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Kaltgeschminkt (German Edition)

Kaltgeschminkt (German Edition)

Titel: Kaltgeschminkt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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Mitternachtshaar, das glänzend um sie herumwirbelt. Leider kommt sie an diesem Abend nicht mehr zu mir. Auch nicht zu James, was mich etwas beruhigt. Aber ich hasse ihn dafür, dass er mit ihr nahezu jeden Tag verbringen darf. Dennoch bin ich realistisch. Niemals findet sie mich attraktiv! Kaum je habe ich den Neid anderer erregt. Dafür bin ich weder sportlich genug, noch habe ich die schönsten Zähne. Ich bin Brite! Wir tragen nicht Werbung für ein perfektes Gebiss. Und Fitnessstudios verabscheue ich seit sie irgendwie den Weg in unsere Zivilisation geschafft haben.
    Ermutigt vom Bier gehe ich direkt zum Angriff über und frage James nach seiner Beziehung zu Rachelle. Wider erwarten fackelt er nicht lange. »Sie ist nur mein Geschäftspartner. Wir kennen uns schon eine Weile, hatten aber nie etwas miteinander. Das hat sich ziemlich schnell gegeben.«
    Sie ist mein!
    »Wieso nicht. Sie ist, naja … ganz nett.«
    Er lacht bitter auf. »Machen wir uns nichts vor, Alter. Sie ist einfach makellos. Und genau das ist auch das Problem.« Er leert sein Bier mit einem Zug. »Außerdem ist sie Schöne und Biest in einem. Wir hatten auch schon, du weißt schon…«
    »Nein.«
    »Mann, McLiod, du hirntoter Neo-Victorianer! Wir hatten ziemlich heftigen Sex! Und ich schwöre dir, die Satansbraut ist echt durchgeknallt.«
    Er wendet sich wieder der schönen Bardame in neonfarbenem Erdbeerblond zu. »Lassen wir’s einfach dabei. Auch noch’n Bier?«
    Als ich die schwarze Königin vergeblich mit den Augen zu suchen beginne, lenkt mich einen kurzen Moment der wogende Körper eines Pin-up-Girls im zwanziger Stil ab. Sie tanzt melancholisch in einem hautengen Catsuite, unter dessen schwarzer Spitze sich eine glitzernde Kette von dem Ring in ihrer Brustwarze hinunter zu einem blinkenden Stecker im Bauchnabel schlängelt. Hektisch leere ich mein Bier. Ich kann einfach nicht mehr aufhören zu grinsen.
    Wenig später verliere ich James aus den Augen, was ich einer schwarzen Bar dieser Größe allerdings weniger für möglich gehalten habe. Neben mir stellte sich ein durchtrainierter Goth mit halbseitig abrasiertem Haar und imposanten Oberarmen an die Bar. Trotz der dornenbewehrten Gasmaske in seinem Gesicht versteht die Bedienung seinen Getränkewunsch und stellt ihm einen Meter widerlich neongrünen Schnapses vor die Nase. Er nickt mir knapp zu und bahnt sich seinen Weg durch die apathisch tanzende Masse. Mein Blick folgt ihm bis er verschwunden ist. Ich bin allein in einer Fledermaushöhle. James bleibt verschwunden; eventuell gönnt er sich gerade ein paar lauschige Momente mit einer Lackamazone. Dafür entdecke ich Rachelle, meine zukünftige Frau, wie sie sich mit einem durchtrainierten Kerl mit beinahe gänzlich abrasiertem Haar – nur seine Schädelmittel ziert ein zurückgegeelter Borstenstreifen – und langem geflochtenen Kinnbart unterhält. Seine Arme zieren weinende Engelsdamen mit abgeschnittenen Flügeln. Trotzdem wird er wohl kaum besonders christlich sein, denke ich mir. Ich beobachte sie eine ganze Weile, bis Rachelle schließlich auf mich aufmerksam wird. Ich kann mich nicht schnell genug in die Dunkelheit meiner Nische zurückziehen und erkenne in meiner Panik, dass sie den Finsteren stehenlässt und auf mich zukommt. Die Samtstimme von Falconersänger Mathias Blad haucht:
    ›Please, let me follow you, on your journey to the clouds.
    Take me up on your wide wings and show me your world.
    We will cross the skies, new horizon´s we´ll see.
    Cross the slumbering landscapes and disappearing into the dawn‹
    Ja. Auch ich wünsche mir nichts sehnlicher, als mich mit ihr aus dem Staub zu machen, dorthin, wo einem niemand das Ableben mit martialischen Gewaltszenen im Jenseits vermiest. Selbstredend muss ein solcher Ort erst erfunden werden. Wehmütig rufe ich mir in Erinnerung, dass es bei dieser Frau lediglich beim Ansehen und flüchtigen Berühren bleiben wird. Ohne es zu wollen, denke ich an meine Nemesis, meine Beziehung zu Rhona, die vier Jahre die Liebe meines Lebens war und der Grund für alle Dummheiten und Wagnisse. Mit Gewalt reiße ich mich zusammen. Das Zittern meiner Hände verberge ich hinter meinem Rücken, indem ich die Finger schmerzhaft ineinander verkrampfe.
    »Harris. Bist du verloren gegangen?«
    Ihr Lächeln ist offen aber lediglich höflich. Keine Spur eines Flirts, erkenne ich enttäuscht. Wieder einmal mache ich mir etwas vor.
    »Keineswegs«“, entgegne ich.
    Sie hebt lachend die

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