Kalter Zwilling
sperrten den Buckligen in der Speisekammer ein, damit er ihnen bei der Durchsuchung nicht in die Quere kam. Giligs Heim war arg in die Jahre gekommen und der Herbstwind blies durch die zugigen Ritzen. Offensichtlich hatte er sich mit dem Erhalt seiner Hütte keine besondere Mühe gegeben. Auf der Feuerstelle häufte sich die Asche des letzten Winters. Es roch muffig und überall lag Dreck. Nachdem sie den oberen Teil des Hauses abgesucht hatten, nahmen sie sich den feuchten Keller vor. Die Fackel spendete nur spärliches Licht. Mitten im Raum stießen sie auf die Säcke mit den Gold- und Silbergulden. Bastian konnte es nicht fassen. Gilig hatte sie tatsächlich an der Nase herumgeführt. Wie hatte er sich nur so in ihm täuschen können!
Direkt neben den Säcken lag ein blutverschmierter Hammer. Wernhart hob ihn auf und ging nach oben, um ihn bei Tageslicht betrachten zu können.
»Der Hammer ist voller Blut und ein Büschel schwarzer Haare klebt am Schaft.«
»Der Schmied hatte schwarze Haare.« Bastian stieg die Stufen vom Keller empor und hielt Wernhart einen verbrannten Stoffrest unter die Nase. »Das stammt vom alten Bettelweib! Ich erinnere mich genau an den groben Stoff, den sie auf dem Leib trug.«
Wernhart stieg die Zornesröte ins Gesicht. »Der Bucklige hat uns belogen!« Er riss die Tür der Speisekammer auf und zerrte Gilig grob heraus.
»Ihr gesteht jetzt auf der Stelle!« Drohend hielt Wernhart ihm eine Klinge an die Kehle. Der Bucklige wand sich wie ein Wurm.
»Ich weiß nicht, wo die Dinge herkommen. Ich war das nicht!«
Irgendetwas an Giligs Tonfall ließ Bastian aufhorchen: Seine Beteuerungen klangen ehrlich. Außerdem erkannte Bastian kein Motiv. Die Münzen hätte Gilig jederzeit entwenden können. Warum sollte er den Schmied erschlagen? Oder hatte der Bucklige es auf etwas ganz anderes abgesehen? Er war schon immer ein merkwürdiger Einzelgänger gewesen. In seinem Gesicht konnte Bastian sehen, dass seine Gedanken oft quer saßen. Vielleicht war er einfach verrückt!
Die Beweislast jedenfalls war erdrückend.
»Gilig Ückerhoven, ich sperre Euch in den Juddeturm. Ihr seid des Mordes an zwei Menschen verdächtig und seid in die Münzfälscherei verwickelt. Das Schöffengericht wird über Eure Schuld urteilen!« Bastian packte Gilig an den Schultern und zog ihn auf die Straße hinaus. Vor dem Haus hatte sich bereits eine Menschentraube gebildet, die mit neugierigen Blicken das Geschehen verfolgte.
Wernhart lief voran in Richtung Juddeturm und teilte die Menschenmenge, die immer größer wurde. Einige beschimpften Gilig und spuckten ihn an.
»Beruhigt Euch!«, rief Wernhart in die Menschenmasse hinein. Doch das Gedränge wurde immer dichter. Gilig weinte und lief mit eingezogenem Kopf vor Bastian her, wobei er die Hände schützend vor sich hielt. Ein aufgebrachter Mann holte aus und traf den Buckligen mit der Faust. Schon griffen weitere Hände nach Gilig und versuchten ihn, auf den Boden zu zerren. Die Situation wurde immer brenzliger. Schließlich zog Bastian sein Schwert und stellte sich drohend auf. Dank seiner Körpergröße überragte er die meisten Zonser. Die Menge zuckte zurück.
»Wer es wagt, Gilig anzufassen, der bekommt es mit mir zu tun!« Ein böses Zischen ging durch die Menschentraube. Viele hätten Gilig am liebsten auf der Stelle gelyncht.
»Jonata hat immer gewusst, dass der Bucklige ein Mörder ist!«, schrie eine alte Frau. Bastian warf ihr einen bösen Blick zu und sie verstummte augenblicklich.
»Gilig Ückerhoven wird im Juddeturm auf das Urteil des Schöffengerichtes warten. Und jetzt lasst uns durch!« Bastians Stimme ließ keinen Zweifel an seiner Autorität. Die Menge teilte sich schweigend und machte Platz.
...
Gilig Ückerhoven landete im Obergeschoss des Juddeturms. Kaum hatte Bastian die Tür zu seinem Gefängnis verschlossen, ließ ein entsetzter Schrei ihn aufhorchen. Schnell rannte er ein paar Stufen hinunter und blickte aus dem Fenster. Jakob Honrath, der Sohn des ermordeten Schmiedes, stand vor dem Juddeturm und brüllte aus Leibeskräften. Bastian konnte kein Wort verstehen. Da er Jakob vor ein paar Tagen vergeblich gesucht hatte, sprang er eilig die Treppen des Juddeturms hinunter und öffnete das Tor. »Was wollt Ihr?«
Jakobs Gesicht glich einer Grimasse. Es war über und über von Schürfwunden bedeckt. Die Lippen waren angeschwollen, im Mundwinkel klebten schwarze Blutkrusten. Bastian blieb der Atem weg.
»Was ist Euch
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