Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)
symbolisch die
Vergangenheit und stoßen gemeinsam mit einem guten Glas Rotwein auf die Zukunft
an. Ist das nicht ein guter Einfall?
Detektiv: Das
halte ich für keine gute Idee. Karin ist Mitte vierzig, Cécile gerade mal Anfang
zwanzig. Da ist der Zickenkrieg vorprogrammiert.
Klient: Ich
bitte Sie, auch Cécile hat die Pubertät hinter sich. Vier erwachsene, zivilisierte
Menschen, was soll da schiefgehen?
Detektiv: Kommen
Sie, Jacques. Geben Sie sich nicht naiver, als Sie sind. Keine Endvierzigerin mit
Krähenfüßen, Schlupflidern und Cellulite hält die Gegenwart eines fruchtbaren, schlanken
und straffen jungen Weibchens aus, das vor Sex-Appeal fast explodiert! Außerdem
wäre so ein Treffen schlecht für die Beziehung zwischen Ihnen und Karin.
Klient: Aha.
Warum das?
Detektiv: Weil
Sie vom ersten Moment an scharf auf Cécile wären! Sie würden natürlich versuchen,
diese Gefühle vor Karin geheim zu halten, aber sie ist zu sensibel, um so was zu
übersehen.
Klient: Irgendwie
kriege ich das Gefühl nicht los, dass diese Cécile ein perfektes Produkt Ihrer feuchten
Träume ist, Karl.
Detektiv: Und
ich glaube, Sie machen sich insgeheim Hoffnungen, an diesem gemeinsamen Wochenende
bei Cécile landen zu können. So, wie Sie bei meiner Exfrau gelandet sind. Schreiben
Sie das ab. Cécile steht nicht auf Intellektuelle. Sie steht auf richtige Männer.
Typen, die nicht gleich die weiße Fahne heben und nach Deeskalation rufen, wenn
mal ein Kerl mit einer abgesägten Schrotflinte vorbeischaut.
Klient: Möglich.
Aber vielleicht leidet Sie im Bett mit Ihnen unter den gleichen Defiziten wie damals
Karin. Ihr Telefon …
Detektiv: Sicher
mein Anwalt, Sie entschuldigen?
Karl Rünz, hallo?
(…) Ich grüße Sie, wie ist die Lage an der Front? (…) Ach! (…) Einfach so? Ohne
Diskussion? Ohne Widerspruch? (…) Doch, doch. Klar freue ich mich. Kann’s nur nicht
so zeigen. Gute Arbeit. (…) Sicher, die Unterschriften, reine Formalie. Werde pünktlich
da sein, bis morgen …
Klient: Und?
Was berichtet der Frontmelder, Herr Rünz?
Detektiv: Bedingungslose
Kapitulation der Gegenseite.
Klient: Hervorragend,
mein Glückwunsch. Aber warum machen Sie denn ein Gesicht wie ein Landser der sechsten
Armee im Kessel von Stalingrad?
Detektiv: Was?
Ich? Nein, ich bin nur … Damit habe ich nicht gerechnet. Nach dem letzten Termin
vor Gericht hatte sie alle Trümpfe in der Hand – dank Ihrer Hilfe! Ich hatte mich
auf einen monatelangen Stellungskrieg vorbereitet.
Klient: Und
da hisst Ihre Frau einfach die weiße Fahne. Spielverderberin. Das scheint Sie ziemlich
aus der Bahn zu werfen.
Detektiv: Ich
weiß auch nicht, eigentlich müsste mir nach Feiern zumute sein.
Klient: Herr
Rünz, erlauben Sie mir, Ihnen zu erklären, warum Sie innerlich die Korken nicht
knallen lassen?
Detektiv: Bitte,
legen Sie los, dann hab ich’s schnell hinter mir.
Klient: Die Sache ist ganz
einfach: Erinnern Sie sich an Ihre Aussage vor ein paar Tagen? ›Ah, ich werde
diesen Scheidungskrieg vermissen‹, mit ironischem Unterton, und stolz, weil Sie
mal wieder eine kleine Schlacht gewonnen hatten? Sie wissen gar nicht, wie
recht Sie hatten. Im Gegensatz zu Ihnen hat sich Ihre Frau längst seelisch aus
dieser Ehe verabschiedet. Die Kapitulation zeigt, dass sie mit diesem
Lebensabschnitt abgeschlossen hat und dabei ist, einen neuen zu beginnen. Sie aber stecken noch bis zum Hals drin! Innerlich haben Sie sich von Ihrer Frau so
weit gelöst wie der Bär vom Honig. Für Sie war dieser Scheidungskrieg nichts
anderes als die unterhaltsame Fortsetzung des Ehe-Alltages auf einer anderen
Bühne. Ihr Unterbewusstsein hat nicht einen Moment daran geglaubt, dass dieser
Streit jemals enden würde. Sie wollten gar nicht, dass er jemals
aufhört. Sie wollten, dass er ewig weitergeht und Sie ständig siegen.
Detektiv: Sind
Sie fertig? War’s das? Und wie sieht die Therapie aus? Verschreiben Sie mir jetzt
irgendwelche Antidepressiva, soll ich Yoga machen oder Nordic Walking? Wäre kein
Problem, ich habe noch eine komplette Ausrüstung im Keller herumliegen.
Klient: Das
mag Ihnen jetzt vielleicht etwas zu akademisch klingen, aber die angemessene Therapie
nach einer Trennung sind weder Zigaretten noch Alkohol, Yoga oder eine Affäre mit
einer Jüngeren. Die angemessene Reaktion ist Trauer.
Detektiv: Sie reden schon wie
meine Ex. Und Sie klingen eindeutig wieder mehr nach
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