Kaltes Grab
Kind nicht von Ihnen war, heißt das, dass Marie noch einen anderen Mann hatte - zu der Zeit, als sie noch mit Ihnen zusammen war.«
»Und?«
»Ich glaube, dass Sie deswegen ziemlich wütend waren«, sagte Fry. »Ich könnte mir vorstellen, dass Sie ausgerastet sind.«
»Na ja, das wäre doch wohl jedem so gegangen. In so einer Situation.«
»Sie haben Marie also geschlagen, Mr Kemp?«
Kemp verzog ärgerlich das Gesicht. »Sie wollen mich unbedingt als Schläger hinstellen. Keine Ahnung, wie Sie daraufkommen.«
»Wie oft haben Sie Marie geschlagen?«, fuhr Fry geduldig fort.
»Hören Sie, es ging alles ziemlich durcheinander, ehrlich gesagt.«
»Einmal? Zweimal? Mehr als zweimal?«
»Ich erinnere mich nicht mehr.«
»Wo haben Sie hingeschlagen? Ins Gesicht, auf den Oberkörper oder wohin sonst?«
»Auf den Oberkörper, glaub ich.«
»Haben Sie Marie auch ins Gesicht geschlagen?« »Kann sein, aber das war keine Absicht.«
»Aha.«
»Ich hab ihr nicht richtig wehgetan«, erklärte Kemp.
»Wie bitte?«
»Ich meine, falls ich sie überhaupt geschlagen hab, dann hab ich ihr nur ein paar Ohrfeigen verpasst. Davon kriegt man höchstens ein paar blaue Flecken. Aber sie hat es so gewollt. Sie musste ja immer so überheblich tun.«
Fry beschloss, eine andere Taktik einzuschlagen und später auf den tätlichen Angriff zurückzukommen. Kemps Geschichte würde in den Einzelheiten leicht variieren, bis sie schließlich ein volles Geständnis hatte.
»Hat Ihnen Marie verraten, wer der Vater des Kindes ist?«
Kemp blinzelte kurz, ehe er sich über den Tisch beugte.
»Klar. Aber das war nicht nötig. War ja nicht schwer zu erraten.«
»Und wen hat sie Ihnen als Vater genannt?«
Jetzt wollte Kemp reden. Er wollte sichergehen, dass Fry ihn verstand. Wie so viele andere war er davon überzeugt, dass jeder begreifen würde, dass er das Richtige getan hatte, wenn man ihn das Ganze nur von Anfang an erklären ließ.
»Wissen Sie, Sie müssen bei Marie etwas verstehen«, sagte Kemp. »Sie hat immer gedacht, sie wäre schlauer als alle anderen, aber sie hat selber keine richtige Schulbildung gehabt. Sie war ganz wild auf Bücher. Hat ihre Wohnung bis obenhin mit Büchern voll gestopft, bevor sie Schluss gemacht hat.«
»Ja, ich habe die Bücher gesehen.«
»Sie dachte immer, sie wird ein besserer Mensch, wenn sie mehr liest. Als ob man von solchen Romanen schlauer wird. So ein Blödsinn! Aber sie hat gedacht, weil sie über Romane reden kann, ist sie eine Intellektuelle. Von so was hat sie sich leicht beeinflussen lassen, wollte den Typen damit imponieren. Deshalb hing sie auch ewig im Buchladen rum. Sie hat wohl geglaubt, sie bewegt sich in besseren Kreisen, nur weil er sich für sie interessiert hat. Aber dem ging's nur um das eine, wie allen anderen.«
»Sie war also regelmäßig im Buchladen?«
»Klar, im Eden Valley Books. Bei dieser Schwuchtel mit der Fliege. Lawrence Daley. Ich bin selber dran schuld, dass sie ihn kennen gelernt hat. Dabei ist er auch nicht besser als alle anderen, oder?«
»Marie hat Ihnen erzählt, Lawrence Daley sei der Vater ihres Kindes?«, fragte Fry.
»Genau. Daley. Den interessieren am Ende auch nur zwei Dinge - Sex und Geld. Alles andere ist nur Getue. Bücher? Blödsinn. Sex und Geld! Ja, ich könnte Ihnen einiges über den Typen erzählen.«
Nach zwei Meilen versuchte Cooper immer noch, seine kalten Hände aufzutauen, als das Handy klingelte.
»Ben, wo bist du?«
»Auf der A57, in der Nähe vom Snake Inn. Ich bin unterwegs nach Harrop, um eine Aussage von George Malkin über die Gegenstände einzuholen, die er an Lawrence Daley verkauft hat.«
»Fahr lieber einen Augenblick an den Straßenrand.«
Cooper lenkte den Toyota in die erstbeste Einfahrt. Der Fahrer eines Ford Transit hupte ihn an, als er ihn in weitem Bogen überholte.
»Was gibt's denn?«, fragte Cooper.
»Wir haben uns gerade noch mal Eddie Kemp vorgenommen.«
»Gut. Habt ihr etwas aus ihm rausgekriegt?«
»Den Namen des Kindsvaters.«
»War es etwa nicht von ihm?«
»Er streitet es ab und behauptet, der Vater sei Lawrence Daley.«
Cooper war froh, dass der Wagen stand. Er drehte sich um.
Lawrences blauer Vauxhall hätte ihn inzwischen längst überholen müssen. Bis Harrop, das auf der anderen Seite des Irontongue Hill lag, konnte man auf dem Snake Pass nirgendwo abbiegen.
»Ich habe ihn gerade erst gesehen«, sagte Cooper. »Ein paar Meilen hinter mir. Ich habe ihm geholfen, seinen Wagen wieder auf
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