Susanne Kajewski zu berichten. Dem ging der Mord an der Suse sichtlich an die Nieren. Irgendwie erinnerte ihn der tollpatschige Krinzinger, über den sich alle lustig machten und den alle unterschätzten, an einen Hirten, der seine Herde zu beschützen versuchte. Und irgendetwas hatte er auf dem Herzen. Einen Verdacht? Wegen der Suse? Oder wegen der Agota? Einmal hatte er schon geglaubt, dass der Krinzinger damit herausrücken würde, aber dann war der nur aufgestanden und hatte das Fenster gekippt, sonst hätte sie beide noch der Hitzschlag getroffen. Ein Auto fuhr gerade vorbei, man hörte die Schneeketten rasseln. Dann war es wieder still.
    »Also für den Loibner leg ich meine Hand ins Feuer«, sagte der Krinzinger endlich. »Aber ich werd natürlich ein Auge auf ihn haben. Der entwischt uns schon nicht.«
    Pestallozzi nickte zustimmend. »Und dampft uns nicht ab nach Jamaika.«
    Sie mussten beide grinsen.
    »Dort wollt ich immer hin, früher. Oder nach Hawaii«, sagte der Krinzinger, »wo der Detektiv mit dem Schnauzbart in diesem roten Superschlitten herumgefahren ist und lauter Schönheitsköniginnen hat beschatten müssen.«
    »Magnum«, sagte Pestallozzi.
    Krinzinger strahlte erfreut. Endlich einer, der ihn verstand. Seine Frau hatte immer nur mit den Augen gerollt, wenn er ihr von Magnum erzählt hatte. Und dass der schuld daran war, dass er, Gottfried Krinzinger, zur Polizei gegangen war. Aber er erzählte ihr eh schon lang nix mehr.
    »Das waren noch Zeiten«, sagte Krinzinger versonnen.
    Pestallozzi nickte.
    »Wie man noch Aschanti gesagt hat statt Erdnüsse.«
    »Oder Ananas statt Erdbeeren.«
    »Oder Jugoslawien statt Serbien und Kroatien und Bosnien.«
    »Genau.«
    Auf der Straße hörte man Kinder lachen. 14.00 Uhr, die Schule war aus, und ganz offenkundig war eine Schneeballschlacht im Gang. Geschosse prallten dumpf gegen Anoraks und Kühlerhauben, Mädchen kreischten. Krinzinger schüttelte pflichtschuldigst den Kopf, aber man sah ihm an, dass er nicht ungern mitgemacht hätte. Dann entfernten sich die Stimmen wieder. Hoffentlich bleiben sie auf der Straße und laufen nicht ins Wäldchen oder runter zum See, dachte Pestallozzi. Denn man kann einfach nicht sicher sein, ob nicht noch ein …
    Krinzinger räusperte sich. »Habt’s schon eine Spur wegen der Nonne?«
    Pestallozzi senkte den Blick auf seine Hände, es wirkte wie ein Schuldeingeständnis. »Noch immer nichts. Wir tappen da echt im Dunkeln. Der Fall ist aber auch so verdammt … so verflucht … so …« Er schwieg hilflos, dann blickte er wieder hoch. »Es war auch gar keine Nonne.«
    »Na ja, ich mein halt die, die wir im Wald gefunden haben. Die, die untenherum …« Krinzinger verstummte. »Das möcht man sich gar nicht vorstellen, wie das sein muss, in so einem Körper zu stecken«, sagte er nach einer Pause. Sie sahen sich nicht an.
    »Magst noch einen Tee?«, fragte Krinzinger.
    Aber Pestallozzi schüttelte nur den Kopf. »Wie schaut’s denn jetzt aus mit diesem Schwarzarabien-Projekt? Wird das Hotel gebaut? Und hat der Turnauer den Zuschlag bekommen?«
    Krinzinger zuckte mit den Achseln. »Das steht noch immer in den Sternen. Der Turnauer soll schon ganz fuchsteufelswild sein, hab ich gehört. Der hat selber ordentlich vorinvestiert und Reklame gemacht, und jetzt heizen ihm die anderen ein. Angeblich hat sogar der Bürgermeister Geld drin stecken. Und in so einem

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