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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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besprach sie sich via Headset offenbar mit der Sekretärin vom Chef. Das Ergebnis überraschte ihn nicht. Sie lächelte ihn wieder an. »Herr Diplomingenieur Turnauer lässt bitten. Im zweiten Stock, der Aufzug ist gleich dort drüben.«
    »Danke.«
    Er schwebte in einer gläsernen Kabine in den zweiten Stock. Dort wurde er bereits erwartet, allerdings von einem jungen Mann statt von einer Frau. Pestallozzi registrierte es mit leiser Überraschung und Beschämung zugleich. Immer diese alteingefahrenen Muster und Erwartungen, die man einfach nicht aus dem Kopf bekam, auch wenn man sich noch so große Mühe gab.
    »Hannes Fraunschuh, guten Tag. Ich bin der persönliche Assistent von Herrn Diplomingenieur Turnauer. Darf ich Sie bitten, weiterzukommen«, sagte der junge Mann. Seine Stimme klang nach guter Familie und teurer Schule, seine Schuhe waren handgenähte Budapester, das fiel Pestallozzi sofort ins Auge, als er dem persönlichen Assistenten vom Herrn Diplomingenieur folgte. Gut, dass Leo nicht dabei war, der hätte wieder mit den Augen gerollt und merkwürdige Geräusche von sich gegeben. Hannes Fraunschuh klopfte an eine Tür, die bereits offenstand, und machte eine einladende Bewegung, dann verschwand er lautlos.
    Nikolaus Turnauer stand am Fenster, mit dem Rücken zum Raum, und telefonierte. Nun wandte er sich um und winkte Pestallozzi lässig zu. Er deutete auf eine schwarze Ledersitzgruppe, aber Pestallozzi blieb ungerührt stehen. »Du, ich muss jetzt aufhören«, sagte Turnauer. »Wir sehen uns dann später, ja? Bussi, baba.« Er steckte das Handy in seine Sakkotasche und kam mit ausgestreckter Hand auf Pestallozzi zu. »Herr Pestallozzi, nicht wahr? Chefinspektor, wenn ich meinen Assistenten richtig verstanden habe. Das ist ja eine Überraschung! Was kann ich für Sie tun?« Er deutete erneut auf die Sitzgruppe, und sie nahmen beide Platz.
    »Ich bin leider sehr in Eile«, sagte Turnauer. »Also was darf’s sein, Herr Chefinspektor? Wollen Sie vielleicht bauen? Oder sich eine Immobilie zulegen? Wir planen gerade ein Projekt drüben am Mondsee, erstklassige Lage. Die Maisonetten sind zwar schon alle weg, aber ein paar von den kleineren Einheiten wären noch zu haben. Ab 500.000 sind Sie dabei.« Turnauer räkelte sich im Lederfauteuil und zwinkerte seinem Besucher zu. Den Grimm und den Neid im Gesicht von kleinen Staatsbeamten zu sehen, war immer ein besonderer Spaß.
    »Vielleicht ist es Ihnen ja entgangen, Herr Diplomingenieur Turnauer«, sagte Pestallozzi, er sprach betont leise und höflich, »da Sie ein so vielbeschäftigter Mann sind. Aber es hat hier in der allernächsten Umgebung zwei Morde gegeben. Deswegen bin ich hier. Und nicht, um mir eine Maisonette zuzulegen.«
    Das Grinsen verschwand aus Turnauers Gesicht. »Natürlich weiß ich davon. Allerdings wüsste ich beim besten Willen nicht, weshalb Sie in dieser Angelegenheit zu mir kommen, Herr … Herr Pestallozzi. Ich habe in der Zeitung davon gelesen, man bekommt das ja mit, aber beide Opfer sind mir gänzlich unbekannt. Deshalb …«
    »Auch Susanne Kajewski? Die hat immerhin im Café an der Tankstelle gearbeitet! Es würde mich doch wundern, wenn Sie da nie …«
    »Jaja, kann schon sein. So eine dralle, kleine Blonde, oder? Mit diesem furchtbaren Akzent, doch, an die kann ich mich erinnern. Aber es ist mir noch immer nicht klar, weshalb Sie zu mir kommen.«
    »Wir fragen eben nach. Da und dort.« Pestallozzi sah sich in dem großzügigen Raum mit den Glasfronten um, durch die das graue Licht der Dämmerung sickerte. Im Sommer musste es hier so luftig und strahlend hell wie in einem Cockpit sein. In der Ecke gegenüber stand ein penibel aufgeräumter Schreibtisch, nur ein Notebook war aufgeklappt, und eine Telefonanlage blinkte. Eine Installation aus silbernem Draht war der einzige Schmuck in diesem Büro, in das der Mann im Lederfauteuil ganz vorzüglich passte mit seinem anthrazitglänzenden Anzug und dem gegelten Haar, das sich im Nacken kringelte, mit der nonchalanten Art, mit der er nun gerade seine Fingernägel betrachtete. Ein glitschiger Fisch, den man nur schwer zu fassen bekam.
    »Wie weit ist eigentlich das Hotelprojekt gediehen, das in der Gemeindeversammlung besprochen wurde?«, fragte Pestallozzi.
    »Ahhh, daher kenne ich Sie! Sie sind neben dem Krinzinger gesessen, stimmt’s?« Turnauer begann zu strahlen, als ob er einen alten Schulfreund ganz unverhofft wiedergetroffen hätte. »Wusste ich’s doch, dass mir Ihr

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