Kampf Dem Chaos
nahm das Holz, aber er sah mich an, als wäre ich vollkommen verrückt. »Das ist Holz. Ein Stück Holz. Sonst nichts.«
»Was würdest du damit anfangen?«
»Etwas daraus herstellen, denke ich. Dafür braucht Ihr doch einen Lehrling, oder?«
»Wie fühlt es sich an?«
Er zuckte die Schultern. Seine schwarzen Augen blickten mich verwirrt an. »Es fühlt sich nach Holz an.«
»Ist es glatt oder rau? Wie riecht es?«
»Glatt, würde ich sagen. Es riecht nach Holz.« Er gab mir das Holzstück zurück.
Ich unterdrückte einen Seufzer. »Warum bist du hergekommen?«
»Meine Mutter sagte, ich solle mir eine Arbeit suchen und Ihr seid nicht nur ein Handwerker – Ihr seid ein Magier. Ich möchte auch Magier werden.«
»Ich musste zuerst das Schreinern lernen.« Wie konnte ich ihm beibringen, dass es keineswegs einfach war, ein Magier zu werden?
»Ich denke nicht, dass mir das gefällt.«
»Vielleicht solltest du noch einmal darüber nachdenken.« Ich legte das Kirschholz zurück in die Abfallkiste und führte ihn durch den Nieselregen in die Küche.
Rissas Freundin sah erst mich an und dann ihren Sohn. Rissa tat das Gleiche. Keine von beiden sagte ein Wort.
Ich schluckte. »Ich glaube, Callos ist nicht sehr geeignet für den Schreinerberuf.«
Wendre starrte ihren Sohn fast wütend an.
»So etwas kann man nicht erzwingen«, fügte ich hinzu. »Manche Menschen können gut mit Steinen umgehen, andere mit Schwertern ...«
Wendres Gesichtsausdruck entschärfte sich etwas, aber Callos stand noch immer ängstlich neben der Tür.
»Danke.« Ich schlüpfte schnell zur Tür hinaus und zurück in die Werkstatt. War ich auch so gleichgültig gewesen? Das glaubte ich nicht. Schlampig? Ja, schlampig war ich schon gewesen und auch nachlässig. Ich erinnerte mich ganz deutlich, wie ärgerlich und enttäuscht Sardit manchmal gewesen war, aber das Holz hatte sich in meinen Händen immer gut angefühlt. Verlangte ich zu viel? Wahrscheinlich, aber Bostric hatte auch das Gefühl für Holz besessen und sogar Brettel, der Sägemüller, hatte diese Fähigkeit bei Bostric erkannt, diesem schüchternen Lehrling, den ich für Destrin ausgebildet hatte und der dann Deirdre geheiratet hatte.
Ich fragte mich, wie es Deirdre und Bostric wohl ging, ob sie Kinder hatten und ob Deirdres Vater noch lebte. Destrin war kein so guter Schreiner wie sein Vater gewesen, aber auch er hatte das Gefühl für Holz.
Mit einem tiefen Seufzer machte ich mich wieder an die Arbeit, die Beine für Werfels Schreibtischstuhl mussten noch gedrechselt werden. Beim zweiten Stuhlbein entglitt mir der Beitel; wieder hielt ich ein Stück Feuerholz oder ein Bein für einen einfachen Stuhl in Händen. Ich ärgerte mich über mich selbst, weil ich das Holz so verschwendete und mich nicht richtig konzentrierte.
Rissa kam herein und stellte sich neben mich.
»Ja? Sind sie gegangen?«, fragte ich.
»Ich habe Wendre gleich gesagt, dass Callos kein guter Schreiner werden würde.«
»Warum hast du sie dann kommen lassen?«
»Auf mich hört sie ja nicht. Ich bin kein Schreiner.« Rissa schüttelte den Kopf. »Ich habe gesehen, wie Ihr das Holz anschaut, für Euch ist es nicht nur Holz. Ihr berührt es so zärtlich wie ein Liebhaber. Callos würde mit dem Hammer darauf einschlagen, um zu sehen, ob er es nicht zerstören kann.«
Ich atmete tief durch. »Gibt es überhaupt junge Menschen, die Holz mögen – vielleicht auch Frauen? Nicht nur Männer können Schreiner werden.«
»Das weiß ich nicht. Aber ich kann mich umhören. Dann werden wir sehen, ob es junge Männer oder Frauen gibt, die ein Gefühl für Holz haben. Ich werde ihnen ausdrücklich sagen, dass es dieses Gefühl ist, wonach Ihr sucht. Aber wenn ich das tue, werden alle denken, Rissa ist verrückt geworden, obwohl – Magier und Handwerkermeister sind ohnehin alle verrückt. Niemand wird sich also etwas dabei denken.«
»Hast du deshalb Callos herbestellt ... dass alle wissen, dass ich unmöglich bin?«
Rissa lachte nicht, aber ihre Augen blitzten. »Callos redete schon davon, wie Ihr ihn das Holz habt fühlen und riechen lassen. Bald werden es alle wissen.«
»Wunderbar. Ganz Kyphros wird denken, ich hätte den Verstand verloren.«
»Nein, Meister Lerris. Niemand wird sich erdreisten, den Verstand eines Magiers zu beurteilen. Wer kann also feststellen, ob Ihr ihn verloren habt oder nicht?«
Ich war also ein unmöglicher, unergründlicher Magier – aber immer noch besser als für verrückt oder
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