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Kalter Zwilling

Kalter Zwilling

Titel: Kalter Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Shepherd
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wie sein Herz einen Satz gemacht hatte, als er begriff, dass er den ihm körperlich weit überlegenen Mann in dieser gebückten Haltung überwältigen könnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch nie einen Menschen getötet.
    Der Schmied war ein Hüne, eigentlich viel zu groß für den ersten Versuch. In seiner Fantasie hatte August sich ausgemalt, ein Kind oder eine Frau zu töten - an einen ausgewachsenen Mann hatte er nie gedacht. Doch der Schmied kniete in Gedanken versunken vor dem Loch und wühlte mit den Händen im Dreck. August konnte sich diese Gelegenheit auf keinen Fall entgehen lassen.
    Es war erschreckend leicht gewesen, ihm die Schlinge um den Hals zu legen. Nicht, dass August Angst verspürt hätte, nur hatte er bis zu jener Nacht geglaubt, dass jeder Mensch über einen lebensrettenden Instinkt verfügte. Doch Matthias Honrath besaß ganz offenbar keinerlei innere Stimme, die ihn warnen konnte. Erst als der Strick ihm die Luft abschnürte, begann er, sich zu wehren. August spürte die Erregung bei der Erinnerung in sich aufsteigen. Er war so sehr mit seiner Blutgier beschäftigt gewesen, dass ihm bisher nie der Gedanke gekommen war, was der Schmied eigentlich mitten in der Nacht im Wald gesucht hatte.
    Nachdem das Leben aus Matthias Honraths Körper gewichen war und seine Augen stumpf ins Leere blickten, hatte August minutenlang neben der Leiche gesessen und sie angestarrt. Dann hatte er sie mit Mühe auf den Holzkarren gehievt, auf welchem der Schmied seine Werkzeuge transportierte, und wenige Meter entfernt unter einer anderen Kastanie abgelegt.
    August hatte überlegt, den toten Körper weiter wegzuschaffen, vielleicht sogar bis nach Stürzelberg, doch die Leiche war unglaublich schwer. Ihm war schnell klar geworden, dass er körperlich nicht in der Lage war, den mächtigen Schmied über große Entfernungen über den holprigen Waldboden zu karren. Also hatte er ihn einfach abgelegt, auf die Seite gedreht und war zu dem Baum zurückgekehrt, unter welchem er ihm das Leben genommen hatte. Völlig verschwitzt und außer Atem hatte er die Werkzeuge verscharrt und das große Loch im Boden zugeschüttet, das Matthias Honrath mit bloßen Händen ausgehoben hatte.
    Erst jetzt, als August im Holzverschlag am Krötschenturm inmitten von Goldgulden saß, begann er zu verstehen. Im Wald musste es noch mehr von diesen Münzen geben!
     
     
    ...
     
     
    Pfarrer Johannes betrachtete den wertvollen Umhang. Der Stoff war aus kostbarem Garn gewoben und kunstvoll mit Kreuzen verziert. »Die Männer des Erzbischofs tragen solche Kutten.« Johannes mochte sich die Folgen dieser Erkenntnis gar nicht ausmalen. Das dunkle Kellergewölbe des Klosters Brauweiler, in dem sie sich noch immer befanden, verstärkte seine düstere Stimmung. Die Schmiedeöfen zischten und der Dampf, der aus ihren Rohren aufstieg, erinnerte Johannes plötzlich an den Vorhof zur Hölle.
    Bastian fuhr mit den Händen über den feinen Stoff. Er glitt fast so leicht wie Seide durch seine Finger. Kein einfacher Bauer oder Handwerker könnte sich ein solches Gewand leisten.
    »Ihr glaubt, der Erzbischof Hermann von Hessen hat diesen Gauner geschickt?«
    Bruder Anselmus griff sich an den duftenden Kräuterverband, der mittlerweile heilend über seiner Halswunde lag, und holte tief Luft. »Freunde, lasst uns nicht übertreiben. Warum sollte der Erzbischof seine Häscher auf uns hetzen?« Seine Stimme klang schwach, aber immerhin hatte er die Attacke mit dem Pfeil überlebt. Das Gift, welches an der Pfeilspitze klebte, war nicht stark genug gewesen, um ihn zu töten und so war Bruder Anselmus nach kurzer Ohnmacht wieder zu sich gekommen. Der Heilkundige des Klosters hatte sich seiner sofort angenommen und ihn versorgt.
    »Weil er hinter diesen Münzfälschungen steckt.« Johannes hatte keine andere Erklärung. Doch Anselmus widersprach ihm: »Habt Ihr mir nicht selbst erzählt, dass die Bruderschaft dahinterstecken könnte?«
    Bastian nickte. »Reinhold Nolden, der Bruderälteste, hat sich uns in den Weg gestellt, als wir den buckligen Gilig verfolgt haben.«
    »Warum habt Ihr ihn nicht befragt?«
    »Wir hatten noch keinen Anlass. Erst durch Euch wissen wir von den Münzfälschungen und außerdem waren wir auf der Suche nach einem Mörder«, erwiderte Bastian. Insgeheim ärgerte er sich. Die Fragen von Bruder Anselmus waren berechtigt. Wäre die alte Jonata damals nicht mit der Nachricht über den Tod des Bettelweibes dazwischengeplatzt, hätte er Reinhold

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