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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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erstbesten Menschen hereinfallen, der dir ein bisschen Aufmerksamkeit schenkt. So was geht immer schief.«
    »Das geht dich überhaupt nichts an.«
    »Wenn es sich auf deine Arbeit auswirkt, schon, Ben. Und im Moment habe ich da so meine Zweifel. Du lässt dich zu leicht ablenken. Du kümmerst dich viel zu intensiv um die Angelegenheiten anderer Leute. Dafür wirst du nicht bezahlt. Wir können uns nicht leisten, dass du durch die Gegend fährst und alte Männer ausfragst, nur weil sich diese Kanadierin irgendwas in den Kopf gesetzt hat. Verstehst du, was ich damit sagen will?«
    »Das mache ich in meiner Freizeit«, verteidigte er sich.
    »Dann achte darauf, Ben, dass es auch wirklich so ist. Ich behalte dich im Auge.«
    »Gut.«
    Cooper merkte, dass er unwillkürlich schwerer atmete. Er konnte nicht glauben, dass Diane Fry am Tag seines Einzugs in seine neue Wohnung spaziert kam, um ihn runterzuputzen. Entweder musste er sie hinauswerfen, oder er musste etwas finden, das ihn wieder auf den Teppich brachte.
    »Möchtest du einen Kaffee, wenn du schon mal hier bist?«
    »Hast du hier überhaupt eine Küche?«
    »So was Ähnliches.«
    »Dann gerne, vielen Dank.«
    Cooper machte sich auf den Weg in die Küche. Zuerst musste er allerdings die Kiste mit dem Wasserkessel finden, dann die Einkaufstüte mit dem Pulverkaffee und der Milch auspacken, die er schon längst hatte in den Kühlschrank stellen wollen. Er lauschte auf irgendwelche Geräusche aus dem Wohnzimmer, hörte jedoch nichts. Vielleicht hatte Diane Fry alles, was sie sehen wollte, bereits von der Haustür aus gesehen und wollte sich nicht in einen Sessel setzen, auch wenn sie dabei nicht auf seinen Kleidern hätte Platz nehmen müssen. Er stellte fest, dass er keinen Zucker gekauft hatte, und drehte sich um, um sie zu fragen, ob sie welchen brauchte. Doch dann besann er sich eines Besseren. Er war sich so gut wie sicher, dass sie ihren Kaffee ohne Zucker trank.
    Als er ins Wohnzimmer zurückkam, war Fry dabei, die Kiste mit den Bildern auszupacken. Sie hielt sie an die Wand und reihte sie säuberlich nebeneinander an ein paar Nägeln auf, die die Vormieter zurückgelassen hatten. Und sie hatte ein Tuch gefunden, mit dem sie das Glas über einem Druck von Richard Martin von einem kleinen Durchgang in einer Steinmauer mit dem Win Hill im Hintergrund abwischte.
    »Hast du einen Hammer?«, fragte sie.
    »Äh, ja … irgendwo.«
    »Ich finde, das hier muss an die Wand da drüben.«
    »Wahrscheinlich hast du Recht.«
    Cooper fand den Hammer, reichte ihn ihr, hockte sich mit seinem Kaffeebecher auf eine Sessellehne und sah zu, wie sie das Bild genau an die richtige Stelle hängte. Sie erledigte diese Aufgabe in ihrer typischen Art – korrekt und ohne großes Aufhebens darum zu machen. Cooper musste zugeben, dass sie die ideale Position für den Druck ausgesucht hatte. Hätte er sie allein aussuchen müssen, wären dazu wahrscheinlich mehrere Anläufe notwendig gewesen.
    »Vergiss deinen Kaffee nicht, Diane«, sagte er.
    »Ja, gleich.«
    Sie ging völlig in ihrer Tätigkeit auf, kramte in der Kiste nach weiteren Bildern und wickelte schichtweise die alten Zeitungen ab, um zu sehen, was noch zum Vorschein kam. Einige recht banale Drucke von Fuchsjagden ließ sie liegen, dann fand sie ein größeres Bild ganz unten in der Kiste, das sorgfältig in Seidenpapier eingewickelt war, damit es nicht beschädigt wurde.
    Cooper wusste, was es war. Am liebsten wollte er ihr sagen, sie solle es wieder einpacken und zurücklegen; er wollte ihr sagen, dass es ihm nicht recht war, dass sie damit herumhantierte. Aber er schwieg und wartete ihre Reaktion ab. Er rechnete zumindest mit einem Kommentar. Jeder andere hätte etwas gesagt, irgendeine halblaute Plattitüde, ein paar unbeholfene Worte des Mitgefühls, ohne ihn dabei anzusehen.
    Aber Fry sagte kein Wort. Und ihr Gesichtsausdruck veränderte sich ebenfalls nicht. Sie hielt das Bild am Rahmen fest, wischte vorsichtig mit dem Tuch darüber und säuberte die verschmierte Glasscheibe. Und wieder wusste sie genau, wo das Bild hingehörte. Diesmal hatte auch Cooper seine eigene Vorstellung von der richtigen Stelle, brauchte aber nicht einzugreifen. Fry hängte das Bild mittig über den Kamin und rückte es so lange gerade, bis sie hundertprozentig zufrieden war. Dann trat sie einen Schritt zurück und betrachtete es, ehe sie das Tuch noch einmal zur Hand nahm und ihre eigenen kaum sichtbaren Fingerabdrücke abwischte. Cooper

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