Kalter Zwilling
legte er es auf Jakobs Stirn.
»Es ist ein Jammer, dass in so kurzer Zeit die Familie des Schmiedes ausgerottet wird. Ihr müsst denjenigen finden, der dies getan hat!«
Bastian nickte. Das würde er tun. Er blickte nach draußen. Die Sonne stand schon hoch am Himmel. Wernhart würde am Hafen auf ihn warten.
»Danke, dass Ihr Euch um ihn kümmert. Ich werde Pfarrer Johannes schicken, damit er ihm die Letzte Ölung geben kann.« Mit diesen Worten verließ Bastian die Stube und richtete seine Schritte gen Süden. Hinter dem Schloss Friedstrom befand sich der kleine Hafen von Zons. Er wollte mit dem Kapitän des Schiffes sprechen, auf welchem er vor ein paar Tagen die Ladung mit den gefälschten Goldgulden entdeckt hatte.
Wernhart wartete bereits an der Hafenmauer auf ihn. Er hockte mit angezogenen Beinen auf einem Felsbrocken und warf Kieselsteine in das Wasser des Hafenbeckens. Als er Bastian sah, lächelte er und klopfte ihm zum Gruß auf die Schulter. »Ich habe gestern den hageren Mann gesehen!« Stolz reckte er die Brust empor.
»War er es wirklich?« Ein hoffnungsvolles Lächeln huschte über Bastians Gesicht.
»Ich habe eine große, schlanke Gestalt beobachtet und der Bruderälteste hat ihn als Bluthund des Erzbischofs bezeichnet.«
Bastian zuckte zusammen. Wenn wirklich der Erzbischof hinter den Münzfälschungen steckte, dann hatten sie schlechte Karten. Niemand durfte den Erzbischof eines solchen Vergehens bezichtigen.
»Aber du hast sein Gesicht nicht gesehen?«, hakte Bastian nach. Wernhart schüttelte den Kopf. »Nein, hab ich doch gesagt. Er war groß und hager, genauso, wie du es mir beschrieben hast!« Wernhart klang eingeschnappt.
Bastian ließ es dabei bewenden und wandte sich den Schiffen zu. Am Anfang des Hafenbeckens lag die »Johanna«, das Handelsschiff, in dem Bastian die Gulden gefunden hatte. Drei Schiffsjungen schrubbten das Deck, doch der Kapitän war nirgends zu sehen. Bastian fragte einen der jungen Burschen nach dem Kapitän. Dieser zeigte kurz auf die Kajüte, ohne dabei seine Arbeit zu unterbrechen. Bastian sprang mit Wernhart auf das Deck und lief in die angezeigte Richtung. Er klopfte an die ausgeblichene Holztür und wartete. Aus dem Inneren ertönte ein lautes Poltern. Dann öffnete sich die Tür einen Spaltbreit und ein vernarbtes Gesicht kam zum Vorschein.
»Was wollt Ihr?«
Der Atem des Mannes stank verfault und nach Alkohol. Bastian rümpfte die Nase und drückte gegen die Tür. »Seid Ihr der Kapitän dieses Schiffes?« Der Mann zeigte ein hässliches Lachen. Die wenigen verbliebenen Zahnstümpfe in seinem Mund waren schwarz.
»Ja, das bin ich. Was wollt Ihr?«
»Mein Name ist Bastian Mühlenberg von der Zonser Stadtwache und dies hier ist Wernhart Tillmanns.« Bastian nickte kurz in Wernharts Richtung. »Wir wollen wissen, was Ihr auf Eurem Schiff lagert und wer Eure Auftraggeber sind.«
»Warum? Es ist doch alles zollfrei! Was sollte ich denn zu verbergen haben?« Der Seemann starrte Bastian feindselig an.
»Nun, es gibt Waren, die zwar zollfrei, aber trotzdem nicht erlaubt sind. Ihr wisst sicher, wovon ich spreche!« Bastian baute sich zu voller Größe auf und der Mann zuckte zurück. Er machte eine abfällige Handbewegung. »Dann geht doch unter Deck in die Lagerräume und seht selbst nach!« Er trat einen Schritt zurück und ließ Bastian und Wernhart in die Kajüte eintreten.
»Nun, zuerst möchte ich von Euch wissen, warum Ihr schon wieder hier seid.« Bastian holte sein Notizbuch hervor. »Laut den Aufzeichnungen habt Ihr erst vor drei Tagen abgelegt. Also, was hat Euch so schnell nach Zons zurückgebracht?«
Der Kapitän spuckte auf die Holzdielen. Sein Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Grimasse. »Wenn Ihr doch alles so genau wisst, warum befragt Ihr mich dann noch?«
»Weil ich wissen will, zu wem Ihr diese Gulden hier gebracht habt!« Bastian schlug mit der Faust auf den Holztisch auf. Ein paar Goldgulden, die er in der Hand verborgen hatte, klirrten auf der Tischplatte. Der Kapitän riss die Augen auf.
»Woher habt Ihr die?«
Bastian trat jetzt ganz dicht an den stinkenden Mann heran und sah ihm tief in die Augen. »Die Gulden auf dem Tisch gehören Euch, wenn Ihr mir verratet, wohin Ihr sie gebracht habt und wer Euch für den Transport bezahlt hat.«
Die Augen des Kapitäns starrten gebannt auf die Goldgulden. Er bleckte die Zähne oder vielmehr das, was in seinem fauligen Mund noch davon übrig war. Dann schüttelte er den
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