KALTHERZ
hübsch g e deckte Tische. Auf allen lag ein blütenweißes gestärktes Tischtuch, auf dem hochwertiges Porzellan und diverse Gläser standen und auf Gäste warteten. Gerd Re i mers kam ihr entgegen. Er hatte mit dem Wirt, den er gut zu kennen schien, g e plaudert. Er schien kein bisschen verlegen zu sein. Im Gegenteil. Unbefangen nahm er ihre Hand zur B e grüßung in beide Hände, ließ sie wieder los, fasste sie aber gleic h zeitig um die Schulter und führte Katja zu einem Tisch. Sie w a ren die ersten Gäste. Eigentlich wollte Katja auf keinen Fall, dass Gerd Reimers sie auf diese Weise b e rührte. Aber sie merkte, wie sie auf seinen Körper reagierte. Der Wirt kam und machte ihnen ein paar Vorschläge. Es hörte sich alles sehr ve r lockend an. Sie einigten sich auf einen Rucola-Tomaten-Salat als Vorspeise, danach g e bratene Se e zunge.
Katja entspannte sich langsam. Trotz ihrer Skrupel füh l te sie sich wohl in Gerd Reimers Nähe. Er wollte von Katja den Grund ihrer Fr a gen über Lothar Meyers Aggressivität wissen und sie erzählte ihm von dem Medikament. Gerd Reimers war verblüfft. Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand Lothar ein Barbiturat vera b reicht haben sollte. Dann wurde er nachden k lich.
„Er wirkte schon öfter müde, wenn ich so über die let z te Zeit nachdenke“, sagte er zu Katja „Ich habe sein Ve r halten immer hauptsächlich auf seine Auseinande r setzungen mit Stefan zurückgeführt.“
„Ist dir sonst noch was aufgefallen?“ Katja hatte vom Sie zum Du g e wechselt. Es kam ihr merkwürdig vor, nach dem gestrigen Abend beim unpersönlichen Sie zu bleiben. Gerd Reimers lächelte sie an, bevor er wieder ernst g e worden antwortete: „Er hat sich auf jeden Fall verändert in letzter Zeit. Was vermutet ihr denn, warum ihm jemand das Barbiturat g e geben haben könnte?“
„Wir vermuten, dass er missbraucht worden ist, und zwar in der Schwulenszene.“
Gerd Reimers sah sie ungläubig an. Dann wechselte sein Gesichtsausdruck und Katja konnte kalte Wut in seinen Augen au f leuchten sehen. „Hat Magnus Knab etwas damit zu tun?“
„Wir denken ja“, antwortete Katja. „Und wir hoffen, bald Genaueres zu wissen.“ Mehr konnte und wollte sie ihm vorläufig nicht sagen. Sie befanden sich mitten in den Ermittlungen. Seine Anteilnahme und die Wut, die er g e zeigt hatte, als er von dem Missbrauchsve r dacht hörte, machten ihn ihr jedoch noch sympathischer als er ihr o h nehin schon war.
Das Essen war köstlich. Sie hatten beide das Thema L o thar Meyer nicht mehr aufgegriffen. Die Zeit war wie im Flug vergangen und Katja musste sich beeilen, um die Mi t tagspause nicht über Gebühr zu verlängern. Sie ve r abredeten sich für den nächsten Tag.
Die Razzia am Abend ging schnell über die Bühne. Sie nahmen den Wirt und einige Gäste zur B e fragung mit ins Kommissariat. Alle erkannten Magnus Knab und Lothar Meyer auf den gezeigten Fotos einwandfrei. Aus ihren ü berei n stimmenden Aussagen ging klar hervor, dass Magnus Knab, Lothar Meyer und ein dritter Mann, von dem sie nur wussten, dass er Tom hieß, öfter im Stall ve r kehrt und auch den Darkroom aufgesucht hatten. Was dort passiert war, konnten sich Katja, Pfaff und Stemmler, der bei der B e fragung persönlich dabei war, nur fragmentarisch z u sammenreimen. Da der Raum kaum b e leuchtet war, blieben die Aussagen der Zeugen lückenhaft. Einige der Gäste, die sie zur B e fragung mitgenommen hatten, sagten, dass der, der etwas ‚merkwürdig’ aussah, nicht in die Szene gepasst habe. Aber die beiden anderen hätten ihren Spaß mit ihm gehabt. Niemand kannte den vollen Namen des Freundes von Magnus Knab.
Katja drehte sich der Magen um, als sie sich vorstellte, wie Lothar Meyer gelitten haben musste. Niemand hatte ihm geholfen. Es war wohl nicht mehr von der Hand zu weisen, dass Lothar Meyer von Magnus Knab mis s braucht worden war. Und es gab mindestens eine Person, die ihm dabei geholfen hatte und die sie u n bedingt finden mussten. Wo sie ihn suchen sollten, blieb weiter unklar. Denn alle Befragten sagten übe r einstimmend aus, dass sie den Freund von Magnus Knab in den vergangenen Tage nicht mehr g e sehen hatten. Katja war sich ziemlich sicher, dass er sich in nächster Zeit auch nicht mehr in der Szene wü r de blicken lassen.
Sie hatten nach wie vor nichts Konkretes in der Hand. Stemmler hatte kurz nach der Zeugenvernahme wortlos das Haus verlassen. Die Au s sagen waren auch an ihm nicht spurlos
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