Kammerflimmern
lieber nicht der Welt erzählen, mit wem sie ihren Mann betrügt.«
Der Pressesprecher schüttelte ungläubig den Kopf und machte dabei ein ziemlich dämliches Gesicht.
»Jetzt kann ich mir gut vorstellen, dass dir die Klammer geht. Wenn Schoppen-Erich rauskriegt, dass du es mit seiner Frau treibst, und das schon seit sechs Jahren, bist du in Kassel geliefert. Und wahrscheinlich anderswo auch.«
Lenz hob die Hände und sah ängstlich zur Tür.
»Würde es dir was ausmachen, mein Liebesleben etwas weniger lautstark zu kommentieren? Sonst kann ich mich gleich selbst auf den Flur stellen und jedem erzählen, mit wem ich bevorzugt meine knappe Freizeit verbringe.«
Wagner nickte entschuldigend.
»Schon gut, tut mir leid. Aber du musst zugeben, dass so eine Mitteilung einen Mann schon mal aus den Schuhen hauen kann, nicht wahr?«
Er griff nach seiner Kaffeetasse und nahm einen großen Schluck.
»Ich kann kaum glauben, dass ihr es so lange geschafft habt, diese Geschichte geheim zu halten. Das muss doch ein irrsinniger Aufwand sein, mit einer Frau, die so in der Öffentlichkeit steht. Und dazu mit einem Mann verheiratet ist, der dir die Eier abschneiden würde, wenn er davon wüsste.«
»Vielleicht weiß er es ja schon, Uwe. Blochin hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er sein Wissen mit dem OB teilen wird, wenn ich mich nicht mit ihm einige.«
Die nächsten Minuten verbrachte der Hauptkommissar damit, seinem Freund die Einzelheiten des letzten Gesprächs im Büro des Russen zu schildern.
»Gute Konditionen, finde ich«, fasste Wagner schmunzelnd zusammen. »Allerdings, befürchte ich, müsstest du dafür die Seite wechseln und auch auf deine üppigen Pensionsansprüche verzichten. Und wahrscheinlich würden wir dich irgendwann mal verhaften.«
Lenz kniff die Augen zusammen.
»Das steht doch alles gar nicht zur Diskussion. Meine einzige Sorge ist, ob und wie ich verhindern kann, dass er Zeislinger steckt, mit wem seine Frau ein Verhältnis hat. Ich bin ziemlich fertig deswegen und zucke schon zusammen, wenn irgendwo ein Telefon klingelt.«
»Das kann ich gut verstehen, Paul. Und ich will gar nicht an die dienstrechtlichen Konsequenzen denken, wenn herauskommt, dass du mit einem potenziellen Mordauftraggeber ein vertrautes Gespräch geführt hast, dessen Inhalt ein Erpressungsversuch war. Das dürfte das Ende deiner Karriere als Polizeibeamter sein.«
Lenz sank in seinen Stuhl und fuhr sich stöhnend durchs Haar.
»Daran will ich besser auch nicht denken. Aber im Moment bin ich nur Passagier in diesem Bus, gefahren wird er von Blochin.«
Wagner legte die Stirn in Falten.
»Und, mein Freund, ist sie es wert?«
»Maria?«
»Klar, Maria Zeislinger. Ist sie dieses ganze Theater wert?«
Nun wurde Lenz wieder deutlich entspannter. Seine Mundwinkel hoben sich, und seine Augen begannen zu glänzen.
»Ganz sicher ist sie es«, antwortete er.
29
Um halb acht saßen 18 Frauen und Männer von vier verschiedenen Kommissariaten, drei Mitarbeiter des Zolls und zwei Staatsanwälte im Konferenzraum zwei des Polizeipräsidiums Kassel und besprachen die Strategie der für den nächsten Tag angesetzten Durchsuchung der Büroräume der BBE und der Privaträume von Boris Blochin. Es wurden minutiöse Pläne erstellt, wer wann und mit welchem personellen Aufwand in die Aktion eingreifen würde. Lenz war erstaunt darüber, dass in diesem Fall wirklich alle Beteiligten an einem Strang ziehen wollten. Manche größere Aktion, an die er sich erinnerte, war eher geprägt von Kirchturmdenken und Eifersüchteleien, doch an diesem Abend hatte er ein gutes Gefühl.
Kurz nach zehn war die Sitzung zu Ende, und Lenz ließ sich von Hain nach Hause bringen. Dort legte er sich in die Badewanne, griff zum Telefon und wählte Marias mobile Nummer. Zu seiner Überraschung war weder sie noch ihre Mobilbox zu erreichen. Kurz darauf probierte er es erneut, jedoch mit dem gleichen Ergebnis. Weitere fünf Minuten später war er angezogen und auf dem Weg zum Frasenweg.
Mit jedem Meter, dem Lenz sich der Wohnung näherte, in der Maria hoffentlich auf ihn warten würde, nahm seine Nervosität zu. Vor seinem geistigen Auge spielten sich Szenen einer Ehe ab, mit Erich und Maria Zeislinger in der Hauptrolle. Regie führte allerdings nicht Ingmar Bergman, sondern ein russischer Laienregisseur namens Blochin. Dort, wo ihn in der Nacht zuvor die beiden Russen eingeholt hatten, blieb er einen Moment stehen, rief sich die Situation noch einmal
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