Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gibert
Vom Netzwerk:
Tipp gegeben habe. Mit der Polizei zusammenzuarbeiten, das ist für die noch schlimmer, als ein Kind zu schänden. Verstehen Sie?«
    »Ich verstehe, Sergej. Und ich will nicht, dass du unseretwegen uns Ärger bekommst. Also frage ich dich nicht, was du über die ›Abschtschjaks‹ weißt. Aber vielleicht kannst du mir ja bei einem anderen Landsmann von dir helfen?«
    Der Russe stöhnte leise auf.
    »Wem denn?«
    »Boris Blochin.«
    Nun riss Kowaljow die Augen auf.
    »Sie sind wirklich witzig, Herr Kommissar. Sagen, dass Sie nichts über die ›Abschtschjaks‹ wissen wollen, und fragen im nächsten Atemzug nach ihrem größten Geschäftspartner hier in der Gegend. Was soll ich jetzt machen, lachen oder weinen?«
    Lenz sah ihn überrascht an.
    »Moment. Du weißt, dass Blochin und die ›Abschtschjaks‹ zusammenarbeiten?«
    Wieder stöhnte Kowaljow auf, diesmal tiefer und lauter.
    »Ich weiß gar nichts, Herr Lenz. Jeder hier in der Gegend, der sich mit Blochin angelegt hat, ist mit einer blutigen Nase nach Hause gekommen. Entweder wörtlich oder bildlich, das können Sie sich aussuchen. Blochin hat so einflussreiche Freunde, dass er nur im Ausnahmefall auf die ›Abschtschjaks‹ zurückgreifen muss. Er ist ein brutaler und gewalttätiger Mensch, aber er ist nicht auf Gewalt angewiesen, jedenfalls nicht sehr oft. Vieles kann er mit Geld regeln, manches andere durch einfache Drohungen. Und das, was so nicht zu haben ist, dafür hat er die Diebe im Gesetz.«
    »Die Diebe im Gesetz?«
    »Ja, Diebe im Gesetz. So nennen sich die ›Abschtschjaks‹ selbst. Ich würde sie eher mafiöse Killer nennen.«
    Lenz dachte an sein Erlebnis der vergangenen Nacht.
    »Ich auch, Sergej.«
    Er öffnete die Jacke, weil ihm in der kleinen Kabine der Schweiß ausbrach. Außerdem kämpfte er mit Kowaljows knoblauchgeschwängertem Atem.
    »Was weißt du sonst noch über Blochin?«
    Der Russe zuckte die Schultern.
    »Was man so hört. Er ist nach außen ein großes Tier im Geldgeschäft, aber in Wirklichkeit betreibt er eine große Waschmaschine. Wie er es genau macht, weiß ich nicht, aber er macht aus tiefschwarzem russischem Geld über seine BBE blütenweiße Scheine.«
    »Und du weißt wirklich nicht, wie er es macht?«
    Kowaljow stöhnte erneut, sah sich um, als ob sich ein Dritter in die Kabine geschlichen haben könnte, und zog dann seine dicken, buschigen Augenbrauen hoch.
    »Ein ehemaliger Mitarbeiter, der bei mir ab und zu im Internet gesurft ist, hat ein paar Bemerkungen gemacht.« Er hob abwehrend die Hände. »Aber bitte, das ist alles aus zweiter Hand. Und außerdem ist der Mann nicht gut auf Blochin zu sprechen, das weiß ich genau.«
    Lenz musste einen Moment warten, bis der Russe seine Zigarette ausgedrückt, den tiefen letzten Zug ausgeblasen hatte und weitersprach.
    »Er meint, dass Blochin Luftnummern bucht. Er macht Umsätze, die gar nicht da sind. So wird aus dem schmutzigen russischen Geld sauberes deutsches.«
    Der Hauptkommissar nahm einen tiefen Atemzug in der Hoffnung, möglichst viel von Kowaljows Secondhand-Rauch abzubekommen, hatte dabei jedoch zum ersten Mal seit Jahren den Eindruck, dass ihm davon übel wurde, und fing an zu husten. Als er wieder vernünftig atmen konnte, sah er den Russen fragend an.
    »Wie genau soll das denn gehen?«
    »Da fragen Sie mich nun wirklich zu viel, Herr Kommissar. Natürlich habe ich schon darüber nachgedacht, wie es gehen könnte, aber mir ist dazu nichts eingefallen.«
    Er sah durch das Bullauge in der Tür in seinen Verkaufsraum.
    »Vielleicht liegt es daran, dass ich ein Internetcafé mit ein paar Telefonkabinen betreibe, das an manchen Tagen gerade meine Kosten für Tee und Zigaretten einspielt. Wenn ich so viel Geld hätte wie Blochin und damit herumwerfen könnte wie er, wäre ich bestimmt schon auf die richtigen Tricks gekommen.«
    Sein Gesicht nahm einen traurigen Ausdruck an.
    »Aber so …«
    »Ist Blochin beliebt bei deinen Landsleuten?«
    Nun fing Kowaljow an zu lachen.
    »Ist Moskau eine Stadt? Ist der Pope katholisch? Natürlich ist er beliebt, bei allem, was er für die Leute tut. Er ist ein Wohltäter, hört man immer wieder. Dass diese ganze Großzügigkeit auf kriminellen Füßen steht, interessiert die Menschen nicht, solange sie einen Vorteil für sich ausmachen können.«

28
     
    »Ich kann nicht verstehen, dass sich so einer jahrelang als Wohltäter und unbescholtener Bürger präsentieren kann und niemand ernsthaft fragt, wie das alles zustande kommt,

Weitere Kostenlose Bücher