Kalter Zwilling
erfolgreichen Geburt des Kindes. Alles Weitere erfolgt dann bei den Kinderärzten.«
Diese Information genügte Oliver fürs Erste. Er bedankte sich bei dem Arzt und verließ hastig die Klinik.
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XI.
Vor fünfhundert Jahren
Das Kloster Brauweiler erhob sich anmutig vor ihren Augen. Bastian Mühlenberg und Pfarrer Johannes zügelten die Pferde und genossen den Anblick. Die Herbstsonne gab dem kalten Stein eine übernatürliche Wärme und die von buntem Laub verfärbten Bäume vor der Abtei verliehen diesem Ort einen Zauber, der nur von Gott selbst kommen konnte. Zwei mächtige Türme ragten rechts und links des Haupthauses empor und ließen keinen Zweifel an der Bestimmung dieses Gemäuers. Das Kloster Brauweiler stellte seit mehr als 100 Jahren den Pfarrer für Zons. Auch Johannes war hier aufgewachsen und hatte in diesen Mauern zu Gott gefunden. Mühsam hievte er sich jetzt vom Pferd. Wie lange war er nicht mehr hier gewesen? Es mussten Jahre sein.
Das schwere Holztor öffnete sich knarrend. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis die Flügel endlich einen Spalt in der Mitte freigaben. Ein rundlicher Mönch erschien in der Toröffnung und musterte die Besucher prüfend. Als er Pfarrer Johannes erkannte, erhellte sich seine Miene.
»Da seid Ihr ja endlich! Ich habe Eure Nachricht bekommen und konnte es kaum erwarten, Euch zu sehen.« Der Mönch stürzte Pfarrer Johannes zu. Beide umarmten sich heftig.
Johannes war sichtlich gerührt. »Bruder Anselmus, Ihr habt Euch nicht verändert.« Johannes lachte und deutete auf den Bauch des Mönches. »Die Klosterküche scheint Euch immer noch zu schmecken!«
»Richtig, aber Euch scheint es auch nicht schlecht zu ergehen. Obwohl ich den Eindruck habe, dass die Zonser Köche noch nachlegen könnten!« Die beiden brachen in schallendes Gelächter aus und Bastian fühlte sich schon fast unsichtbar.
»Bruder Anselmus«, Johannes legte einen Arm um Bastians Schulter, »dies hier ist mein junger Freund, Bastian Mühlenberg. Ein sehr gelehriger Bursche und schlauer Kopf.«
Anselmus begrüßte Bastian mit einer festen Umarmung und führte seine Gäste in das Klosterinnere. Ein gepflegter, kreuzartig angelegter Garten gab dem Innenhof eine lebendige Atmosphäre. Es duftete nach frischen Kräutern und aus der Kapelle drang Mönchsgesang. Bruder Anselmus durchquerte mit schnellen Schritten den Hof und führte sie durch eine mit aufwändigen Schnitzereien verzierte Pforte. Durch schmale und verwinkelte Gänge gelangten alle drei schließlich in eine große Halle. Dampf waberte durch den Raum. Mehrere Öfen glühten, darauf standen Kessel mit brodelnder Flüssigkeit. Bastian hielt die Luft an. Der stechende Geruch war kaum zu ertragen und trieb ihm Tränen in die Augen.
»Willkommen in meinen Arbeitsgemächern.« Bruder Anselmus schien der Qualm nichts auszumachen. Seine Augen leuchteten freudig. Er stellte drei Becher auf einen Holztisch und goss purpurroten Wein ein. »Zur Stärkung! Bevor wir uns mit den Münzen beschäftigen.« Er hob den Becher an und trank gierig mit großen Schlucken.
Bastian nippte an seinem Wein, während er sich umschaute. Überall standen eigentümlich geformte Gefäße aus Holz oder Glas herum. Zangen und Eisenstäbe hingen an den Wänden und erweckten den Anschein einer Folterkammer. Dies musste die Werkstatt eines Alchemisten sein, durchfuhr es Bastian. Warum war er nicht sofort darauf gekommen. Er holte den Lederbeutel mit den Münzen unter seinem Wams hervor und ließ die goldenen und silbernen Geldstücke über den Holztisch rollen. Bruder Anselmus griff nach einem Goldgulden und inspizierte ihn kritisch.
»Die Prägung ist nicht gut ausgeführt«, stellte er nüchtern fest. »Lasst uns sehen, was alles in dieser Münze steckt.« Er drehte sich um und nahm ein gläsernes Gefäß mit Flüssigkeit aus einem hölzernen Regal. »Dies hier ist Trennwasser«, erklärte er, während er sich an verschiedenen Apparaturen zu schaffen machte. »Es trennt das Gold aus der Münze heraus.«
Bastian runzelte erstaunt die Stirn. Wie sollte das funktionieren? Er kannte die Arbeit des Schmiedes und wusste, dass Bronze, Eisen, Gold oder Silber bei verschiedenen Temperaturen schmolzen und dann bearbeitet werden konnten. Er hatte allerdings noch nie gesehen, wie miteinander verschmolzene Metalle wieder getrennt wurden.
»Seid vorsichtig!«, warnte der Mönch. »In diesem Gefäß ist Säure. Ihr dürft die Flüssigkeit nicht in Eure Augen oder
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