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Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)

Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)

Titel: Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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Analytiker und nicht nach
Autor. Haben Sie meiner Ex zum Rückzug geraten?
     
    Klient: Gut
möglich, dass ich mal laut darüber nachgedacht habe, wie Sie solch eine Geste aus
der Bahn werfen könnte. Ich rede viel, wenn der Tag lang ist.

3
     
    Klient: Wir
haben ein Problem, Karl.
     
    Detektiv: Warum
wirken Sie schon wieder so gestresst, Jacques? Entspannen Sie sich doch erst mal.
     
    Klient: Ich
kann und will mich im Moment nicht entspannen. Wir müssen unbedingt …
     
    Detektiv: Ich
bestehe darauf. Zuerst müssen Sie diesen schottischen Glengyle testen. Ein stark
getorfter Longrow Single Malt. Das Destillat dieses famosen Tröpfchens altert in
ehemaligen Sherryfässern, ein atemberaubendes Aroma. Eine gewisse erdige Salzigkeit,
die die Nuance einer Honignote einrahmt. Die Sonne geht gerade unter. Gehen wir
zum Fenster, zu diesem erlesenen Stoff kommt die herrliche Abendstimmung wie gerufen.
     
    Klient: Ich
habe jetzt wirklich nicht die Ruhe, um …
     
    Detektiv: Darmstadt.
Meine Heimatstadt. Schauen Sie da drüben, der Turm der Stadtkirche, die goldenen
Kuppeln des Hundertwasserhauses, der Kamin der Müllverbrennungsanlage – eine wunderschöne
Skyline, nicht wahr? Stört es Sie, wenn ich einen Moment meinen Arm auf Ihre Schulter
lege, Jacques? Ich habe das Gefühl, einen langen und beschwerlichen Weg mit Ihnen
gemeinsam gegangen zu sein. Ich fühle mich Ihnen sehr verbunden. Und ich habe das
Gefühl, Ihnen geht es nicht anders. Was ist los mit Ihnen, Jacques? Warum entfernen
Sie sich von mir?
     
    Klient: Was
sollen dieses ›Arm auf die Schulter legen‹ und dieses Gesäusel? Das passt überhaupt
nicht zu Ihnen. Was führen Sie im Schilde?
     
    Detektiv: Eine
rein freundschaftliche Geste. Ich verstehe nicht …
     
    Klient: Das
war definitiv keine Demonstration von Männerfreundschaft. Diese Art, wie Sie mit
Ihren Fingerspitzen über meinen Rücken gestrichen haben …
     
    Detektiv: Moment. Sie denken
doch nicht etwa, ich wollte Sie anmachen ?
     
    Klient: Ich
denke gar nichts. Ich stelle nur fest.
     
    Detektiv: Um
Himmels willen, Jacques. Nichts läge mir ferner. Ich kann mich nur wundern. Aber
aus Ihrer Reaktion auf mein kameradschaftliches Schulterklopfen muss ich schließen,
dass Sie … Natürlich! Jetzt wird mir klar, warum Sie so verkrampft reagierten, als
ich die homoerotische Beziehung zwischen Vince Stark und Gordon Bleu erwähnte. Mein
Gott, Jacques! Wenn ich das gewusst hätte. Weiß meine Exfrau, dass Sie sich auch
für Männer interessieren?
     
    Klient: Hören Sie auf mit der
Schauspielerei, ich habe Sie durchschaut. Mein Gott, jetzt verstehe ich, worauf
Sie abzielen. Sie haben zumindest mit der Möglichkeit gerechnet, ich
könnte bisexuell sein. Und wenn ich davon ausgehe, dass Sie definitiv nicht
schwul oder bisexuell sind, bleibt mir nur eine Erklärung für Ihren
Annäherungsversuch. Also sagen Sie es mir geradeheraus: Wie weit würden Sie
gehen, um Ihrer Exfrau eins auszuwischen? Würden Sie tatsächlich – als
Heterosexueller – mit mir ins Bett gehen? Sitzt die Kränkung so tief?
     
    Detektiv: Ich
bitte Sie, was für eine absurde Idee. Vielleicht sollten wir besser auf Ihr eingangs
erwähntes Problem zurückkommen.
     
    Klient: Unser eingangs
erwähntes Problem.
     
    Detektiv: Wie
auch immer, legen Sie los.
     
    Klient: Fliedmann
ist seit gestern Abend in Darmstadt. Wir haben uns heute morgen getroffen.
     
    Detektiv: Was
haben Sie ihm über Welders erzählt? Dass er ein netter, liebenswerter und sympathischer
Typ ist? Ein Sozialarbeiter, der Demeter-Lebensmittel kauft und mit dem Rad zur
Arbeit fährt? Der würdigste denkbare Empfänger für das Herz seiner Tochter?
     
    Klient: So ähnlich.
Das Gespräch mit meinem Freund verlief eigentlich sehr gut. Ich hatte mir ein glaubwürdiges
und stimmiges Persönlichkeitsprofil für Welders ausgedacht. Liebenswürdig, humorvoll,
verantwortungsvoll – ganz nach Ihren Vorgaben. Ich habe mich weit aus dem Fenster
gelehnt, erzählt, ich hätte Welders nicht nur beobachtet, sondern persönlich kennen
und schätzen gelernt. Fliedmann hat mir alles geglaubt, er schien unheimlich erleichtert
und gerührt, hatte Freudentränen in den Augen. Ich war zum Ende unseres Treffens
fest davon überzeugt, er würde dieses schwere Kapitel seines Lebens jetzt innerlich
abschließen, sich in sein Auto setzen und zufrieden zurück nach München fahren.
Aber dann platzte die Bombe. Er will Welders treffen.
     
    Detektiv: Das
haben Sie ihm hoffentlich

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