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Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman

Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman

Titel: Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Journalismusstudium abgeschlossen. Er verfügte über das, was man unter Journalisten »flüssige Schreibe« nennt, was ihm bei den Kollegen in der Nachrichtenzentrale der Zeitung einige Bewunderung eintrug. Diese Bewunderung wurde allerdings durch die unleugbare Tatsache kompensiert, dass er ein ehrgeiziges kleines Arschloch war; bei der Star - Tribune wurde diese Tatsache jedoch bis zu einem gewissen Grad dadurch wieder wettgemacht, dass es nicht unbedingt als abwertendes Charakteristikum betrachtet wurde, ein ehrgeiziges kleines Arschloch zu sein.
    Ruffe Ignace stand an der Straßenecke und redete mit sich selbst - nichts Spezielles, nur Fetzen aus alten Songs, Gedanken zu möglichen Aufmachern für die Zeitung und zu internen Dialogen mit Kollegen, dazu Kommentare zu vorbeifahrenden Autos und zu den jeweiligen Frauen am Steuer. Er wippte auf den Zehenspitzen wie ein Boxer, und er redete mit sich selbst, unablässig, ein ständiges Brummen und Summen. Er nannt das »Ruffes Radio«, und er war damit ständig auf Sendung.
    Junger Mann im kugelsicheren Wagen, vielleicht ein Prominenter; hmm, Lexus GX470, na ja, du alter Furz; hey, schau dir das an, Mann, toller Arsch; ja, Mädchen, hier bin ich, Ruffe Ignace, wahrscheinlich der reichste Mann in Amerika. Dieser
Mann war mal bei den Special Forces, weißt du, ein Kriegsheld in Afghanistan, hat vierundzwanzig Taliban mit einem Bowie-Messer gekillt. Er hat mehr Geld und mehr Supermodels gebumst als die sechs tollsten Männer im ganzen Land. Hey, die Jacke möcht ich haben, echt schicke Jacke …
    So in der Art summte und brummte er.
    Unablässig.
    Eine Kollegin hatte sich einmal beklagt, in Ignace’ Nähe zu sitzen sei so, als würde man sich neben einer schlecht gelaunten Biene aufhalten. Ignace hatte sie ignoriert; und jetzt stand er an der Straßenecke, wartete, wippte auf den Zehenspitzen und ließ Ruffes Radio spielen.
     
    Hubbard kam auf der anderen Seite die Straße hinunter - hellblauer Zweireiher-Blazer von JCPenney, graue Hose, braune Schuhe. Aus hundert Metern Entfernung blickte er zu Ignace hinüber, dann ging er durch das Haupttor in die öffentliche Bibliothek. Ignace wartete, bis die Fußgängerampel zum zweiten Mal Grün zeigte, überquerte dann die Straße und ging ebenfalls zur Bibliothek.
     
    Ruffe Ignace hasste seinen Namen. Sowohl den Vornamen als auch den Familiennamen, ganz besonders aber Ruffe. Ruffe war von dem französischen »rouge fée« - rote Fee - abgeleitet und bedeutete schlicht und einfach »rothaarig«. Da er tatsächlich rothaarig war und seine Eltern aus Frankreich stammten, konnte er die Berechtigung für den Namen nicht leugnen. Seine Kollegen lernten gleich zu Beginn seiner Karriere bei der Zeitung, dass Ruffe es hasste, »Rufus« genannt zu werden, was ebenfalls »rothaarig« bedeutet, also titulierten sie ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit so. Einige Leute versuchten es sogar mit »Iggy«, aber das rief so giftige und gewalttätige Reaktionen hervor, dass sie es tunlichst wieder bleiben ließen.

    Ignace tolerierte die Star - Tribune, die er in der Nähe eines besseren Lokalblättchens angesiedelt sah, nur unter dem Aspekt des Karrierestarts. Er spekulierte auf eine herausragende Karriere bei der New York Times, wo praktisch alle Reporter komische Namen hatten und Ruffe Ignace als angesehener Mitarbeiter und nicht als Gelegenheit für Scherze betrachtet werden würde.
    Um das zu schaffen, musste ihm etwas Gutes gelingen. Und um etwas wirklich Gutes machen zu können, brauchte man Glück und Talent.
    Das Talent hatte Ignace zweifellos. Über seine Formulierungskunst hinaus besaß er ein ausgeprägtes Gefühl für Dramatisierung und, noch wichtiger, die Fähigkeit, andere Menschen regelrecht auszusaugen, wenn es bei der Informationsgewinnung notwendig wurde. Als Mitglied im Team der Kriminalredaktion der Zeitung konzentrierte er seine Aussauganstrengungen auf Angehörige der Stadtpolizei von Minneapolis.
    Ein Cop namens Bob Hubbard mit einer Teilzeitanstellung bei der Mordkommission war Ignace’ beste Insider-Quelle. Hubbard strebte eine Vollzeitbeschäftigung an, statt ständig herumgereicht zu werden, wenn bei Sexual- oder Eigentumsdelikten mehr Leute gebraucht wurden. Ignace hatte versprochen - und hielt es im eigenen Interesse auch ein -, Hubbards Talente zur Lösung von Verbrechensfällen in seinen Berichten besonders herauszustellen. Hubbard seinerseits revanchierte sich mit Insider-Nachrichten aus dem aktuellen

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