Kampf Dem Chaos
entstanden waren. Der einzige gangbare Weg führte über den Pass bei Faklaar.
Um dorthin zu gelangen, mussten wir einen halbmondförmigen Umweg in Kauf nehmen: die Flussstraße hinauf durch die Pfortenschlucht, dann am Sturbal entlang bis nach Lythga und über den Pass nach Faklaar.
Staubwolken trieben nach Osten hin zur Großen Wüste. Hals und Nase trockneten immer mehr aus und die ersten Risse auf den Lippen zeigten sich schon kurz nach Ruzor, lange bevor wir die Flussstraße erreichten. Nebel bedeckte den Straßenabschnitt durch die Schlucht, wie immer, doch der Dunstschleier schien nicht so hoch zu steigen wie sonst, wodurch die oberen Felswände der Schlucht rot und trocken im Sonnenlicht leuchteten.
»Trocken dieses Jahr«, brach Weldein das Schweigen. »Der Wasserpegel des Flusses steht so niedrig wie lange nicht mehr.«
Sah das nicht ohnehin jeder?
»Wird sich auf die Ernte auswirken«, fügte Justen hinzu.
»Den Obstbäumen wird es nicht schaden, den Oliven sowieso nicht«, sagte Berli.
Da ich über Landwirtschaft so gut wie nichts wusste, schwieg ich, doch insgesamt fragte ich mich, wie sich wohl das trockene Wetter auf die Hühner auswirken würde.
Wir erreichten Felsa in der Abenddämmerung und übernachteten dort in einer fast leeren Kaserne. Das Abendessen bestand aus kaltem Hammel und noch kälteren Nudeln, dazu Wasser. Justen wurde ein Krug Bier gereicht – besser, so sagte er, als alles andere auf dem Tisch. Vielleicht hatte er damit sogar Recht, doch auch wenn ich nun als Grauer Magier galt, schmeckte mir das Bier nicht besonders. Dayala aß nur Nudeln und einige getrocknete Früchte, die sie offenbar mitgebracht hatte. Sogar Gairlochs Getreidekuchen wirkte appetitlicher als kaltes Hammelfleisch. Also hielt ich mich an die Nudeln.
Der Morgen graute zu früh, doch wir hatten die Stadtmauern von Felsa bereits hinter uns gelassen, bevor die Sonne die runden Hänge auf der anderen Seite des Sturbal ins rosige Morgenlicht tauchte, die den Rand der Großen Wüste markierten.
»Hier wird noch Getreide angebaut«, bemerkte ich, »und auf der anderen Seite des Flusses beginnt schon die Große Wüste. Was doch ein paar Meilen ausmachen.«
»Manchmal, manchmal.« Justen schien nicht zum Reden aufgelegt, Dayala auch nicht. Oft ging die Druidin neben ihrem Pferd her, barfuß, und sprach mit dem Tier.
Nach dieser knappen Antwort klopfte ich Gairloch lieber aufmunternd auf den Hals, anstatt die Unterhaltung krampfhaft aufrechtzuerhalten. Ich beobachtete die beiden Druiden, vielleicht unterhielten sich die zwei schweigend und ich hatte sie unterbrochen.
Justen könnte jedoch ruhig etwas gesprächiger sein. Ich tätschelte Gairloch noch einmal und wenigstens er antwortete mir mit einem freundlichen Schnauben.
Die Straße hinter Felsa wurde breiter. Sie stammte noch aus der Zeit, als die Wagen aus den Kupferminen ihre Ladung über Felsa nach Ruzor transportierten, die dann dort verschifft wurde. Der Straßenbelag zeigte sich jedoch ungewöhnlich rau. Staub und Lehm füllten die tiefen Furchen, die sich in die Kalksteine eingefräst hatten, und die Randstreifen der Straße waren gefährlich uneben oder fehlten ganz. Nachdem wir den langen Morgen über das holprige Gelände geritten waren, spürte ich bereits mein Hinterteil. Gairloch durfte seinen eigenen Weg wählen, was ihm sicher besser gelang als mir.
»Unebene Straße«, sagte ich schließlich zu Justen.
»Das passiert, wenn Ordnung über die Natur verhängt und dann plötzlich zurückgezogen wird.«
»Wieder ein tiefgründiges Problem mehr.« Allmählich wurde ich der neuen Fragen überdrüssig. »Die Natur folgt ihrer eigenen Ordnung.«
»Die Natur zieht nichts zurück«, bemerkte Dayala mit der Spur eines Lächelns im Gesicht. »Der Mensch schon.«
Während ich mich noch fragte, ob diese Mehrdeutigkeit beabsichtigt war, fuhr sie bereits fort. »Die Natur besteht nicht nur aus dem Zusammenspiel von Ordnung und Chaos. Der Ergebnis erscheint geordnet, deshalb führt die Einmischung des Menschen oft zu verheerenden Folgen.« Dayala lächelte, fast entschuldigend.
»Weil die Menschen immer entweder Chaos oder Ordnung zerstören oder schaffen, was zur Folge hat, dass eine Kraft die Oberhand gewinnt und damit das Gleichgewicht gestört wird?«, fragte ich.
»Ja. Die Vorgänge gestalten sich zwar im Einzelnen etwas komplizierter, doch im Grunde ist es genau das, was geschieht. Deshalb fällt es den Menschen so schwer, in Harmonie mit der Natur
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