Kammerflimmern
erwiderte Lenz matt. »Ganz im Gegenteil, ich stecke bis zu den Ohren in Schwierigkeiten.«
Wagner sah ihn irritiert an. Lenz stand auf, schloss die Bürotür und sperrte von innen ab.
»Ho, ho, Brauner. Ich liebe dich auch, aber ist das nicht ein wenig verfrüht? So gut kennen wir uns doch auch wieder nicht.«
»Mir ist nicht nach Witzen zumute, Uwe. Ich bin wirklich in der Bredouille.«
Wagner merkte, dass es nicht die Zeit zum Scherzen war.
»Sag an, Paul, was ist los.«
Lenz holte tief Luft.
»Ich weiß, dass es überflüssig ist, aber du musst mir hoch und heilig versprechen, dass du mit niemandem, auch nicht mit Ingrid, über das redest, was ich dir gleich erzählen werde. Versprichst du es?«
»Mein lieber Mann, es scheint sich ja um ein Geheimnis staatstragenden Ausmaßes zu handeln. Und normalerweise sollte ein Ehemann keine Geheimnisse vor seiner Ehefrau haben, aber in diesem Fall … Natürlich verspreche ich dir, mit niemandem darüber zu sprechen, auch nicht mit Ingrid.«
»Gut.«
Lenz war sich noch immer nicht sicher, wie viel er seinem Freund erzählen würde, aber er brauchte jetzt jemanden, der ihm zuhörte.
»Ich habe eine Freundin«, begann er vorsichtig und machte eine Pause.
»Das ist nun wirklich kein Geheimnis, Paul. Das einzige Geheimnis, das du daraus machst, ist ihre Identität. Ich habe mich schon öfter gefragt, ob sie so hässlich ist, dass du sie nirgendwo präsentieren kannst, es eine stadtbekannte Hure ist oder eine berühmte Persönlichkeit, der du vielleicht peinlich sein könntest.«
Lenz lächelte verlegen.
»Solche Gedanken machst du dir?«
Wagner nickte.
»Sie ist nicht hässlich, ganz im Gegenteil, sie ist wunderschön. Und als Hure würde sie vermutlich nur ihr Mann bezeichnen, wenn er wüsste, dass wir ihm Hörner aufsetzen, mit denen er durch keine Tür mehr passt.«
Der Pressesprecher pfiff durch die Zähne.
»Die Dame ist verheiratet … Das erklärt natürlich einiges.«
Wieder holte Lenz tief Luft.
»Wichtig ist nicht, dass sie verheiratet ist, Uwe, sondern mit wem sie verheiratet ist.«
»Jetzt machst du es aber wirklich spannend.«
Er stand auf, goss sich und Lenz einen Becher Kaffee ein und stellte die beiden dampfenden Tassen auf den Tisch.
»Du hast also ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau, deren Mann berühmt oder bekannt ist?«
»So ähnlich, ja.«
Wagner nahm einen Schluck Kaffee, ließ seinen Stuhl nach hinten kippen und sah Lenz erwartungsvoll an.
»Ich will mal andersrum anfangen, Uwe. Dass wir seit sechs Jahren …«
»Sechs Jahre?«
Wagner ließ sich nach vorne fallen und stützte die Ellbogen auf den Tisch.
»Das mit euch geht seit sechs Jahren, und du hast es nie für nötig befunden, mir was davon zu erzählen?«, zischte er mit gespielter Empörung.
Lenz ging nicht darauf ein.
»Dass wir seit sechs Jahren was miteinander haben, ist nicht mein Problem, Uwe. Wir haben es bisher gut verstanden, das alles so geheim wie nur irgend möglich zu halten. Du bist der Erste, mit dem ich überhaupt darüber spreche. Aber es gibt leider noch jemanden, der darüber Bescheid weiß, und das ist mein Problem.«
Nun sah Wagner ihn ernst an.
»Wer weiß Bescheid, und von welcher Frau sprechen wir, Paul?«
»Boris Blochin hat mich heute Mittag in sein Büro bestellt und mir ganz unverhohlen damit gedroht, mein Verhältnis zu ihr auffliegen zu lassen.«
»Der Russe?« Wagner verzog angewidert das Gesicht. »Was hat denn der Russe mit dir und der Frau zu tun?«
»Bis gestern Nacht gar nichts. Dann kam die Sache mit den beiden, die jetzt tot auf dem Rastplatz liegen. Ich vermute, sie haben mich observiert und sind dabei auf meine Verbindung zu Maria gestoßen.«
»Maria?«
»Ja, Maria. Davon haben sie dann wohl Blochin brühwarm berichtet.«
»Hat diese Maria noch mehr Namen, oder ist sie ein Rockstar, den ich nicht kenne?«
»Gleich, Uwe. Blochin erpresst mich mit seinem Wissen. Oder er versucht es zumindest.«
Wagner ließ sich wieder zurückfallen.
»Alles gut und schön, Paul, aber solange ich nicht weiß, von wem du redest, fällt es mir schwer, dich zu bedauern oder Mitleid zu haben. Dann lass Blochin halt der Welt erzählen, mit wem sie ihren Mann betrügt.«
»Es ist Maria Zeislinger.«
Wagners Hirn konnte offenbar ein paar Zehntelsekunden nicht verarbeiten, was seine Ohren ihm vermeldet hatten, denn er verharrte völlig unbeeindruckt in seinem Stuhl. Dann riss er die Augen auf.
»Ach du Scheiße, lass ihn doch
Weitere Kostenlose Bücher