KALTHERZ
gelöscht haben. Die unverfänglichen Fotos hatte er einfach draufgelassen. Sie selbst benutzte meistens einen USB-Stick, mit dessen Hilfe sie Fotos entwickeln ließ oder einfach nur abspe i cherte.
„Ist in Knabs Wohnung oder bei seinen Sachen ein USB-Speicherstick gefunden worden?“
Fischer hob den Kopf und schaute Katja gereizt an.
„Nein, es war kein USB-Stick dabei. Unsere Leute m a chen ihre Arbeit nicht zum ersten Mal. Wenn sie etwas in dieser Richtung gefunden hätten, wüssten Sie es. Und wir haben auf seinem Laptop nur die Bilder g e funden, die Sie bereits gesehen haben, um weitere Fragen vorwegz u nehmen.“
Er konnte wirklich ein Kotzbrocken sein. Außerdem siezten sie sich immer noch, was in der Abteilung eigentlich nicht üblich war. Aber Katja hatte nicht die geringste Lust, ihm das Du a n zubieten.
Katjas Handy klingelte. Es war Jochen. Ihr Puls b e schleunigte sich. Sie hätte nicht sagen können, ob es wegen der Enttäuschung war, die nach ihrem letzten Gespräch stark an ihr nagte, oder der E r wartung, was er ihr zu sagen hatte. Wollte er sich entschuldigen? Es war eigentlich nicht seine Art, am Telefon wesentliche Dinge zu bespr e chen.
Er teilte ihr mit, dass er gut angekommen sei, aber noch ein oder zwei weitere Tage in Straßburg dranhängen müsse. Katja hatte das Gefühl, dass Jochen noch etwas sagen wol l te oder auf eine Reaktion von ihr wartete, aber sie antwo r tete einsilbig, vor allem, weil ihr die Anwesenheit von F i scher im Zimmer unangenehm war. Jochen b e endete das Gespräch, ohne dass einer von ihnen etwas Persönliches gesagt hatte. Katja war enttäuscht. Sie wusste nicht genau, was sie erwartet hatte, aber das kurze Gespräch hatte sie erneut frustriert. Sie ve r suchte, sich ihrer Arbeit zu widmen, merkte aber nach einiger Zeit, dass ihre Gedanken a b schweiften. Tat sie Jochen u n recht? Sie selbst hatte sich vor dem Tod von Lothar Meyer und ihren ersten konkreten E r fahrungen im Umgang mit geistig b e hinderten Menschen keine Gedanken über dieses Thema gemacht. Jetzt e r wartete sie von Jochen, dass er ihre neuen Eindrücke und die damit verbundenen Empfindungen mit ihr teilte. Vermutlich verlangte sie wir k lich zu viel. Trotzdem blieb ihr Groll. Er hätte sich wenigstens einmal die Mühe machen können, ihr länger zuzuhören. Aber sie hatte jedes Mal, wenn sie ansetzte, ihm von den B e hinderten zu erzählen, bemerkt, dass er schnell a b lenkte und nicht das geringste Interesse zeigte. Und die Bemerkung zu einem eigenen eventuell behinderten Kind hatte ihr den Rest g e geben. Das konnte sie ihm nicht verzeihen. Jetzt kannten sie sich schon so lange, aber er hatte ihr eine völlig neue Seite von sich gezeigt. Und di e se Seite gefiel ihr ganz und gar nicht.
Sie beschloss, Gerd Reimers anzurufen und sich nach dem B e finden von Stefan Hartmann zu erkundigen. Sie landete zuerst in der Telefonzentrale. Ein der Stimme nach junger Mann gab ihr die Auskunft: „Herr Reimers tel e foniert, müssen Sie warten.“ Er gehörte offenbar zu den Behinderten, machte seine Sache aber au s gesprochen gut. Nach kurzer Zeit meldete er sich wieder zu Wort: „Jetzt i s ser frei, ein Moment, ich verbinde.“
Katja musste lächeln und hatte kurz darauf die Stimme von Gerd Reimers am Ohr. „Ich wollte mich nur e r kundigen, wie es Stefan Hartmann geht. Hat er den gestrigen A bend einigermaßen gut überstanden?“, begann sie das G e spräch.
„Sieht ganz danach aus. Ich habe sogar das Gefühl, dass es ihm jetzt besser geht.“
„Wie meinen Sie das?“
„Ich glaube, er hatte die ganze Zeit Angst, dass ihn die Polizei a b holen könnte. Er hatte ein schlechtes Gewissen. Jetzt hat er alles erzählt, was er weiß und es geht ihm be s ser. Es geht heute viel friedlicher zwischen ihm und Se l bermann zu.“
Katja freute sich, dass die Suche nach Stefan Hartmann so glimpflich a b gelaufen war und er sich nicht mehr mit seinem schlechten Gewissen herumplagen musste. Sie wol l te sich schon ve r abschieden, als Gerd Reimers sie fragte, ob sie sich ein Bild von Lothar Meyer bei ihm zu Hause a n schauen könne.
„Warum soll ich mir das Bild anschauen?“
„Mir ist etwas Merkwürdiges bei einem Bild aufgefallen, nachdem ich es mir gestern Abend noch mal angesehen habe.“
„Dann bringen Sie mir das Bild doch am besten ins Pr ä sidium.“
Aber Gerd Reimers wehrte ab. „Es ist ein größeres Bild und ich habe es gerahmt. Es wäre ein zie m licher Akt, es zu
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