Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman
jeden Freitag oder Samstag.«
»Er musste den Jungen jeden Tag zur Schule fahren«, sagte Sloan.
»Ja …« Lucas ging das Register über ausgestellte Schecks in Rice’ Scheckbuch durch. »Vierhundert Dollar in rund einem Jahr mit Schecks bezahlt, siebzehnhundert Dollar auf dem Konto … Er hat nicht viele Schecks ausgestellt, meistens nur zur Begleichung von Rechnungen und zur Bezahlung im Supermarkt.« Er stieß auf ein Adressbuch, aber es schien keine neueren Eintragungen zu enthalten. Lucas legte es dennoch beiseite, um es in die zu schaffende Datenbank aufzunehmen.
Ein Cop streckte den Kopf durch die Tür: »Sie bringen jetzt den Jungen weg.«
»Okay.«
Zwei Minuten später tauchte derselbe Cop wieder auf: »Einer der Jungs von Ihren Spurensuchern fragt, ob Sie mal kurz kommen könnten.«
Sie folgten dem Cop nach unten ins Erdgeschoss und stießen im Wohnzimmer auf einen der Techniker der Spurensicherung, der einen kleinen Plastikbeutel zur Sicherstellung von Beweismitteln und einige Wattetupfer in den Händen hielt. Er blickte auf, als Lucas und Sloan ins Zimmer kamen. »Ich dachte, Sie sollten das wissen … Das Blut unter seinen Fingernägeln stammt nicht von Rice, da bin ich ziemlich sicher. Es sind auch Hautpartikel dabei und ein kleiner Haarfollikel, das dunkler ist als das Haar von Rice. Glaube ich jedenfalls nach der ersten Untersuchung.«
»Okay. Sonst noch was?«
»Das Übliche. Viele Haare überall. Wir stellen sie sicher, aber wer weiß, von wem sie stammen … Noch etwas: Der Killer hat eine Trophäe mitgenommen - er hat Rice den
Penis abgeschnitten, und das Ding ist nirgends zu finden. Nur den Penis, nicht auch die Hoden. Am Anus scheint sich irgendein Gleitmittel zu befinden; ich nehme an, der Killer hat ein Kondom benutzt. Wahrscheinlich wird man also kein Sperma finden.«
Lucas sah Sloan an, der die Schultern hob. »Schwer zu sagen, was das zu bedeuten hat«, erklärte er. »Kann sein, dass der Killer keine DNA-Spuren hinterlassen wollte, was voraussetzt, dass er von der DNA-Untersuchungsmethode weiß und deshalb vorsichtig war. Kann aber auch sein, dass er Angst vor Aids hatte, was bedeutsam sein könnte, wenn wir doch noch darauf stoßen, dass Rice homosexuelle Kontakte hatte.«
»Diese sexuellen … ehm, Aspekte … deuten aus meiner Sicht darauf hin, dass wir es mit einer Schwulensache zu tun haben«, sagte der Techniker. »Die Gewaltanwendung und die Sache mit der sexuellen Trophäe …«
Lucas und Sloan nickten. »Aber warum war dann das erste Opfer eine Frau?«, fragte Lucas.
»Vielleicht hatte Rice zunächst eine Liebesbeziehung mit einem Schwulen, aber da’s ihm auch andersrum Spaß macht, hat er ein Verhältnis mit dieser Frau angefangen, und sein schwuler Partner drehte durch«, meinte der Techniker. »Vielleicht wollte dieser Partner die beiden bestrafen, deshalb auch diese exzessiven Geißelungen.«
»Hmm, könnte sein …« Lucas hatte erhebliche Zweifel an dieser Theorie.
»Na ja, es ist immerhin möglich«, kommentierte Sloan, ebenfalls wenig überzeugt. »Wir müssen uns als Erstes seine Biografie ansehen. Und ich muss prüfen, ob es eine Verbindung zwischen Angela Larson und irgendwelchen Leuten hier unten gibt.«
»Sie sagten, Larson sei Studentin gewesen; in Mankato gibt’s eine Nebenabteilung der Universität von Minnesota.«
»Ich werde das prüfen«, sagte Sloan. »Aber ich habe Larsons Biografie bis ins Detail durchforscht, und da war keine Rede von Mankato.«
Als die Spurensicherung die Arbeit abgeschlossen hatte, kam der Assistent des Gerichtsmediziners mitsamt seinen Gehilfen herein, ließ den Toten in den üblichen Leichensack stecken und nach draußen bringen. In der Blutlache zeichneten sich die Spuren der knienden Leiche ab, was an eine sonderbare Komposition moderner Schwarzer Kunst erinnerte.
Sie betrachteten das Bild eine Weile, und Sloan sagte: »Ich denke, hier gibt es nichts mehr zu tun.« Sie hatten inzwischen fünf Stunden nach irgendwelchen Hinweisen im Haus gesucht, und falls sie dabei etwas Verwertbares gefunden haben sollten, war es im Moment noch nicht ersichtlich.
»Dieser Killer …«, sagte Lucas, atmete tief ein und ließ die Luft als Seufzer wieder aus der Kehle entweichen. »Dieser Killer wird uns noch die Hölle heiß machen.«
VIER
E r war klein von Statur, hatte eine große Nase und rote Haare, und er war laut, streitsüchtig und rechthaberisch und schien ständig unter Strom zu stehen; vor drei Jahren hatte er das
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