Kampf Dem Chaos
schneller?«
»Nein.«
»Es scheint, die Entscheidung ist gefallen. Wir können nicht riskieren, dass sich der Großteil unserer Streitmacht zehn Tage von Ruzor entfernt aufhält. Morgen früh werden die Magier mit einer kleinen Eskorte und einigen Boten in die Mittleren Osthörner aufbrechen ...«
»Entschuldigt, Eure Durchlaucht«, unterbrach mein Vater höflich.
»Ja, Magier Gunnar?«
»Ich vermag Justens und Lerris' Fähigkeiten nichts hinzuzusetzen, nicht in einem Gefecht so fern vom Meer. Auch Tamra kann ihnen nicht wesentlich helfen, doch sie verfügt über beträchtliche Wetter-Kräfte. Als Wetter-Magier könnten wir vielleicht zumindest einige hamorische Kriegsschiffe aufhalten, möglicherweise sogar versenken. Die Eisendampfer sind jedoch viel schwerer zu beschädigen als Segelschiffe. Deshalb würde ich vorschlagen, dass wir beide zur Verteidigung Ruzors hier bleiben. Sicherlich können wir nicht alle hamorischen Truppen an der Landung hindern, aber vielleicht gelingt es uns, die Anzahl zu verringern.«
Kasee sah Krystal an. Krystal zuckte ratlos mit den Schultern.
»Wenn das so ist, sollen die Magier Gunnar und Tamra in Ruzor bleiben. Ansonsten wird der Plan unverändert ausgeführt.«
Damit ritten also Justen, Dayala und ich nach Nordosten, während mein Vater und Tamra Krystal bei der Verteidigung Ruzors unter die Arme griffen.
Dann, so plötzlich wie sie gekommen waren, standen Krystal und Kasee auf und stürmten hinaus.
Noch bevor ich ein Wort sagen konnte, schlüpfte die silberhaarige Dayala auf den Stuhl neben meinem. Wüsste ich es nicht besser, hätte ich Dayala jünger als Tamra geschätzt. Doch die Dunkelheit hinter ihren Augen und ihre gewaltige Ausstrahlung verrieten, dass sie mehr Jahre als jeder andere in diesem Raum zählte. Wer vermochte zu sagen, wie viele?
»Machst du dir Sorgen, weil dein Vater bleibt?«
»Ja. Er kann bleiben und Krystal beschützen und ich gehe und kann nichts für sie tun. Krystal ist bestimmt nicht böse darüber, dass er ihr mit seiner Luft-Magie hilft.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher.« Dayala schenkte mir ein Lächeln, wie es nur eine Druidin konnte.
Hinter mir hörte ich Tamra fragen: »Bin ich wirklich hier von größerem Nutzen?«
»Lerris und Dayala sind bei mir. Du bist eine Luft-Magierin und musst Gunnar zur Seite stehen. Beobachte ihn und lerne, wie er arbeitet und was er mit seinen Kräften bewirkt. Kein anderer könnte es dir besser beibringen.«
Mit einer gewissen Genugtuung hörte ich, dass es Tamra genauso wie mir ergehen sollte.
»Ihr beide müsst noch viel lernen und die Zeit drängt«, erklärte mir Dayala.
»Zeit drängt?«
»Bevor sich alles verändert.« Sie hielt inne. »Du musst lernen. Auch von mir.« Sie stand auf.
»Jetzt?«
»Irgendwann musst du damit anfangen.« Sie nickte zu Justen hinüber und er schenkte ihr ein Lächeln.
Ich folgte ihr in den kleinen Garten hinter den Kasernen. Dort kniete sie neben einer Reihe von Pflanzen nieder, die ich nicht kannte. Das hatte jedoch nichts zu sagen, denn die meisten Pflanzen konnte ich nicht benennen; mit Bäumen verhielt es sich wiederum anders. Dayala trug keine Schuhe.
»Ihr geht immer barfuß?«
»Wie sonst könnte ich ständig mit der Erde in Berührung sein?«
»Und wenn es schneit?«
»Bei Eis und Schnee könnte ich Stiefel tragen, doch sie engen mich ein.« Sie sah mich an. »Gib mir deine Hand.«
Ich hasste es zu knien, doch ich tat es.
Sie hielt meine Finger so, dass sie die Blätter streiften. »Jetzt ... fühle ...«
Ich schüttelte den Kopf.
»Fühle ...«
Ich versuchte es. Nichts geschah. Doch dann ... ich spürte den Ordnungs- und Chaos-Fluss in der Pflanze, genau so, wie ich es auch in der Erde spürte, nur dass dort die Ströme schneller flossen, dichter ineinander verwoben ...
Das Gefühl verschwand und ich sah hinunter. Dayala hatte ihre Hand zurückgezogen.
»Versuch es allein.«
Es dauerte eine Weile, aber nach geraumer Zeit fühlte ich es bei jedem Versuch. Schweiß rann mir übers Gesicht und die Sonne stand schon tief am westlichen Himmel.
»Ist das alles?«
»Das ist sehr viel, junger Lerris. Nur wenige lernen es, nur Druiden.«
»Warum soll ich es lernen?«
»Weil es bald nur noch wenige Druiden geben wird.« Sie lächelte traurig und während ich noch meine Gedanken sammelte, war sie schon wieder verschwunden, hatte sich aufgelöst wie der Morgennebel über den Wäldern.
Wie im Rausch taumelte ich zurück in den Speisesaal.
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