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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Cooper ein Geräusch, das rasch näher kam. Es schien aus östlicher Richtung zu kommen, um den Irontongue Hill herumzukriechen und den gesamten nackten Fels zu umhüllen. Es bewegte sich die Hänge herunter, schien immer näher zu kommen, während es gleichzeitig irgendwo in der Luft war, über der niedrigen Wolkendecke. Es schwoll an ... zu einem dumpfen Dröhnen, das die Luft vibrieren ließ, zu einem Brausen, das sich an der Felswand brach und alles ringsumher erfüllte.
    In Erwartung eines Flugzeugs oder eines Hubschraubers hob Cooper den Kopf. Doch er sah nur die stahlgrauen Wolken, die sich bis zum Horizont erstreckten, dasselbe unaufhörliche Treiben Tausender Schneeflocken, die wie winzige Fallschirmspringer zu Boden trudelten.
    »Wo ist das Baby, Lawrence? Wo ist Baby Chloe?«
    Immer noch keine Antwort. Nach einigen Minuten wurde das Dröhnen leiser. Cooper hätte nicht sagen können, in welche Richtung es sich bewegte und ob es sich tatsächlich entfernte. Es wurde einfach nur gedämpfter, leiser und dumpfer, bis die Wolken es schließlich restlos verschluckten.
    »Wir müssen Chloe finden, Lawrence. Wir müssen wissen, ob es ihr gut geht.«
    Cooper rutschte ein Stück beiseite, um sein anderes Bein anzuziehen, das inzwischen eiskalt war und sich anfühlte, als gehörte es kaum noch zu seinem Körper. Jetzt war nur noch der Wind zu hören, der über das Hochmoor fegte, und das trockene Rieseln des Schnees, der an seinen Ohren vorbeitrieb.
    Mittlerweile erschien ihm der Versuch, Lawrence eine Antwort zu entlocken, nicht mehr besonders Erfolg versprechend. Aber er musste den Buchhändler unbedingt am Einschlafen hindern. Verzweifelt überlegte er, was er noch sagen konnte.
    »Ich weiß, dass Sie den Buchladen am Laufen halten wollten, Lawrence. Hat eigentlich jemand mal ein Buch von denen gekauft, die ich ausgezeichnet habe? Wahrscheinlich nicht, obwohl bestimmt echte Schnäppchen darunter waren. Außerdem hat mir der Besuch Ihres Ladens zu meiner neuen Wohnung verholfen. Ich glaube, Sie waren am Anfang ja nicht sehr begeistert, dass ich sie mir ansehen wollte. Wo wir gerade davon sprechen: Wäre es wohl zu viel verlangt, wenn Sie Ihrer Tante sagen würden, dass der Hund zu laut ist? Er kläfft die ganze Zeit, wenn er draußen im Hof ist, und reißt mich jeden Morgen aus dem Schlaf.«
    Cooper blinzelte. Seine Augen tränten vom Wind, und das unendliche Weiß des Schnees trieb Schabernack mit seiner Farbwahrnehmung.
    »Diane Fry holt uns hier bald raus«, versicherte er. »In solchen Dingen ist sie gut. Was sie will, schafft sie auch. Deshalb ist auch sie zum Sergeant befördert worden und nicht ich. Aber wer will schon Sergeant sein? Wer will schon einen Verwaltungsjob und den ganzen Tag Papierkram erledigen und sich mit den Problemen anderer Leute herumschlagen?«
    Er blinzelte wieder. Lawrences blaue Jacke sah inzwischen rot aus. Cooper hatte Farbenblinde kennen gelernt, die nicht zwischen Blau und Rot unterscheiden konnten. Aber er wusste, dass er nicht farbenblind war. Korrekte Farberkennung war eine der Grundvoraussetzungen für die Aufnahme in den Polizeidienst. Kandidaten, die die Grundfarben nicht voneinander unterscheiden konnten, und diejenigen, die stark schielten, wurden nicht angenommen. Das stand in den Bewerbungsunterlagen. Das konnte jeder auf der Website nachlesen.
    »Jemanden wie Diane könnten Sie in Ihrem Laden auch gut gebrauchen«, redete er weiter. »Jemanden, der durchgreift und dem es nichts ausmacht, all die alten Bücher rauszuschmeißen, die sowieso niemand kauft und die nur Platz wegnehmen. Sie könnten Ihr Geschäft völlig anders aufziehen. Auf Diane können wir uns verlassen. Sie schickt uns bald Hilfe, ganz bestimmt.«
    Rot, Weiß und Blau. Cooper fuhr sich mit dem Handschuhrücken über die Augen. Er musste sich die Farben einbilden. Aber er sah sowohl Rot als auch Blau im Schnee. Rot, Weiß und Blau. Sehr patriotisch. Er tastete nach seiner Taschenlampe und knipste sie an. Das Blau war Lawrences Jacke, das Weiße der Schnee. Und das Rote war Blut. Dunkles Arterienblut rann aus Lawrences Körper, verwässerte ein wenig im Schnee, ehe es verdickte und gefror und dabei den Schnee rosa wie Erdbeereis färbte.
    »Lawrence! Wo sind Sie verletzt? In der Brust? Sind Sie auf etwas gefallen?«
    Vorsichtig schob er seine tauben Finger unter Lawrences Körper und ertastete Metall, einen scharfkantigen Splitter aus Stahl.
    Cooper sah in Lawrences bleiches Gesicht und erinnerte sich

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