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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gibert
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ist das alles ziemlich nervig.«
    »War das der Brand in Harleshausen?«
    »Ja.«
    »Davon habe ich im Radio gehört. Da wurde aber gesagt, dass es keine Toten oder Verletzten gegeben hat.«
    »Stimmt genau. Er hing im Reinhardswald an einem Seil, und kurze Zeit später hat es bei ihm gebrannt. Aber darüber wollte ich eigentlich gar nicht mit dir reden.«
    Ihre Stimme wurde jetzt leiser und wohliger.
    »Worüber denn?«
    »Über konspirative Treffen, den Austausch von Körperflüssigkeiten, leise Gespräche und viel Herzschmerz, wenn du danach in die Arme deines Mannes zurückkehrst.«
    Für einen Moment war Stille in der Leitung.
    »Und das willst du alles auf einmal? Ziemlich viel verlangt.«
    »Das glaube ich nicht. Wir müssten uns nur über den Zeitpunkt einig werden. Wie wäre es mit heute Abend?«
    »Leider ganz und gar unmöglich. Erich bekommt heute Abend seinen Verdienstorden ans Revers gepappt. Aber das weißt du doch seit Monaten.«
    »Stimmt«, fiel es Lenz ein, »das hatte ich wirklich überhaupt nicht mehr auf dem Schirm. Wie ist es mit morgen Abend?«
    Maria Zeislinger gab vor zu überlegen.
    »Morgen?«
    »Maria, mach mich nicht wahnsinnig! Ich weiß genau, dass du mich nur einen Moment zappeln lassen willst, um dann voller Freude ›ja‹ zu sagen.«
    »Genau«, bestätigte sie.
    »Was genau?«
    »Beides genau. Zuerst will ich dich einen Moment zappeln lassen, dann sage ich mit Freude im Herzen ›ja‹.«
    »Miststück.«
    Sie lachte laut los.
    »Das würde der Kasseler Oberbürgermeister bestätigen, wenn er sich dieses Telefonat anhören dürfte. Also bis morgen, ich bin gegen halb zehn da. Und ich freu mich auf dich.«
    »Dito«, sagte Lenz, beendete das Gespräch und verließ das Büro.
    Ein paar Minuten später saß er erneut seinem Freund Uwe Wagner gegenüber.

6
    »Wie, du willst alles über die IHK im Allgemeinen und die IHK Kassel im Speziellen wissen?«, fragte der Pressesprecher.
    »Na, wie ich es sage«, antwortete Lenz. »Mir ist vorhin aufgefallen, dass ich so gut wie gar nichts über die IHK weiß. Was macht sie eigentlich? Wer finanziert sie? So einen Palazzo Prozzo bekommt man ja nicht für ein paar Euro hingestellt. Wie viele Mitglieder hat sie? Das alles will ich von dir wissen, und am besten gleich.«
    Wagner sah ihn ungläubig an, schüttelte den Kopf und sah auf seine Uhr.
    »In 20 Minuten habe ich einen Termin im Polizeiladen. Das heißt, dass ich in zehn Minuten hier abhaue. Aber gut, bis dahin versuche ich, dich in die Funktionsweise der IHK Kassel einzuweihen.« Er goss sich und Lenz Kaffee ein und lehnte sich zurück.
    »Also, die IHKs sind eigenverantwortliche Körperschaften des öffentlichen Rechts. Das heißt, wir haben es hier mit einem Verband zu tun. Getragen wird dieser Verband von seinen Mitgliedern, in diesem Fall also von den gewerblichen Unternehmern. Die finanzieren mit ihren Beiträgen die jeweiligen IHKs ihrer Region, die sogenannten Kammerbezirke.«
    »Was für Aufgaben genau nehmen die Kammern wahr?«
    »Na, zum Beispiel sind sie für die Prüfungen von Auszubildenden, Gesellen und Meistern zuständig und nehmen sie ab. Weiterhin stehen sie ihren Mitgliedern in Rechtsfragen zur Seite und kümmern sich um fairen Wettbewerb. Sie beraten auch, zum Beispiel bei Existenzgründungen, erstellen Gutachten für Gerichte oder staatliche Verwaltungen. Da liegt auch ein großes Manko, das man als Mitglied schlucken muss.«
    »Und das wäre?«
    »Die Mitglieder sind ja nicht freiwillig in die IHK ihres Bezirks eingetreten. Jeder Gewerbetreibende in unserem Land ist verpflichtet, bei denen seinen Beitrag abzuliefern. Das ist natürlich vielen erstens ein Dorn im Auge und zweitens ein Kostenfaktor.« Er nippte an seinem Kaffee. »Ein Beispiel: Ich will mich mit einem Gemüseladen selbstständig machen, und zwar genau neben deinem Gemüseladen, was du natürlich nicht leiden kannst. Ich gehe zur IHK und lass mich ausführlich beraten, wie ich mir am besten ein möglichst großes Stück deines Kuchens abschneiden kann. Und diese Beratung, lieber Paul, finanzierst du über deine Beiträge auch noch zu einem Teil mit. Klasse, oder?«
    Lenz dachte einen Moment nach.
    »Warum lassen sich die Leute das gefallen? Ich würde versuchen, da rauszukommen.«
    »Das haben wohl schon einige probiert, aber geschafft hat es meines Wissens noch keiner. Und es gibt ein paar Vereine, die seit Jahren ganz offensiv für die Abschaffung des Kammerzwangs kämpfen. Mit einem von ihnen, den

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