Kaltes Grab
Verwarnung.
»Meinst du nicht, Zygmunt Lukasz könnte uns noch einiges über den Absturz erzählen?«, fragte Morrissey.
Cooper zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Vielleicht hat er schon alles gesagt, was er dazu sagen wollte.«
Beinahe hätte er hinzugefügt, dass George Malkin derjenige war, der sich am besten an den Absturz erinnerte, aber er hatte bereits mehr als genug ausgeplaudert.
»Ich habe wirklich keine Zeit mehr, dir zu helfen«, sagte er. »Heute Morgen war eine Besprechung. Ich weiß nicht genau, was vor sich geht, aber ich glaube, es passiert bald etwas. Unsere Bosse wollen Festnahmen im Fall des toten RAF-Polizisten, und ich glaube, die MDP hat endlich die Informationen herausgerückt, auf die wir gewartet haben.«
»Dann hast du wohl demnächst alle Hände voll zu tun«, meinte Morrissey.
»Ich warte jeden Augenblick darauf, von hier weggerufen zu werden.«
»Ich wollte mich noch für alles bedanken, was du für mich getan hast.«
»Das habe ich doch überhaupt nicht.«
»Aber du hast dich bemüht, Ben. Das ist mehr, als sonst jemand für mich getan hat. Wahrscheinlich hast du etwas getan, das die Mühe wert war. Das hast du doch neulich gesagt, oder? Dass du das Gefühl brauchst, etwas Sinnvolles zu tun. Diese Sache mit der Droge. Du hast gesagt, dass es das Einzige ist, das dir das Gefühl verleiht, am Leben zu sein.«
Cooper sah sie an. Er beobachtete, wie sie sich das Haar aus der Stirn strich, während ihm bewusst wurde, dass er sich nicht von ihr verabschieden wollte, sondern viel lieber etwas tun würde, um das Band zwischen ihnen beiden nicht zerreißen zu lassen.
»Ich habe nicht gesagt, dass es das Einzige ist«, sagte er.
Diane Fry saß mit Gavin Murfin im Wagen und beobachtete den Eingang des Cavendish Hotels. Als Ben Coopers Toyota mit Alison Morrissey auf dem Beifahrersitz davor anhielt, war sie nicht im Geringsten überrascht.
»Dann hat Ben also bereits mit ihr gesprochen«, sagte Murfin verdutzt.
»Aber bestimmt nicht über das, worüber wir uns mit ihr unterhalten wollen«, entgegnete Fry.
Sie konnten unbemerkt mit ansehen, wie sich Alison Morrissey zu Cooper hinüberlehnte und ihn auf den Mund küsste. Sie beobachteten, wie Morrissey ihre Hand hinter Coopers Kopf schob, während sich Coopers Hand vom Lenkrad löste. Der Kuss schien eine halbe Ewigkeit zu dauern.
»Sieht ganz so aus, als hätte Ben was für sie übrig«, bemerkte Murfin.
Einen Augenblick lang hätte Fry nicht sagen können, was in ihr vorging. Ein roter Nebel legte sich wie ein Schleier über ihre Augen und ließ Coopers Toyota mitsamt seinen Insassen verschwimmen. Sie atmete einige Male tief durch, bis sich der Nebel wieder verflüchtigt hatte. Dann erst stellte sie fest, dass sie die Enden ihres Schals so fest gepackt hatte, dass sie Gefahr lief, sich eigenhändig zu strangulieren.
Murfin warf sich ein Stück Kaugummi in den Mund und raschelte mit dem Papier, als säße er vor einer Kinoleinwand mit einer Hollywood-Schnulze.
»Ben hat noch nie viel Glück bei den Frauen gehabt«, nuschelte er kauend. »Vielleicht sollte ich ihm mal ein paar Tipps geben.«
Fry starrte ihn an. »Das hat mit Glück nichts zu tun, Gavin. Manche Leute sind einfach von Grund auf dumm.«
»Ben ist nicht dumm«, protestierte Murfin, ehe er einen Moment nachdachte. »Naiv vielleicht. Mit einem aussichtslosen Fall kann man ihn immer locken.«
»Wenn er nicht aufpasst, ist er selber bald ein aussichtsloser Fall.«
Fry sah zu, wie der Toyota davonfuhr und Morrissey im Hotel verschwand, dann gab sie dem Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Zeichen. »Los«, sagte sie.
Als Diane Fry und Gavin Murfin das Hotel betraten, standen Morrissey und Frank Baine an der Rezeption. Morrissey sah die beiden erstaunt an, bevor ihr aufging, was sie waren, wenn auch nicht wer.
Fry wies sich aus. Morrissey zuckte nicht mit der Wimper, sondern drehte sich nur kurz um und funkelte Sergeant Caudwell und PC Nash an, die ihnen gefolgt waren. Nur Frank Baine sah aus, als würde er am liebsten mit der Eichentäfelung verschmelzen und sich in den Fluren des Hotels verdrücken. Doch Nash war wieder einmal schneller. Er wich Baines Versuch eines Kopfstoßes aus und ließ eine Handschelle zuschnappen, während Sergeant Caudwell die Aufgabe zufiel, ihm seine Rechte zu verlesen.
34
E ine Woche nachdem der Schnee gekommen war, türmte er sich immer noch zu beiden Seiten der A57 auf. Als Ben Cooper am späten Nachmittag in der
Weitere Kostenlose Bücher