KALTHERZ
schaute Gerd Re i mers ungläubig an.
„Deswegen wollte ich, dass Sie es sich hier anschauen. Es hat mich gestern ziemlich au f gewühlt. Aber ich bin mir nicht sicher, ob er das bewusst so g e malt hat.“
Sie standen nahe beieinander, und Katja wurde sich plötzlich der Situation bewusst, dass sie sich mit Gerd Re i mers vor seinem Bett befand. Sie wollte sich wegdrehen, aber er b e rührte ihren Arm und schaute sie an. Er begann, ihre Wange zu streicheln, strich ihr das Haar aus dem G e sicht und zeichnete die Biegung ihres Halses und der Schu l ter nach. Katja wurde warm. Sie fand nicht die Kraft, seiner Berührung auszuweichen. Ihr Kopf war leer. Die Wärme ergriff nach und nach Besitz von ihrem ganzen Körper. Er hielt ihren Blick fest, berührte sie weiter, ganz leicht, als wolle er gleich aufhören, aber sein Blick sagte etwas and e res. Sie lehnte sich gegen den Türrahmen, er folgte ihrer Bewegung und lehnte seinen Körper gegen ihren. Sie spürte seine Erektion. Ihr Handy klingelte. Katja stieß ihn von sich.
„Die Kollegen“, stotterte sie, „ich muss weg, tut mir leid.“ Dann lief sie aus der Wohnung, die Treppen hinu n ter, aus dem Haus und noch ein Stück kopflos die Straße entlang. Endlich blieb sie stehen. Was um Himmels willen hatte sie sich da geleistet? Was war über sie g e kommen? Sie war völlig durc h einander. Die Blöße, die sie sich gegeben hatte, die überstürzte Flucht und all die widerstreitenden Gefühle, die die Berührungen von Gerd Reimers in ihr au s gelöst hatten. Wie hatte sie sich nur so gehen lassen kö n nen? Es war unverzeihlich. Sie hatte immer kritisiert, wenn Kollegen Privates mit Geschäftlichem vermischt hatten. Und jetzt das. Aber das Schlimmste war, dass sie sich ei n gestehen musste, dass sie nur einen Millimeter davon en t fernt gewesen war, sich völlig fallen zu lassen. Dass er G e fühle in ihr he r vorgerufen hatte, die sie nicht für möglich gehalten hatte.
Ihr fiel ein, dass das Handy geklingelt hatte. Sie schaute nach der Nummer. Es war Pfaff g e wesen. Sie musste ihn zurückrufen. Sie mussten einen Treffpunkt ausmachen, und sie musste sich jetzt eine oder mehrere Schwule n kneipen mit ihm anschauen. Sie hatte keine Ahnung, wie sie ihren Kopf klarkriegen und den Abend durc h stehen sollte.
Kapitel 2 4
„Der Obduktionsbericht von Hoffmann ist heute g e kommen. Magnus Knab könnte mit einem Stein e r schlagen worden sein, so eine Art Wackerstein. Raubmord kann au s geschlossen werden.“
Pfaff berichtete Katja die Ergebnisse der Pathologie, während sie zur ersten Kneipe fuhren. Sie blickte zum Fenster hinaus und versuchte, seinen Ausführungen zu fo l gen.
„Alles klar?“, fragte Pfaff und schaute sie von der Seite fragend an. Katja ve r suchte, sich zusammenzureißen. Sie konnte nicht nur d a sitzen und schweigen.
„Ist der Stein gefunden worden?“
„Nein, aber wir wussten ja nicht genau, wonach wir s u chen mussten. Morgen werden sich Denda und Frenz noch mal den Park vornehmen. Es gab eine kleine Baustelle in der Nähe der Stelle, an der wir Magnus Knab gefunden h a ben. Dort soll anscheinend ein gepflasterter Platz en t stehen. Es wäre möglich, dass der Mörder sich da einen Stein geholt hat. Er könnte ihn dann irgendwo im Park weggeworfen haben, nachdem er z u geschlagen hatte.“
„Kann es nur ein Mann gewesen sein?“
„Nicht unbedingt. Hoffmann meinte allerdings, der Schlag sei mit großer Wucht ausgeführt worden. Falls es e i ne Frau war, müs s te sie ziemlich kräftig sein.“
„Gertrud Wagner.“
„An die habe ich natürlich auch sofort gedacht. Wenn sie morgen nicht pünktlich im Präsidium e r scheint, lassen wir sie holen.“ Pfaff konzentrierte sich auf die Straße.
Sie erreichten das ‚Bermuda Dreieck’. Hinter der Zeil, rund um die Schäfergasse, befanden sich die meisten Schwule n kneipen Frankfurts. Seinen Namen hatte das Bermuda Dreieck durch die Anordnung der Kneipen b e kommen, die man in diesem g e dachten Dreieck finden konnte.
Pfaff lenkte das Auto in eine Parklücke.
„Wir gehen am besten ein Stück zu Fuß. Die Kneipen liegen alle nah beieinander.“
Sie standen an einer Ampel, als Katja auf der anderen Straßenseite in der Dunkelheit die Umrisse einer Engel s figur auf einem Sockel erkannte.
„Moment mal, das muss ich mir näher ansehen“, mu r melte sie vor sich hin und eilte auf die andere Straße n seite. Es war tatsäc h lich eine Engelsfigur aus dunkler
Weitere Kostenlose Bücher