Kammerdiener gesucht
tut?«
»Ich werde mir alles ins Gedächtnis zurückrufen, was vor vielen Jahren Vaters Diener zu tun hatte. Ihr erinnert euch ja an ihn. Schrecklich vornehm war er oft und schüttelte besonders über uns Kinder seinen korrekt gebürsteten Kopf, wenn wir durch das Schloß tobten.«
»Und ob ich noch an den alten Trottel denke! Er riskierte ge-nausoviel wie euer Vater an den Spielbanken, nur verlor er nicht, sondern gewann, was eben nur den Dämlichen gelingt. Also, du meinst, daß du so etwas machen kannst? Schön - aber wie lange wird das gehen?«
»Optimist muß man sein. Erst einmal über meinen und Gertraudes Tiefpunkt hinwegkommen, das ist doch das Wichtigste. Und es wäre ein unvorstellbares Glück, wenn alles wirklich so klappen würde, wie wir hoffen. Nun aber komme ich mit meiner Bitte zu dir, Tantilein. Ich brauche ein Zeugnis.« Kuno sah Tantilein mit hochgezogener Stirn an. »Weißt du, so eins, daß mich jeder mit Kußhand sofort engagiert.«
»Schwindeln soll ich, Lausejunge?«
»Paß auf, Tantilieb - Kammerdiener Kuno bringt jetzt das Teegeschirr hinaus - prächtig, nicht wahr? Und nun richtet der Kammerdiener Kuno alles für die Damen, da sie noch bei einem Brandy (ich übrigens auch noch einen) und einer Zigarette (ich übrigens auch noch eine) ein Stündchen plaudern wollen. Kuno sieht nach dem Kaminfeuer -« Nun hantierte er zum Schein in einer Ecke des kleinen Zimmers mit Buchenholzkloben und Feuerzange. »Dann ziehe ich mich bescheiden zur Tür zurück und frage, wieder meine weißen Handschuhe übergezogen: >Haben Gnädigste noch Befehle, oder kann ich jetzt für die Garderobe des Herrn Professor sorgen?< «
»Wenn Sie nicht augenblicklich die lächerlichen weißen Handschuhe ausziehen, muß ich Sie sofort entlassen. Ich erwarte von meinem Personal peinlich sauber gepflegte Hände -also wozu weiße Handschuhe? Sind wir bei Fürstens? Nur bei 'nem komischen Professor bist du ein ebenso komischer Kammerdiener, und ich will nur hoffen, daß ihr zwei komischen Zeiterscheinungen gut aufeinander abgestimmt sein werdet.« Tante Schirin mußte herzlich lachen. »Also, was soll in dem Zeugnis drinstehen, nachdem ich mich nun hinlänglich überzeugte, daß du ein gar trefflicher Kammerdiener bist?«
»Schreibst halt, mit Datum vor einem Vierteljahr, daß du dich auf eine Weltreise begibst und demzufolge leider auf meine sehr angenehmen und vortrefflichen Dienste verzichten mußt; daß ich stets ehrlich, stets nüchtern und immer dienstbereit gewesen sei, daß du mir alles Gute für die Zukunft wünschst. So ungefähr muß das aussehen. Wuchtig setzt du dann, wirkungsvoll und unleserlich, deinen Namen darunter, ausgestellt in irgendeiner norddeutschen Stadt - und der Laden klappt.«
»Und wenn das herauskommt?«
»Habe mich bis dahin hoffentlich schon unentbehrlich bei meinem neuen Chef und Meister machen können.«
Kopfschüttelnd sahen ihn Tante und Schwester an, leise Zweifel am Gelingen alles dessen, was geplant war, im Blick. Aber dann richtete sich Gertraude auf, und energisch, beinahe trotzig erklärte sie: »Es muß einfach klappen - ich glaube ganz fest daran! Ich will zurück nach Torhaus Gleichen, ich bin krank vor Sehnsucht nach dem Haus, nach dem Park!« Schluchzend ließ sie den Kopf auf den Tisch sinken. Zärtlich streichelten ihr
Schirin und Kuno das weiche Haar, und Castor und Pollux sprangen an ihr hoch - Trost von allen, die sie liebhatten.
Nachdem sie sich wieder gefaßt hatte, wurde in Gemeinschaftsarbeit das Zeugnis getippt und wuchtig, aber undeutlich ein Name darunter gesetzt. »Urkundenfälschung, Junge - auf dein Haupt komme es!«
»Die Sache will es; und wenn ich bei meinem neuen Chef gesiegt habe, sage ich ehrlich und tapfer die Wahrheit.« Nun wurde das auf steifem Papier geschriebene Aktenstück ein wenig geknautscht, drei-, viermal anders gefaltet und in ein billiges Kuvert gesteckt, das ebenfalls auf »gebraucht« frisiert wurde. »Na, sieht das nicht prima aus?«
»Hat es seine Pflicht getan, dann bitte ich mir aber aus, es zu vernichten. Ich will wieder ruhig schlafen. Mein Mann hätte mir bittere Vorwürfe gemacht für diesen Leichtsinn.«
»Gut also, daß er fröhlich und wohlversorgt im Himmel als Engelein herumschwebt und auf uns niederblickt. Wieder einen Schritt weiter, Gertraude. Nun bügele ich morgen meinen Anzug auf, reibe den Kragen meines besten Regenmantels mit Benzin ab, bürste die Dackelviecher auf Hochglanz und Schönheit, und übermorgen
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