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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Hätschfonds, den ihm der Turnauer eingeredet hat. Na ja, unsereins kommt da gar nicht erst in Versuchung. Mit meinem Sparbuch wischt sich der Turnauer den Hintern ab.«
    Sie nickten beide. Der Tee war ausgetrunken, nur ein paar Kürbiskerne und Kekskrümel lagen noch auf dem Teller aus Gmundner Keramik. Pestallozzi erhob sich. »Diese Pause hat mir wirklich gutgetan, dank dir, Friedl.«
    »Fahrst zurück nach Salzburg?«
    Pestallozzi holte sein Handy hervor, warf einen Blick darauf und schüttelte den Kopf. »Der Leo hat sich noch nicht gemeldet, ich lass den lieber in Ruhe arbeiten. Aber ich würde gern einmal bei diesem Turnauer vorbeischauen. Wo find ich den?«
    Krinzinger stand ebenfalls eilfertig auf. »Um die Zeit erwischst ihn vielleicht noch im Büro, nachher ist er dann immer im Stamperl anzutreffen. Einfach am Shoppingcenter an der Bundesstraße vorbei und dann der Glaswürfel gleich rechts. Den kannst gar nicht übersehen.«
    Pestallozzi trat hinaus in den klaren Winternachmittag und winkte zurück, Krinzinger salutierte zum Abschied. »Gruß an den Leo«, rief er noch, dann wurde die Tür sorgfältig geschlossen. Krinzinger hatte es gern hawaiianisch warm im Büro.
    Wie hässlich die Welt allmählich wird, dachte Pestallozzi, als er langsam Richtung Ischl fuhr. Sogar hier in dieser wunderschönen Landschaft. Aber die Outletcenter und Shoppingmalls wurden eben gnadenlos auch mitten in die idyllischen Täler gepflanzt, und vielleicht war das ja nur gerecht. Warum sollten bloß die Städte im Beton versinken? Baumärkte und Matratzenlager, Schuhdiskonter und Blumengroßhändler, Drive-In-Schnellimbisse und Tankstellen. An der Bundesstraße sah es längst aus wie in einem dieser Filme, in denen ein Gangsterpärchen auf der Flucht nach einem Bankraub quer durch ein trostloses Amerika fuhr. Was hätte er jetzt dafür gegeben, in einem Bankraub ermitteln zu dürfen und nicht ratlos auf schneeglatten Fahrbahnen durchs Salzkammergut schlittern zu müssen. Und immer so zu tun, als ob er die Weisheit mit dem Löffel gefressen und insgeheim schon längst den Mörder im Visier hätte. Denn das glaubten seine getreuen Kollegen im Präsidium natürlich von ihm. Und die andere Hälfte lauerte darauf, dass er endlich einmal auf die Schnauze fallen würde, dieser ewig coole Pestallozzi mit seinem Schweizer Vater, der in Wirklichkeit nur ein italienischer Buschauffeur gewesen war. Dem ein paar Ermittlungserfolge gelungen waren, die reines Glück gewesen waren und sonst gar nichts. Denn so redete man hinter seinem Rücken, er wusste es wohl.
    Die Dämmerung wallte wie ein dunkelvioletter Schleier von den Hängen herab. Erste Leuchtreklamen flammten auf, der Nachmittagsverkehr hatte eingesetzt. Die Pendler fuhren von Bad Ischl nach Salzburg. Oder von Salzburg nach Bad Ischl. Und jedes Mal war es ein weiter Weg, fast eine Stunde, zweimal am Tag. Viel zu oft nickte einer hinterm Steuer ein oder ließ sich vor lauter Ungeduld zu einem Überholmanöver verleiten, das dann fatal endete – für ihn und die Entgegenkommenden. Das war auch eine Seite vom Leben auf dem Land.
    Krinzinger hatte recht gehabt, der gläserne Würfel gleich nach dem Shoppingcenter war nicht zu übersehen. Kresnik & Turnauer stand in lagunengrüner Neonschrift quer über der schimmernden Fassade. Auf dem Platz davor parkten geschätzte 50 Autos, mindestens. Die Belegschaft war also nicht im Stamperl und der Chef hoffentlich auch noch nicht. Drei der Abstellplätze waren mit einem Vordach versehen, zwei davon waren besetzt. Ein roter Golf und ein schwarzer BMW flankierten die Lücke in der Mitte. Verdammt, ich hätte fragen sollen, ob der alte Kresnik noch im Geschäft ist, dachte Pestallozzi. Dieser Schwiegervater vom Turnauer. Oder ob der schon alles übergeben hat. Ein bauernschlauer Baumeister und ein geschniegelter Schwiegersohn, der sich das einzige Töchterl geangelt hatte, das klang nach Zoff, nicht nur in den Fernsehschnulzen.
    Er betrat die Eingangshalle, die bis zum Dach hinauf offen war, Grünpflanzen in riesigen Kübeln schufen eine Atmosphäre wie im Palmenhaus. Hinter einem Tresen aus Chrom und Glas saß eine junge Frau und lächelte ihm entgegen. Pestallozzi lächelte zurück.
    »Guten Tag, Chefinspektor Pestallozzi aus Salzburg. Ich hätte gern Herrn Turnauer gesprochen.«
    »Haben Sie einen Termin?«
    Er schüttelte nur den Kopf. Diese Floskel hing ihm einfach zum Hals heraus. Die junge Frau tippte auf der Computertastatur herum, dann

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