Kammerflimmern
woher das Geld in Wirklichkeit stammt.«
Hain startete den Motor, fuhr aus der Parklücke und nahm Kurs auf das Präsidium.
»Vielleicht wollen die Menschen nur die Fassade sehen«, spann er seinen Gedanken weiter. »Solange alles gut geht, will niemand die Wahrheit wissen. Blochin ist derjenige, der den Menschen zeigt, wie sie sein könnten, wenn sie so viel Geld hätten wie er. Das reicht offensichtlich den meisten als Leumundszeugnis.«
Lenz dachte einen Moment nach.
»Es tut mir richtig leid, dass ich dir recht geben muss«, stimmte er seinem Kollegen gequält zu. Ihm war noch immer übel, und wenn er an eine Zigarette oder Zigarettenrauch dachte, wurde es nur schlimmer.
»Wir haben heute zwei Mörder dingfest gemacht«, wechselte Hain das Thema.
»Na ja, unter dingfest stelle ich mir eigentlich was anderes vor. Wir haben zwei tote Russen, die vermutlich für den Tod einiger Menschen verantwortlich sind.«
»Zweifelst du daran, dass sie die beiden Frauen erschossen haben?«
»Nicht wirklich. Viel wichtiger wäre es, herauszufinden, ob sie Patzke und Goldberg umgebracht und Frommert von der Straße geputzt haben. Das können wir mit relativer Sicherheit sagen, wenn der Fingerabdruck auf dem Feuerzeug und der aus der Wohnung in der Friedrich-Ebert-Straße zu einem der beiden passt, zumindest für die Toten aus dem Reinhardswald.«
»Wie geht’s denn mit Blochin weiter?«
Lenz hatte mit dieser Frage gerechnet und sich ein wenig davor gefürchtet.
»Im Präsidium klären wir jetzt erst einmal, ob für morgen schon etwas geplant ist. Wenn nicht, überlegen wir uns das weitere Vorgehen. Und wenn tatsächlich morgen früh 200 Mann bei denen auf der Matte stehen, kriegt das alles eine ganz neue Dimension.«
»Seine Beteiligung an den Morden haben wir ihm damit wahrscheinlich aber noch lange nicht bewiesen.«
»Wenn wir es denn jemals schaffen sollten. Allerdings haben wir noch das eine oder andere Eisen im Feuer. Die Diskette zum Beispiel.«
»Du glaubst wirklich daran, dass es diese Diskette gibt?«
»Ach, Thilo, was weiß ich. Aber es hat sie zumindest mal gegeben, wenn Anna Hohmann nicht im Morphiumwahn dummen Zeugs geredet hat. Und wir sollten nicht den Brand in Goldbergs Haus vergessen. Seine Wohnung ist aufgebrochen und auf den Kopf gestellt worden. Vielleicht haben der oder die Täter nach genau dieser Diskette gesucht.«
Sie hatten den Parkplatz des Präsidiums erreicht, stellten den Wagen ab und gingen nach oben. Auf dem Flur vor ihren Büros kam ihnen Ludger Brandt entgegen.
»Männer, das muss jetzt wirklich aufhören«, wurden sie von dem Kriminalrat empfangen.
»So viele Leichen in so kurzer Zeit stellt man sich vielleicht in Frankfurt vor oder in Hamburg, aber nicht bei uns in Kassel«, erklärte er mit finsterer Miene weiter. »Sind die beiden vom Rasthof die Mörder der Frauen?«
»Wie es aussieht, ja. Im Kofferraum lagen Frauenklamotten, und sie haben mit Makarovs geschossen. Warten wir auf die Ballistik, aber ich habe keinen Zweifel.«
Brandt überlegte einen Moment.
»Gut. Dann gehst du jetzt am besten gleich zu Uwe Wagner und erklärst ihm, was da passiert ist. Es wäre sicher gut, wenn die Medien diesen schnellen Erfolg möglichst noch heute Abend vermelden. Wir treffen uns um halb acht oben im Konferenzraum zwei, um den morgigen Einsatz mit den anderen Abteilungen abzustimmen. Thilo, du kommst mit und hilfst mir, unseren Teil zu koordinieren.«
Hain verzog kaum sichtbar die Mundwinkel.
»Ist klar, Ludger.«
Uwe Wagner war am Telefonieren. Als Lenz eintrat, beendete er ohne große Umstände das Gespräch.
»Hallo, Kumpel. Ich habe gehört, du kannst mir alles zu den vielen Leichen erzählen, mit denen du dich so beschäftigst.«
Er stand auf, kam um den Schreibtisch herum und nahm seinen Freund in den Arm.
»Du siehst scheiße aus«, bemerkte er süffisant.
»Mir geht’s auch nicht gut. Aber lass mich dir erst mal die Ereignisse der letzten acht Stunden erzählen.«
In den nächsten 15 Minuten hörte Wagner aufmerksam zu, stellte die eine oder andere Zwischenfrage und machte sich eifrig Notizen.
»Das heißt, die Morde an den beiden Frauen im Wald sind aufgeklärt?«
»Wie es aussieht, ja«, bestätigte Lenz auch Wagner.
»Na, herzlichen Glückwunsch. Da hat Kommissar Zufall doch mal ganz herzhaft nachgeholfen. Und wenn der Kollege und die Kollegin noch durchkommen, ist das ein schöner Erfolg für dich.«
»Aber ich kann doch überhaupt nichts dafür«,
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