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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gibert
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ins Gedächtnis und schauderte dabei. Kurze Zeit später stand er vor dem Haus und klingelte. Es kam keine Reaktion, auch sein zweites und ein weiteres Läuten wurden nicht beantwortet. Besorgt sah der Kommissar an der Fassade nach oben, aber alle Rollläden an den Fenstern waren heruntergelassen. Er trippelte von einem Fuß auf den anderen, nahm sein Mobiltelefon in die Hand und drückte auf die Taste der Wahlwiederholung. Wieder erklärte ihm eine Computerstimme, dass der gewünschte Gesprächspartner nicht zu erreichen sei. Noch bevor der englischsprachige Teil der Ansage begann, hatte er die Verbindung unterbrochen und machte sich auf den Heimweg.
     
    Zwei Stunden später lag Lenz noch immer wach und versuchte, Gedankenhygiene zu betreiben, doch es gelang ihm nicht einmal im Ansatz. Die wildesten Fantasien jagten ihm durchs Hirn, ohne dass er darauf Einfluss nehmen konnte. Sein Film im Kopf endete immer damit, dass Erich Zeislinger seiner Frau etwas antat. Wieder und wieder wählte er, immer mit dem bekannten Ergebnis. Einmal überlegte er ernsthaft, sie unter ihrer Nummer zu Hause anzurufen, doch die hatte sie ihm nie gegeben. Wozu auch?
    Zwischen zwei und halb fünf schlief er, und noch bevor sein Wecker um kurz vor fünf klingelte, stieg er in den Bus und fuhr zum Präsidium.
     
    Der Beginn der Durchsuchungen war für sechs Uhr angesetzt. Lenz saß mit Hain, Brandt und Gecks in einem zivilen Dienstwagen. Sie fuhren nach Wilhelmshöhe, wo Blochin in einer mondänen Villa residierte. Insgesamt waren in diesen Minuten 145 Beamte auf dem Weg zur BBE und 55 zu Blochins Privatadresse. Auf die Sekunde genau um sechs Uhr fuhren acht Pkws und vier Kleintransporter durch das riesige gusseiserne Doppeltor und stoppten auf dem weitläufigen Parkplatz vor der Eingangstür. Zur gleichen Zeit begann die Durchsuchung der Geschäftsräume in Niederzwehren.
     
    Ein Staatsanwalt mit dem Durchsuchungsbeschluss in der Hand bildete die Spitze der illustren Truppe, die sich in der Dunkelheit vor Blochins Tür versammelte. Der Mann klingelte, und ohne Verzögerung wurde die Tür geöffnet. Die überraschten Beamten sahen in die Gesichter dreier in der Stadt wohlbekannter und hoch geschätzter Strafverteidiger.
    »Guten Morgen, die Herren«, begrüßte der älteste der drei die verdutzten Staatsdiener, griff wortlos nach dem Durchsuchungsbeschluss und begann zu lesen. Lenz warf einen kurzen Blick zu Brandt, der nur mit den Schultern zuckte. Auch Hain war mit der Situation offensichtlich überfordert.
    »Zunächst«, begann der Strafverteidiger, »muss ich aufs Schärfste protestieren. Was ich hier lese, erfüllt nach meiner Auffassung den Straftatbestand der Rechtsbeugung. Aber dazu werden Sie im Lauf des Tages von mir hören. Im Moment kann ich Sie nicht an Ihrem grenzwertigen Handeln hindern, allerdings wird einer meiner Mitarbeiter sofort die Beschwerde gegen diesen Durchsuchungsbeschluss formulieren. Und nun kommen Sie bitte herein und fangen an, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit für diesen Quatsch.«
     
    Der Staatsanwalt rang um Fassung, die Mitarbeiter des Zolls rollten die Augen, und Lenz’ Telefon klingelte. Er ging ein paar Schritte zur Seite und sah auf das Display, konnte aber mit der Nummer nichts anfangen.
    »Ja bitte«, meldete er sich.
    »Hallo, Paul, ich bin’s, Maria.«
    Lenz entfernte sich einige weitere Meter von der Haustür, bevor er antwortete.
    »Mensch, Maria, das ist wirklich schön, dass du dich meldest. Ich habe den ganzen Abend versucht …«
    »Ich hatte schon so etwas befürchtet«, unterbrach sie ihn. »Aber mein Telefon hat seit gestern Abend einen Komplettausfall. Nichts geht mehr, auch nicht die Mailbox. Ich habe mich vor ein paar Minuten aus dem Haus geschlichen, um Brötchen zu besorgen, und stehe jetzt in einer Telefonkabine.«
    »Ich habe mir entsetzliche Sorgen gemacht, Maria, weil ich dich nicht erreichen konnte. Geht’s dir gut?«
    Sie lachte hämisch.
    »Nein, mir geht’s ganz und gar nicht gut. Ich habe mich gestern Abend mit meinem Ehemann gestritten, und zwar heftig. Der Gute ist der Meinung, dass ich meine mir zugedachte Rolle als schönes Anhängsel des OB nicht mit der gebührenden Ernsthaftigkeit ausfülle und mich zu viel herumtreibe. Deswegen konnte ich gestern Abend auch nicht zu Judys Wohnung kommen.«
    Lenz wurde von einem Schauer durchzuckt.
    »Hat er einen konkreten Verdacht geäußert?«
    »Nein, hat er nicht. Es geht ihm, glaube ich, auch gar nicht darum, mit wem ich

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