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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Eden Valley Books befand sich in Nick i th’ Tor, einer der kopfsteingepflasterten Gassen, die vom Marktplatz zum Viertel um die Eyre Street führten. Der Laden befand sich in einem hohen schmalen Haus, das aussah, als hätte man es nachträglich zwischen zwei wesentlich breitere Gebäude gezwängt, oder wie ein Lückenfüller, bei dem die Architekten der Yorkshire Bank sämtliches Material verbaut hatten, das bei der Errichtung des großen Nachbargebäudes übrig geblieben war. Die ersten beiden Etagen des dreistöckigen Hauses waren für die Bücher reserviert, und nach den winzigen Fenstern im Giebel zu schließen, gab es oben noch ein paar Wohnräume. Ben Cooper fiel wieder ein, dass das Haus sogar einen Keller hatte, der sich bis unter die Straße erstreckte und in dem ebenfalls Bücher untergebracht waren.
    Es gab wesentlich modernere Buchläden in Edendale, aber Cooper hatte schon oft bei Eden Valley Books herumgestöbert und war sich sicher, dass er das Gesuchte dort finden würde, auch wenn er nur eine halbe Stunde von seiner Mittagspause abzwacken konnte. Lawrence Daley, der Besitzer, schien sich darauf spezialisiert zu haben, obskure Bücher zu allen möglichen esoterischen Themen zu sammeln.
    Die Grundzüge der Schaufenstergestaltung waren noch nicht bis zu Eden Valley Books vorgedrungen. Durch die verschmierte Scheibe konnte Cooper nur ein paar Holzregale erkennen, an denen Reklamezettel für allerlei Veranstaltungen in und um Edendale klebten, die schon vor Monaten stattgefunden hatten. Das Konzert einer Folk-Gruppe, ein parapsychologischer Abend im Gemeindezentrum sowie ein Herbstfest zur Unterstützung des Katzenschutzvereins.
    Der Schnee in Nick i’ th’ Tor verwandelte sich zusehends in Matsch, überall rann Wasser über das abschüssige Pflaster Richtung Marktplatz. Die schmale Tür des Buchladens klemmte, so dass Cooper sich dagegen stemmen musste, bis sie schließlich nachgab. Sie erinnerte ihn eher an ein Bollwerk zur Verteidigung als an einen Eingang, insbesondere, als über ihm eine Glocke ertönte und irgendwo im Laden ein nervöses Scharren zu hören war.
    Cooper war sofort von Büchern umringt. Gleich hinter der Tür standen sie in langen Regalen aufgereiht, und die winzigen Räume waren so voll gestopft, dass man nicht an den Stapeln vorbeikam, ohne sie zu streifen. Weiter hinten türmten sie sich bis zur Decke, stapelten sich auf dem Fußboden und auf der Holztreppe, und zweifellos waren auch die oberen Räume voll damit. Auf einem Tisch sah Cooper eine ganze Reihe von Enid Blytons »Fünf Freunde«-Geschichten sowie ein Jahrbuch von 1945, dessen Einband mit Schimmelflecken gesprenkelt war. Es roch betäubend nach modrigem Papier – Papier, das jahrzehntelang den Mief ungeheizter Steinhäuser an feuchten Berghängen aufgesogen hatte.
    »Hallo?«, rief Cooper.
    Lawrence Daley trug eine nicht besonders saubere Seidenweste mit ausgefallenem Muster, dazu eine braune Cordhose, die durch das stundenlange Hocken vor den unteren Regalbrettern schlabberig und ausgebeult war. Manchmal hatte Cooper den Buchhändler auch schon mit einer Fliege gesehen, heute trug er jedoch ein kariertes Hemd mit offenem Kragen und hatte die Ärmel über den bleichen Unterarmen hochgerollt. Sein Haar war ungekämmt, und er sah staubig und verschwitzt aus, als herrschte draußen Hochsommer mit tropischen Temperaturen und nicht eisiger Winter kurz vor dem nächsten Schneefall.
    »Ich räume gerade ein bisschen die Naturgeschichte auf«, erklärte Lawrence, als er Cooper hinter den Bücherstapeln erspähte. »Manche von diesen Bänden liegen hier schon seit Großmutters Zeiten herum. Hier – da stehen immer noch Preise in Shilling drin. Gestern kam ein Kunde mit so einem an und hat darauf bestanden, nur fünfzehn Pence dafür zu bezahlen. Ich musste nachgeben, denn so stand es auf dem Preisschild, umgerechnet in heutige Währung.«
    »Werfen Sie die weg?«, erkundigte sich Cooper und rümpfte die Nase über den muffigen Geruch und die Staubwolke, die in der Luft hing.
    »Wegwerfen? Soll das ein Witz sein? Ich kann sie nicht wegwerfen. Sie müssen nur neu ausgepreist werden.«
    »Aber wenn sie doch schon hier stehen, seit Ihre Großmutter den Laden betrieben hat …«
    »Ich weiß, ich weiß. Man reißt sie mir nicht grade aus den Händen. Aber wenn das mein Ziel wäre, würde ich mir den Laden bis zur Decke mit Harry Potter vollstellen, wie alle anderen Buchhändler. Sie sind doch Detective Cooper, hab ich

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